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abholte. Voller Unruhe ergriff er endlich seinen Wanderstab, und suchte die gedachte Mühle zu Fuß zu erreichen. Er kam glücklich an, fand aber keine gräfliche Braut daselbst. Das Herz schlug 5hm hoch, alles schien verlohren zu seyn, nicht nur die vornehme und reiche Braut, sondern auch die 25 Thalcr für die Documente, das geschaffte Geschmeide, die Klei dungsstücke, kurz alles war verschwunden. Aber was nun anfangcrr? .— Der Müller schien ein guter ehrlicher Mann zu seyw, daher faßte sich der in Angst schwe bende Fabrikant urkd erzählte demselben sein Schicksal. Lachend erwiederte der Mül, ler, daß die Weibsperson wohl bei ihm gewesen, aber auch schon wieder fort sey. Eine Gräfin sey sie eben so wenig, als er ihr etwas schuldig wäre; sie habe aber einst als Magd bei ihm gedient und daher käme die Bekanntschaft. Das schien dem ge täuschten Bräutigam beinahe unmöglich zu seyn, der Müller bctheuerte aber alles zur Wahrheit und versicherte, daß die sich für eine Gräfin auögegebene Weibsperson niemand anders sey als Lehnlohre aus Eybau; ledigen Standes sey sie zwar noch, habe aber doch schon Z Kinder gebohren, wovon nur eines noch am Leben sey, welches sie ihrer Mutter überlassen, als sie nach letzten Weihnachten davon gegangen wäre, Ihren Aeußerungcn nach hätte sie so eben wieder zur Mutter gehen wollen, diese . wohne in Eybau aus der Löbauschen Wiese, und sey daselbst unter dem Namen Bahn- Christine jedermann bekannt. Bei allen diesen Nachrichten wurde dem armen Lieb haber immer ängstlicher ums Herz, er dachte an die Vorstellungen seiner Mutter, und wahrlich, das Weinen war ihm näher als das Lachen. Der Müller merkte diese Verlegenheit, und suchte denselben wieder zu trösten, er versicherte, daß die Gräfin Lehulohrchen und ihre Mutter ehrliche Leute wären; allein das war dem Fa brikanten nicht genug, dieser schüttelte den Kopf und suchte guten Rath hinter den Ohren. Nach einigem Urberlegen ward beschlossen, den Roman rein auszuspirlcn, und nach Eybau zu gehen. Lehulohrchen harte den Gräfintitel über der Gränze gelassen, und war wirklich aus dieser Mühle mit schnellen Schritten zu ihrer Mutter gegangen. Unzufrieden über das lange Aaßenbleiben ihrer Tochter, war diese nicht wohl zu ss-rechen, aber Lorchen wußte ihr so mancherlei vorzuschwatzen, daß sich die Alte beruhigte. Wäh- rend sich nun dieses zutrug, und die goldene Kette und andere Sachen besehen wurden, hatte in dieser Zeit der verfolgende Fabrikant den Ort ebenfalls erreicht Er kehrte gleich im Gerichte ein, und glaubte dem Herrn Richter seine Begebenheit schnell, Vorträgen zu müssen. Er that cs und bat um obrigkeitliche Hülfe, ihm wenigstens zu dem Geschmeide und andern Sachen wieder zu verhelfen. Der Herr Richter hörte alles mit Verwunderung an, und e;aminirte den Kläger besondere über,die etwanigen Folgen dieser Bekanntschaft. „Denn mein Seele!" — sagte er —- „wenn das nicht richtig ist, s^) kriegt sie der Herr wieder." Der Fabrikant betheuerte aber, daß in Puncto dessen nichts zu besorgen seyn würde Dar auf verfügten sich dann der Richter nebst dem Gerichtsdiener und dem Kläger zur