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Diebeliebtesten Volks-Lustbarkeiten sind Spektakel aller Art, Gaukler, Ta schesspieler, Puppcnspiele und (ehemals) andächtige Prozessionen, besonders aber Pferderennen. Letzteres ist die Lteblingsbelustigung. Bei gewöhnlichen Rennen, die etwa ein Wirth aus Spekulation anstellt, ist der Zulauf nicht groß, aber wenn rin Edelmann oder ein reicher Gutsbesitzer ein solches Schauspiel veranstaltet, so läuft alles meilenweit zusammen. Es erscheinen über zo Rennpferde. Das ganze Schauspiel ist in wenigen Minuten zu Ende. Die Pferde fliegen wie ein Blitz vom Ziele aus, machen eine Strecke von Stunden in einigen Minuten, und kommen schnaubend und von Schweis triefend zurück. Alsdann werden die Preise ausge- theilt. Sie bestehen aus rothea Tüchern, silbernem Geschirr, Sattel und Reitzeug, Hicschhäuten und andern Dingen. Das Volk klatscht Beifall, geht in die Wirths- Häuser und betrinkt sich. Das Getränke ist vorzüglich gutes Vier, und Brandt- wein. Ihre Speisen sind meist Mehlspeise^ welche der Baier täglich haben muß. VI. Erzählungen, und Anekdoten. Lehnlohre von Eybau, oder der getäuschte Liebhaber. (Negen Ende des Jahres «8o§ reisten zwei Handelsleute aus der Gegend von Zittau - nach der Elbacgcnd. Untecwegcs gesellte sich eine nicht übel gestaltete Weibsperson zu denselben, welche vorgab, sie scy eine Gräfin, wäre anfangs in einem Kloster eingesperrt gewesen, setzt habe sie aber seit einiger Zeit zu Herrnhut im dasigcn Schwcfterhauft sehr cingezogen leben müßen. Da aber diese gebundene Lebensart ihrem Character ganz zuwider scy, so habe sie sich heimlich entfernt, und suche nun auf gut Glück eine Gelegenheit, wo sie bleiben könne, um von da auS sich zu dem Besitze ihres großen Vermögens zu verhelfen. Beide Rristnde waren freilich nicht in der Lage, ihr dienen zu können, jedoch als Reisegesellschaft blieben sie beisammen, und so kamen sie zum Neujahr 1806 nach P * * *. Die Handelsleute hatten Ge schäfte in einer dafigen Fabrik, auch dahin gieng die angebliche Gräfin mit. Wäh rend der Unterredung über die Handelsangelcgcnhciten kam denn auch das Gespräch auf das Frauenzimmer; man war offenherzig, entdeckte sich die gegenseitigen Vcr- hältniße, und der ledige Sohn des Fabrikherrns fand nichts Abschreckendes an der reisenden Gräfin. Schon längst batte dieser den Wunsch, sich zu verheirathen, im Herzen gehabt, allein eine Gelegenheit, welche schön und reich, auch sonst nachscmer Art wäre/diese wollte sich weder in der Stadt, noch in der ganzen Gegend finden. Jetzt aber bei diesem fremden Besuch ahndete ihm, er sehe seinen Glücksstern aufgehen.