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Geld ablesen wollte, so wäre er mit Vergnü gen bereit, meinen Geist für di: besagten 5 Thlr. bestens zu cultiviren, auch könnte ich unter meinem Namen den Titel Mitglied des Museums zu Krähwinkel setzen, und mich in der Kirche so aufbieten lassen, wenn ich gesonnen wäre, mich zu verehelichen. Ich war wirklich so gesonnen, und dachte, es wär- de mir eher zue Arau helfen, wenn ich ihr den Titel Frau Mitglied in anluercn könnte. So wenig sieht das arme Thier, der Mensch, sein Schicksal voraus; denn grade diese ver dammte Mitgliedschaft brachte Mich um meine Braut. Doch ich will mem Unglück ordentlich und mit Gelassenheit erzählen. Im Anfang ging alles recht gut. Die Honoratioren und fast daü sämmtliche Schüz- zencorps zu Krähwinkel kamen m der Abend dämmerung in die Stube linker Hand auf dem Ralhskcllcr, wo der Herr Kcllcrpachler drei nackige Jungfern über die Thüre hatte malen lassen, wovon die eine der hochansehnlichen Gesellschaft unverschämter Weise die hinterste Ansicht zukchrte; er sagte, das sey eine antike Gewohnheit und der neueste Geschmack, und berief sich auf ein Taschenbuch der Liebe und Freundschaft, wo dieselbe freundschaftliche Stel lung auf dem Titel zu ersehen wäre. Ich glaube er nannte die unverschämte Person eine Grazie. Diese Stube nun hieß das Museum. Das Bier war anfänglich gut. Die besagten Zeitungen lagen auf dem Tische. Wir lasen und erstaunten, daß alle die Zeitungsschreiber so einig waren, wie ein Herz und eine Seele, was der eine geschrieben halte, schrieb der an dere nach, was der eine lobte, lobte der an dere, es war eine Freude, wiewohl eine lang weilige. Der Herr Untersteuereinnehmer, der seinen Privalfleiß mit löblichem Eifer an Gim pel wendete, und das unschuldige Vieh nach ei ner neuen Methode Stückchen pfeifen lehrt, beliebte oft scherzweise zu sagen, cs käme ihm bei diesen Blättern vor, wie in seiner Gimpel- siube, sie pfiffen alle das Trompeterstückchen! — Ach waren sie doch einig geblieben, so wäre viel, Zank und Streit in Krahwinkel erspart worden, und ich armer Teufel wäre auch noch in guten Umständen! Doch ich wollte ja ge lassen in meiner Eriäbluna kort^abren. Der Krieg ging los. Da gabs nun ver- schiedne Berichte, die Zeitungsschreiber, die vorher einig gewesen waren, widersprachen ei ner dem andern und sich selbst dazu. Was hier wahr war, war dort falsch, was heute geschrieben wurde, war morgen eine Lüge, was einer so erzählte, erzählte der andre anders, und diese Uneinigkeit steckte in Kurzem sas ganze Museum zu Krähwinkel auf eine solche betrübte Weise an, daß sich ein paarmal einige hitzige Honoratioren schlugen, um die Frage zu entscheiden, wer geschlagen worden wäre, «ja daß selbst der Mus umSvater (so nannte sich der Unternehmer) der doch zugleich Schüz» zcnhauptmann war, und manches vom Mili» tair zu erklären wußte, eine ungeheure Ohr- feige in dir linke Flanke bekam, weil er nicht glauben wollte, daß der Angriff da geschehen könne. — Aber er ließ sich'S gefallen, denn seit die Unruhe unter uns gekommen war, wurde das Museum zahlreich besucht, und man trank in der H tzc sein Bier hinunter, ohne zu wissen, ob es sauer oder süß war. Auch mich den friedfertigsten Mann in ganz Krähwinkel, einen redlichen Buchbinder, dessen ganzes Metier in Zusammenheflcn und Vereinigen besteht, und der nur die Geistes werke schlagt, um sie in einen bessern Band zu bringen, ja auch mich ergriff unseliger Weise diese verteufelte Zanksucht, und noch dazu war mxin Gegner niemand anders, als mein zukünf- tiger Schwiegervater der Kirchcnvorstchcr und Nadlermcister Bacbuc. Dieser äußerst mali- ziösc Mann hatte eine Tochter Von 20 Jahren, um die ich aus zwei Ursachen freyte, nämlich erstlich, weil sie recht hübsch war, und man ihr in ganz Krähwinkel nichts nachsagen konnte, was viel sagen will, und zweitens, weil mir der Vater zu meinem Etablissement hiesigen Orts 150 Gulden als Darlehn zu 6 Procent gegeben hatte, worüber der Wechsel verfallen war und ich mir die Quittung vor dem Altar zu holen gedachte. Ja eS war alles so ziem lich richtig und ich war ein gemachter Mann, und die ganze Stadt sah mich bereits als den Schwiegersohn dcS Herrn Kirchenvorstehers an, auch hatte Mich dieser schon ein paarmal auf dem Museum; Herr Sohn, genannt. Da muß mich der Teufel reiten und mir das un-