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( 0 ) Morgen komme ick, und halte geradezu um Dich an, und fag's ihm gerade wic's ist, und hat er Anfangs nicht gewollt, so muß er am Ende. — Halb getröstet ging Suschen nach Hause. — Anderen Tages kam Konrad und ward mit finsterem Gesicht von Unghei- mcr empfangen. Und er sagte, warum er ge- kommen und was sein Begehren sey, da ward des Vaters Gesicht noch finsterer, und fast wäre er aufgesprungen, und hätte ihm mit Schimpfen und und Drohen die Thäre gewie sen. Aber diesmal ließ er es noch bei einem „Nein, da wird nimmer was draus" und bei einigen anderen Worten bewenden. Als aber Konrad weiter sprach: Wer wird denn Vater scyn zu Suschens Kinde? ich bin's — und als Suschen das Gesicht in die Hände ver barg und schluchzte, da stutzte Ungbemier An- fanzs, drauf ward er wüthend und tobre furch- kcrlich, und schalt den Konrad und fe.ne Suse ^'lden, erschrecklichen Worten und sah nichts und hz^e nichts. Doch zuletzt legte fick lem Zorn und er fing an, nachzudenken, und sah sem?Tr>chter schon im Geiste beschimpft vor aller WeU, und den vaterlosen Enkel in der Wiege. Hrau Unghcimer war schon früher nachgiebig geworden, und legte nun manch gutes Wort bei ihm ein, und wollte qar nicht Nachlassen mit Flehen, bis er endlich sagte: Nun, so mag er das Madel denn nehmen, daß es bei Ehren blcwe. Und zwar bald, sagte darauf die Mutter, daß Hochzeit und Taufe nicht gar zu schnell auf einander folgen. Wer war nun froher, als Konrad und Suschen. Ci, dachten sie, der Fehltritt ist ja ein rechter Glückstritt gewesen, ohne den nie was draus Worden. Jetzt, lieber Leser, kennst du den Schluß? Der liebe Leser sagt ohne Zweifel: Ja, Kon rad und Suschen wurden ein Paar, und lebten höchst vergnügt mit einander im Kreise blü hender Kinder. Nein, lieber Leser, sie wurden kein Paar.^—- Und warum nicht? — Als nach acht Tagen Hochzeit seyn sollte, da kam der Tod ganz unerwartet in's Dörfchen, und holte den Konrad schnell hinweg mit einem hitzigen Fieber und wollte Suschen nicht mit nehmen, wie sehr sie auch darum bat. Da war ein Jammern unb Wehklagen, daß auch ein Stein in der Erde sich hätte erbarmen mögen- Suschen raufte ihr Haar und schlug sich vor die Stirne, aber der Tobte kam nicht wieder in's Leben und ^as Lebende unter ihrem Her zen strebte dem Tageslichte immer stärker ent gegen. — Nach einiger Zeit war Kindtaufe in Ung- Heimers Hause. Aber noch nie war eine Kind- taufe im Dörfchen so still und so traurig ge feiert worden; denn es war kein Vater da und die Mutter doch auch keine Wittwe, aber das Kind war eine Waise. Der Pfarrer konnte vor Webmuth nicht reden. Suschen sah der Ver zweiflung ähnlicher, als einer Mutter am Tauf tage ihres ersten Kindes. Die alten Unghei« merS waren in sich gekehrt und trockneten häu- fige Thränen. Die anwesenden Zeugen setzten sich zwar hernach zu einer Tasse Kaffee, allein sie sprachen wenig, lachten gar nicht. Ein je der war voll von ernsten Gedanken. Da dachte der Eine: wenn doch die El tern ihre Kinder niemals zwingen wollten, zu lieben, wo sie nicht lieben können, und Liebe zu unterdrücken, wo keine Ursache dazu vor handen ist. Der Geiz ist eine Wurzel alles Nebels. Ein Anderer dachte: Die Sünde ist der Leute Verderben Wenn die Jüng linge und Mädchen doch immer daran dächten, daß Gottes Auge sie sichet! Und es dachte ein Dritter: Alles, was Du thust, da bedenke das Ende, so wirst Du nimmermehr Uebels thun Jetzt, lieber Leser, weißt Du den Schluß. Ihr aber, Jünglinge, und Mädchen, waS denkt Ihr dazu? Denkt oft den mächtigen Gedanken: Die Unschuld ist der Seele Glück; Und werfet, fangt Ihr an zu wanken, Auf Gott und Zukunft einen Blick. O flieht, ach flieht den ersten Fall; Ihr fallt gewiß mehr als einmal. F S