Volltext Seite (XML)
( 0 Ranke jeden Verdienst, verwickelte ihn in be soldeter Spitzbuben Gesellschaft. Sein Elend brachte ihn vollends in die Schlinge; seine uralte Mutter vom Hungertode zu retten, nahm er Theil an einem gewaltsamen Einbruch, und seine Helfershelfer lieferten ihn, verabredeter - maßen, an die Gerichte aus. Das Gesetz be drohte ihn mit der Todesstrafe, die nachsichti gen Gcschwornen milderten den Thatbestand, und die Assifen schickten meinen Feind auf Le benszeit der Galeere zu. Jedenfalls bin ich seiner entledigt,denn ein rekommandirterSträf- ling, wie er, kömmt nicht von seiner Kette los. Zudem liegt ganz Frankreich zwischen uns. Er in Brest, ich in Toulon — nur ein Wunder könnte uns je wieder zusammen führen. Ich bin völlig ruhig, habe ein braves Weib, Kinder, die mich lieben, und ein Auskommen, welches mir jede Sorge, jeden Fehltritt erspart." „Danke Gott dafür; schon um Deiner Familie willen wünsche ich, daß sich kein Wun der begebe, wie dasjenige, dessen Du erwähn- test. Leb' wohl, Freund Gigot. Ich gehe, das Transportschiff zu besteigen." „Leb' wohl; ich muß nach Castineau, wo heute der alte Kapitän Thierry nut einer neuen Kette von Galeeren-Sclavcn ankommt, die ich zu visiren habe." Beide trennten sich; Gigot bestieg die Schaluppe des Kommissärs, und fuhr den Stiäßingen entgegen Die Scesoldaten stan- den mit geladenen Gewehren in doppelten Rei hen am Ufer, von Ollioules her schwankte der eisenbeladcnc Zug, dreihundert Verbrecher an der Zahl, voraus rollte das Kabriolet des al ten Hauptmanns. Begrüßend trat zu ihm der Unteroffizier der Chiourme, schüttelte ihm die Hand, und fragte, was cr neues bringe. Tkierry crwicderte m t gewohnter Joviali tät: „Lauter brave Bursche, viele Meister des Handwerks. Für dieses Mal habe ich nicht blvs hungrige Diebe, sondern eine Menge von Retourpferden und herzhaften Leuten, die ihr Leben einsctzen, um an bas Leben ihrer Feinde zu gelangen. Ueberdics besteht ein Dritttheil meines Trupps aus alten Grünkappen von Brest, die, zufolge des neuesten Rcgierungs- ) beschlusses, hierher versetzt wurden. Paßt auf, Ihr braven Jungen; entschlossenere Männer, als diese Kostgänger auf Lebenszeit, hat der Henker nie mit glühendem Eisen gezeichnet. Sie werden Euch zu schaffen machen, so wie sic mir während des Transports stets aufzu- rathen gaben. Mein spanisch Rohr war in steter Bewegung, und fast hätten meine Pisto len zu lhun bekommen, wo der Stock nicht ausreichte. Das Blut stieg dem betroffenen Gigot siedend beiß zu Kopfe, und er vermochte kaum ein Glied still zu halten als die Ketkenträger sich ihm näherten, und er in dem vordersten Paare, mit eisernen Halsbändern zusammen ge fesselt, die wstden Gesichter des greisen Guil- locine und Richard's erkannte. Die Unglück- lichen marschirtcn mit niedergeschlagenen Au gen, Gigot verbarg sich zitternd, aber nur zu bald zwang ihn sein Dienst, vorzutreten und die Befehle zur Losschmiedung zu ertheilcn. Noch ahnte Richard nichts von der Nähe sei- ncs Feindes und beugte knieend das Haupt auf den Block, wo die Hammerschläge der Ga leerenknechte die Halseisen losnicteten. „Schnell! rührt Euch nicht!" befahl Gi got sowohl den Schmieden als den Gefessel ten. Guillotine erkannte plötzlich die Stimme des Chiourmcwächters, zuckte mit dem Kopfe auf, und sank, von schwerem Hammerstreich getroffen, ein Opfer seiner Unvorsichtigkeit, zu Boden. Wächter, Soldaten, Galecren-Sclaven stießen ein Geheul des Entsetzens aus; mit brechendem Auge starrte Guillotine seinen Ge- fährken Richard an, deutete nach Gigot, und röchelte: „Vergiß nicht . . . ." In Richards Blicken strahlte heftige Wuth, heftige Freude auf. Sein armseliges, der In- famie verfallenes Leben erhielt wieder einen Werth für ihn. Gigot sah nicht diesen Rache blitz, denn er hatte sich weggewendet, und ei nem Andern den Befehl übergeben. Zur Stunde trat er aber vor den Kommissar, bezeichnete Richard als seinen ärgsten Feind, und bat, denselben unter die strengste Aufsicht zu stellen. Mit rauhem Scher; entgegnete ihm der Be amte: „Man hakle Euch zu einer Kinderwär terin machen sollen, und nicht zu einem Chef