Volltext Seite (XML)
daraus wird nichtS! Sie können mir ins Zucht haus oder in die Hausvoigtei setzen lassen — der Kerl kriegt mir" in seinem Leben nicht wie der!" redete mich die Frau an. Der Mann blieb die Gegenantwort nicht schuldig. „Mir soll der Teufel holen, ehe ich ihr wieder an meine Seite nehme!" Jetzt riß mein Gcdnldfaden. Ohne weiter ein Wort zu verlieren, öffnete ich die Thür und schob beide hinauS; ein Geschäft, wozu wenig Kraft gehörte. Beide flogen über den Hof, und zwar um so geschwinder, da der Hund, der die Diskussion angehört, Jagd auf sie machte. — Von beiden habe ich nichts weiter gehört. DaS Ganze hatte einen höchst schädlichen Einfluß auf die Kultur und besonders auf die Sprache meiner Gemeinde. Meine Kinder bal len in einer Nebcnstube alles gehört. Zum Scherz gebrauchten sie immer den Dativus; die Dienstboten ahmten dies nach, weil es vor nehm klang, und sogar der unterste Schulleh rer, der überhaupt in der deutschen Sprache nicht fest war, verfiel in diese Thorhcil. Der heillose Dativus wurde so gang und gebe in meiner Gemeinde, daß ich wirklich Mühe hatte, ihn auf dem Rieme zu behalten. Meine Bau- ern sprechen völlig wie die Berliner — natür- sich etwas breiter. So viel traurige Folgen konnte eine unglückliche Ehe bewirken. Der durchlöcherte Kra Es bleibt immer sehr angenehm, etwas auS den Zeiten der verflossenen Jahrhunderte und von den Sitten unsrer Vorältern zu hö ren. Biedere Redlichkeit, aufrichtige Scham haftigkeit bezeichneten beide Geschlechter im hohen Grade, und wurden durch Verehrung der Religion erhöhet und in Handlungen be wiesen. In Augsburg besitzt eine Familie einen gewirkten Kragen von Gustav Adolph mit dessen Dildniß von Wachs unter einem Glase, in einen Rahmen eingefaßt. Unter diesem Kragen steht geschrieben: . Diesen Kragen hat Gusiavus Adolph u s, König in Schweden, getragen, und meiner Ehcliebste Jacobina Lauber, einer geborncn Augsburgerm, verehrt, um willen sie zu der selben Zeit, als höchstgcdachter König in Augsburg gewesen, die schönste Jungfrau allda war, dahero sie auch von höchstgedach ter Majestät gewürdigt worden, daß derselbe mit ihr bei einem ang-stellten Balle öfters getanzet. Die Ursach aber, warum der Kö nig ihr diesen Kragen verehret, war diese, weil sie sich, als der König dieselbe gnadigst licbkosete, aus Schamhaftigkeit in etwas ge- weigert, mithin mit ihren Fingern die in dem Kragen befindlichen Löcher gerissen hatte. So weit die Unterschrift. Es verbreitet dieselbe rin neues Licht über den Charakter des gen Gustav Adolphs. großen Gustavs. Nur alS Krieger, als Staatsmann wurde er uns bisher in der Ge schichte ausgestellt. Es ist überraschend ange nehm, auch von ihm zu wissen, daß er von den erlaubten Freuden des Lebens kein Feind gc. wesen, daß er auch unter den kriegerischen Zurü stungen, unter welchen er sich in Augsburg be fand, umgeben von vielen Feinden, nut der Sorge für das ganze deutsche Reich beladen, dennoch den Einwohnern Augsburgs die Ehre erwies, aufchrenu Ball zu erscheinen, und das eine schöne Augsburgerin den großen Sieger wieder durch ihre Schönheit bezwang, und so ihrem Geschlechte opferte. Auch wieder ein Beweis, daß dergrößte Mann — ein Mensch bleibt. In der Lhat, wenn man den Kragen betrach tet, so findet man ihn sehr durchlöchert, und man kann daraus schließen, daß cs dem guten König sehr schwer geworden, der ehrbaren Jungfer Lau- der einen Kuß zu rauben und sie von seiner Hoch schatzung zu überzeugen. Kaum kann man sich die Gedanken versagen, daß, wenn alle so übel zuge- richtete Kragen von Heinrich König in Frank- reich beisammen seyn könnten, man davon ein sehr artiges Kabinet würde anfüllen können. Zur Unterhaltung für manche Leser wäre dann viel- leicht Stoff auf mehrere Jahre vorhanden, wenn man die Geschichte eines jeden Kragens den Wißbegierigen vorerzähien könnte.