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(. 0 ) schichte Stanislaus Augustus genannt. Im Anfänge schien dessen Regierung dem Lande vorteilhaft zu seyn; die Dissidenten erhiel ten sogar, durch russische und preußische Vermittelung, ihre Rechte wieder. Doch kurze Zeit darauf erneuerte sich das Miß vergnügen der geistlichen und weltlichen Gro ßen und entbrannte im offnen Bürgerkriege. Die Parteien verwüsteten abermals ihr eig nes Land und griffen auch die Russen feind lich an, wobei zugleich die Türken durch ei nen Krieg ihren Vortheil erzielten. An den Dissidenten wurden besonders ^ie Gewalt tätigkeiten erneuert; ja eine der tollkühn sten Partei überfiel sogar den König, wel cher den Dissidenten beistand, in Warschau und führte ihn als Gefangenen hinweg. Nur mit Mühe entkam er diesen Zügello sen, welche sein Leben bedroheten, und kehrte nach seiner Residenz zurück. Da indessen wegen den Gewaltrhatigkeiten der Polen un- ter sich auch Oesterreich und Preußen im Jahre"1771 Armeen in dieses Land schick- ten, so fisten die meisten Großen vom Kö nige ab. Hierauf beschlossen diese beiden Mächte, in Gemeinschaft mit Rußland, 1772 die Theilung Polens. Vergebens widerstand der König und der Senat, die Heiligkeit der Verträge aufrufend; sie mußten den entrissenen Ländern entsagen. Polen ward nun bis auf 9000 Quadrat meilcn verkleinert. 4000 Qnadratmeilen wurden vertheilt. Rußland bestimmte nun die innere Verfassung des verkleinerten Po lens. Die Großen wollten jedoch mit der selben nicht zufrieden seyn und arbeiteten an einer neuen Verfassung, wodurch sie ihre Unabhängigkeit festzusiellen gedachten; aber Rußland verwarf diese, Preußen und Oe sterreich traten bet und so erfolgte 1793 eine zweite Theilung. Russische Gewalt nöthigte die empörten Glieder des polnischen Reichstags zur Einwilligung in dieZerstük- kelung ihres Vaterlandes, und Polen kam jezt ganz unter russische Vormundschaft. Ein neuer blutiger Kampf entstand. Kosciusko erhob sich an der Spitze der Con, föderativ» 1794 von Krakau aus. Im heiligen Streite fürFreiheit und Vaterland wurde Warschau und Wilna zwar wieder befreit; aber alles Blut war von den Po len nutzlos vergossen. Russen, Preußen und Oesterreicher überwältigten die Polen und mit dem Falle von Praga endete dieser verzweiflungsvolle Kampf. Auch wenn die Polen mit mehr Eintracht gehandelt und mehrere so tapfere, einsichtsvolle und pa triotische Männer gehabt hatten, wie Kos ciusko war, sie würden dennoch der allzu- großen Uebermacht nicht haben widerstehen können. Das Land wurde nun im October 1795 gänzlich vertheilt. Rußland hatte nun zusammen über 8500 Quadratmeilen mit 4,600,000 Einwohn, Preußen 2700 Quadratmeilen mit 2,550,000 Einwohnern und Oesterreich über 2100 Quadratmeilen mit 5,000.000 Einwohnern vom polnischen Reiche erhalten. Der Nation blieb nichts als ein schmerzliches Gefühl, der Haß gegen seine Unterjocher und eine hoffende Theil- nahme der öffentlichen Meinung übrig. Der letzte König der Polen starb zu Petersburg 1798, wo er von seiner Entthronung an ge lebt und einen Gnadengehalt von jährlich 200,000 Dukaten hatte. Während die letztern Ereignisse mit Po len sich zutrugen, war in Frankreich eine Revolution ausgebrochen, in deren Folge Deutschland ebenfalls mit Krieg heimge- fucht wurde. — Eilf Jahre war bereits der polnische Staat aus der europäischen Geographie ausgestrichen gewesen, als im E2