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( c Erzgebirge statt. Sie war aus Oesterreich durch Schleichhändler eingebracht worden und die ersten Spuren zeigten sich bei Bo, bershau, eine Stunde von Zöblitz. So,, fort wurden von der Regierung die streng, sten Maßregeln gegen die verpesteten Ort schaften ergriffen und ein Militär-Cordon errichtet, der Niemanden aut- noch einlassen durfte. Ein O. Lehmann aus Marien, berg ließ sich freiwillig in Bobershau mit einsperren, um möglichst Hülfe zu leisten. Don Dresden kamen Arzeneien und ein Apotheker. — Um der Pest ein schnelles und sicheres Ende zu machen, wurden die Häuser niedergebcannt, alles Vieh todr geschossen, die Einwohner aber angewiesen, sich zu baden und nackend davon zu eilen, wo an einem andern Orte ihnen neue Klei der gereicht wurden, womit sie in dazu an gewiesenen Häusern Quarantaine halten mußten, bis sie später die ihnen neuerbantey Häuser beziehen konnten. Seitdem ist die Pest nie wieder in Sachsen erschienen. Eine Mutter und ihre Kinder in der Pest. In dem Dorfe Coreggi starb eine ganze Familie aus, entweder weil die gehö rigen Maßregeln versäumt wurden waren, oder weil die Krankheit sehr bösartig war. Eine Frau, die dem Hause derselben gegen über wohnte, hie Gattin eines Ackerbauers und Mutter von zwei Knaben, bekam wäh rend der Nacht das Fieber; am Morgen verschlimmerte es sich immer mehr und den folgenden Abend bemerkte sie die Blasen, die gewöhnlichen Voten des Todes bei der ) PestkrankM DrrMann, der a»ß«r deisi Dorfe «dbeitete und nur des Sonntags zrr Hause kam, war abwesend. Aus Liebe zu ihren Kindern, und «test sie ein ähnliches Schicksal wie das der Nach« barn fürchtete, entschloß sich die Frau, das Haus zu verlassen und an einem Orte zu sterben, wo es den Kindern nicht schade. Sie raffte ihre Kräfte zusammen, schloß die Kinder ein und versagte sich selbst den letzten Trost, den Abschiedskuß von ihren Lieben zu entnehmen; sie nahm das Betttuch und alle Kleidungsstücke mit sich, um keinen An- steckungssteff zurück zu lassen, und schlich die Treppe hinab. Seufzend verschloß sie auch die^HauSthüre und schritt weiter. Der älteste Knabe aber, der die Thüre zuschließen hörte, sprang ans Fenster, und rief, als er die Mutter fortgehen sah, ihr so bittend und weinend nach: „Gute- gute Mutter !" daß sie stehen blieb. Auch der kleinere steckte das Köpfchen zum Fenster heraus und bat: „Gute Mutter, mitte neh men !" — Die arme Muklter kämpfte ei nen schweren Kampf; das Bitten der Kin der zog sie zurück — doch der Wunsch, ihr Leben zu retten, siegte endlich. Unter einem Skromewon Thränen schritt sie schnell dem Orte zu, wo sie sterben wollte; empfahl ihren Mann und ihre Kinder durch Gebet in Got tes Vaterhuld — und nach zwei Tagen war sie nicht mehr unter den Lebenden. Nichts ist größer als Mutterliebe! Und die Leser wissen vielleicht, daß einst eine arme Fra» in der Kirche sagte, als der PredigerAb ra- hams und Isaaks Opferung erzählte und auslegte^— „Von einer Mutter hätte der liebe Gvtt das gewiß nicht gefordert." -