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Peter s., berauch den Beinamen: der Große, verdient, ist der merkwürdigste Mann seiner Zeit. Es ist fast unglaublich, in wel chem rohen Zustande sich die Russen vor der Zeir Peter- befanden. Die Ezaare von Ruß land hielten ihre Unterrhanen in Sklaverei und Unwissenheit; an Wissenschaft und Kün ste war gar nichr zu gedenken, niemand konnte Schreiben oder Rechnen. Bei Prozessen ge wann nur derjenige, der die meisten Zeugen aufstcllen konnte. ES gab keine Gesetze gegen Ausschweifung und Ehebruch. Die im Kriege gemachten Gefangenen wurden Scla, ven. Die Unterthemen selbst wurden gerade zu verkauft. Reiche und Arme waren Skla ven des Ejaars. Ein Vater konnte seinen Sohn viermal als Sklave verkaufen. Je der Fremde, der ins land kam, durfte bei Le» kcnsstrafe solches nicht wieder verlassen. Das Reisen ins Ausland war durchaus Jeder mann verboten. Ein Russe, der Schreiben und Lesen konnte, war ein Gelehrter. Vier mal kennen di« Männer sich von ihren Wei- Hern scheiden lassen. Männer und Weiber, Knaben und Mädchen badeten gemeinschaft lich in großen Bädern zusammen. Alles Ließ wurde unter der Regierung Peters I. verändert oder abgeschafft. Er war es, der sich selbst die ersten Schiffskennlnisse ver schaffte, sich Schiffe erbauen ließ und seine Unkerthanen mit dem Nutzen derselben de- kannt machte. Dadurch wurde Handel, Ge- w-rbe und Verdienst lebendiger. Er war eS, der seine Russen in rechtliche Soldaten um schuf, der erst durch herzugcrufcne fremde Offiziere nach und nach dieß große Unterneh men begann und ausführre. Er war e- «uch, der dcn Russen Handwerke und Künste lernen ließ. Ec selbst reiste zweimal nach Deutschland, Holland und England, um über all an Ort und Stelle das Bessere kennen zu lernen. Auch viele seiner Unterthemen reisten zu demselben Zwecke auf seine Kosten. Er "richtete Schulen, um darinnen die Jugend zu brauchbaren Menschen bilden zu lassen, wodurch die Sitten und Denkungsarten der Aussen sich recht srhr verbesserte. Er war Meißner Kalender. es auch, der im Jahr« 1703 Petersburg tkitc legte und begründete, der endlich diese neue Statt zur Hauptstadt des russischen Reichs erhob. Schon bei seinem Leben wurde sie zu einer großen prächtigen Stadt, nach seinem Tode wurde sie dieses noch mehr und faßt jetzo, etwas über 100 Jahr nach seinem Ur sprünge, weit über 285,000 Einwohner in sich, Peter l. war es auch, der, nachdem er die Schweden, Türken und Perser siegreich über wunden harte, dcn bisherigen Titel der rus sischen Beherrscher der Ezaare, in den deS Kaisers und Selbstherrschers al ler Reusscn uwwandclke und annahm. Durch diese und andere hier nicht auf gezählte Handlungen hat sich Peter l. auch den Namen des Großen erworben. Ec war unermüdet jn Verbesserungen und ar beitete Tag und Nacht. Bei dieser unauf hörlichen Geschäftigkeit, war cs für ihn Vas Traurigste, befürchten zu müssen, baß alle diese angelegten und ausgefüdrken Entwürfe nach seinem Tode wieder aufhören oder wohl gar wieder zerstört werden dürften. Ein großer Thcil der Nation sah alles dieß als lästige Neuerungen an, die ihre alten Sit ten verdrängen würden. Auch die Geistlich keit war wider ihn, un,d stellte wohl gar die Veränderungen, als der Religion gefährlich, dem Volke vor. Auch sein Sohn, erst» Ehe, Alexei, stimmte nicht mit ihm über ein, er vereinigte sich mit unruhigen und unzufriednen -Männern, führte ein träges, unordentliches icben, und betrug sich, ohne Besserung zu zeigen, so, daß ihn der Vater, der vieler Vergehungen halber, vor «in Ge richt von beinahe 15Y-Staatsmännern stel len ließ. Dieses sprach nach der Untersu chung das Todesurkheil über ibn aus, em pfahl ibn aber zugleich der Gnade des Kai sers. Peter, als der höchste Richter des Reichs, vergaß, daß er sein Sohn sey, «r hatte dabei uur das Wodl seiner Russen vor Augen; darum bestätigte er das Urrvcil und Alexei wurde heimlich enthauptet. Noch voll von der Empfindung, wie schädlich es dem Reiche geworden wäre, wenn dieser s