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den ehrlichsten Mann in- Unglück ju brin gen. Aber auch diese kräftige Aufforderung khat ihre Wirkung -nicht. Sie empörte vielmehr Viele im Stillen; denn während der französischen Invasion sind die Ansich ten, Begriffe, Vorstellungen, Grundsätze und Einsichten recht vieler Spanier geläu tert und verändert worden, die jetzo dem Altenberkömmlichen große Gefahr bringen. Die Inquisition verbot deshalb alle Bücher und Schriften, welche auf irgend eine Weise den Verstand in Anspruch nahmen. Aber die Wahrheit ging im Stillen von Mund zu Mllnd und Niemand verkannte dir stillen Schrille der Geisteserleuchtung. .Maa unterhält, trotz aller Verbote, in den Städten Spaniens eine heimliche Literatur, wodurch die ehemalige Finsterniß immer mehrvtzerschwindet. Die Wirkung alles die ses Treibens kann und wird nicht außen bleiben. Der Fandango, ein LleblkngStan; der Spanier. (Mit einem Kupfer.) Ausländer erstaunen, wenn sie ihn se hen, er ist ihnen ärgerlich und doch macht er Jung und Alt zu verliebten Narren. — Sobald man ihn bei einem Balle zu spie len anfängt, werden alle Gcsichtszüge be lebter. Die Dabcisiehenden, denen Alter oder Stand am meisten gravitätisch zu seyu befehlen, können sich doch kaum enthalten, ihn mitzumachen. Man erzählt als Anek dote : der römische Hof sey verdrüßlich dar über gewesen, daß man in einem, der Rei- nigkeit seines Glaubens wegen, bekannten Lande nicht schon lange den gottlosen Fan dango abgeschaffc habe, und habe daher be» schloffen, denselben förmlich in den Bann zu thun. Ein Consistorium versammelt sich; der Proceß des Fandango wird in den Weg Rechtens cingeleikct, schon ist es andem, daß ihm der Bannfluch zuerkannt werden soll, als einer von den Richtern die vernünf tige Bemerkung macht: man müffe keinen Verbrecher ungchört vcrurtheilen. Seine Bemerkung wird vom Kollegio gebilligt. Es muß sogleich ein spanisches Paar erschei- z ucn, das unter musikalischer Begleitung alle Grazien des Fandango seinen Richtern zeigt. Die Strenge der Archonten hält diesen Be- v"is nicht aus. Ihre finsteren Gesichter erheitern sich, sie stehen von ihren Sitze« auf, ihre Knie und Arme bekommen ihre Iugenkraft wieder, der Saal des Consisto- rii wird ein Tanzsaal, alles tanzt mit und der Fandango wir» losg-sprochen. Nach einem solchen Triumphe kann man wohl denken, daß er alle Widersprüche der Sitt samkeit verlacht. Auch scheint seine Herr schaft fest genug gegründet zu seyn. Un terdessen nimmt er nach den Orten, wo er getanzt Wird, auch verschiedene Charaktere an. DaS Volk verlangt ihn oft von den Schauspielern; er beschließt fast immer di« Privarbälle, wie bei den Deutschen der Großvakertanz. Alsdann drückt er seine M- sicht nur obenhin aus; hingegen in Fällen, wo eine kleine Gesellschaft aus Vergnügen auf Bedenklichkeiten Verzicht zu thun scheine da ist sein Zweck so unverkennbar, daß sich die Wollust jedes Ausdrucks der Seele be mächtiget. Von seinem Reize pocht als dann das Herz deS sittsamen Jünglings und der Greis fühlt in seinen abgestumpften Sinnen neues Leben. Der Fandango wird immer nur von 2 Personen getanzt, die sich nicht einmal mit der Hand berühren, wenn man aber sieht, wie sie sich herausfordern, bald von einander entfernen, bald wieder