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gearbeitet hatte, aus. Er hatte feine besten Kleider auf dem Seide, bis auf den schmatz Anzug, in dem er zimi Abendmahl ging- Diesen ergreift Lieschen, zieht ihn an, und verlasst darin Wolkenstein, ehe der Vater nach Harch kommt. Wahrscheinlich bloß diese schwarze Kleidung gicbt ihr den Gedanken ein, sich für einen vertriebenen Schulmeister auSzngeben- Siewar bei ihrer Entweichung 22 Jahr alt, von einnehmender Gestalt und sehr gewandtem Verstände, und keiner von den Edsllemen, Pfarrern und Schulmeistern, bey denen sie ein sprach, geriech auf den Gedanken, daß miter devertriebenen Schulmeister uwas anders stecken mochte- Nur der Oberfischmeister, Herr von Günther, auf dem Schlöße Augustusburg, sah die schwarze Figur mit bedeutenden Augen an, und muthmaßte etwas in ihr, aber brr weitem etwas andere», als wirklich darunter stack- ES war nämlich damals gerade der sächsische Churprmz auf Reisen. Zwei Jahre hatte er schon in fremden Sandern zrHebrachr, vnd jetzt befand er sich in Wien- Wie immer von großen Personen etwas ersonnen wird, so barte sich auch in Sachsen Vas Gerücht verbreitet, daß der Churprinz nicht auf Reisen sey, fvnoern unter allerhand Verkleidungen im Lande Herumreise, um die Mängel und Gebrechen desselben kennen zu kernen, und sie zu verbessern, wenn er zur Regierung käme. Düs gkaab- leu nicht allein Vie gemeinen Leute, sondern auch viele Vornehme, unter Venen auch unser Herr Öberfischnrrister von Günther war. Er befand sich gerade auf dem Hofe, als der vertriebene Schulmeister an kam. Die niuntere Irgend, die edle Gestalt, der dreiste Vortrag und andere Umstände, brachten ihn auf den Gedanken, daß dieser vorgebliche Schulmeister wohl gar der Churprmz seyn konitte. kr nahm ihn also mit auf feine Stube, und wahrend er sich bei einem Glase Wein mit ihm w Unterredung cinlüß, verglich er die Gestalt desselben mit einem Bilde, daß er vom Chur prinzen im Ammer hangen hatte. Da er die größte Achnlichkeit wahrzunehmen glaubte, so Nadin er keinen Anstand, zu erklären, daß unter diesem schlechten Anzüge wohl eine sehr hohe Person, versteckt sein möge. Lieschen errölhere und kam in Verlegenheit,' aber sie war vül zu schlau, als daß sie nicht durch eine zweideutige Antwort den guten Oberfischmeister hätte in der angenommenen Meinung erhalten sollen. Dieser fing nun nngescheur an, von den gehei men Absichten zu sprechen, die Ihrs Königs-Hoheik bei Jbrcr Reise hätten, bezeigte seine außerordentliche Freude, daß Eie bei ihm, als einem anwerthen Knechte eingekehrt wären, bar, daß Sie es sich gefallen ließen, längere Air bei ihm auSzuhalten, und bor fein ganzes Vermögen an, nm Ihrer Kömgl. Hoheit damit zu dienen. ^ .Lieschen, wiewohl sie sich nicht kanz darein schicken konnte, merkte doch so ziemlich, wo etwa Vie Sache hinaus wolle- Sie öar angel gentlichst, daß der Herr Oberfischmeister den hohen Ton ja nicht gebrauchen solle; das aber oas Anerbieten des Vermögens betraf, so nahm sie dieß nach einigen Weigerungen an- Wer war glücklicher, als der Oberfischmeister? er hatte nun nach seiner Meinung den Kurprinzen und die beste Gelegenheit gefunden, sich ihm zu empfehlen, Und sollte auch sein Tanzes Vermögen dabei darauf gehen, so war ihm doch nichts gewisser», als daß er der üichste und geehrreste Mann im Laude sein würde, wenn nur erst der Cburprinz zur Re- slerung koinMen würdr- _ Wir können cs ihm Nicht verdenken, wenn er die ganze Nacht nicht schlafen konnte, M über sein Glück freute und darüber yachdachte, wie er sich recht empfehlen wollte. Hes andern Morgens stellte er seinem Gaste vorr es sey doch schicklicher, wenn er die ^chulmkisters Kleidung adlegte, und lieber den Titel eines Grafen annehme. Man würde »eshald hoch nicht wissen, wer er sey, und es würde ihm leichter werden, in die vornch- Mn Gesellschaften zu kommen und alles selbst zu sehen. Er setzte hinzu, daß er sich wohl ^stellen könne, daß sich Ihre Hoheit dazu nicht würden mit Gelbe versehen haben; abek w bäte unrerthaing, Sie sollten nur sein ganzes Vermögen wie das Ihrige ansehcn und» skvrguchm, Lreschen machte Einwendungen, aber er drang so lange in sie, doch sein An-