hier haben Sie den größten Spaßvogel der Ba stille." Er zog ihrn den Mantel von den Schul tern und wir erblickten — einen Abbe in einem drolligen eben so bunt als ärmlich zusammengcstop- peliem Kostüme, daß wir, was er sehr übel zu nehmen schien, laut auflachen mußten. „Sie wundern sich?" — sprach er — „und doch bin ich ein Landpsarrer, den rasches Blut und hübsche Mädchen schon um drei passable Pfründen gebracht haben.". Daraus sang er einen schmutzi gen Gassenhauer, den ein gebildeter Unteroffizier kaum in der Wachtstube geduldet haben würde, pfiff unter komischen Bocksprüngcn einen Tanz und drehte uns der Reihe nach gewaltsam im Kreise herum. „Gerechter Himmel!"— flüsterte mir mein zartfühlender junger Sachse ins Ohr — „dieser . Faun in Menschengestalt ein Priester? Unmöglich! bei mir in Lcivzig würden ihn die Straßenbubm vrrhöbnen und der gemeinste Bürger ihm aus dem Wege gehen." Wirklich war er, wie wir später erfuhren, ein Wüstling sonder Gleichen, ohne Treu' und Glau- -> den, sein Leben ein Gewebe von Liederlichkeit und boshafter Spitzbieberei. Seine Lebcnsgeschichte kann in diesem Aufsätze keinen Raum finden; mit brennender Cchaamröthe auf den Wangen würde jeder Leser die Lektüre unmuthig von sich wer- fen. — Won nun an war der Friede unsers Kerkers gestört; unser neue Gefährte besudelte unsere ernst haftesten Gespräche mit dem Geifer seiner scham losen Zunge, ja er denunzirtr uns sogar mehrere- male. Ein halbes Jahr- darauf bestand der junge Sachse mchrere Verhöre; man wollte ihn durchaus zu einem von dem Könige von Pohlen nach Pa. ris abgesendeten Spione machen und behandelte ihn anfänglich mit schnöder Verachtung; endlich verschaffte ihm Frau von Maintenon, die sich ganz unerwartet zur Beschützerin aller verhafteten Deut schen aufgeworfen hatte, die Freiheit. Unser Ab schied war eben so rührend, als mein Schmerz groß, in ihm meinen besten Freund, meinen einzigen Trost scheiden zu sehen. Der brave Sachse hat redlich Wort gehalten und die ihm au meine Gattin und meine Freunde von mir heimlich zur Bestellung zugesteckten Brie fe im Haag, wohin er bloS deshalb Postpferde nahm, persönlich abgegeben. — Die Gesellschaft des ruchlosen Curs vergiftete mein elendes Daseyn; nur nach einigen Monaten wurde mir durch die Erscheinung eines neuen Un. glücksgefährten, eines Grafen von Brederode, ei niger Trost. Mein Gesellschafter erschrack bei sei. nem Eintreten sichtbar, verbarg sich — eS war in der Nacht — in einem Winkel des Gemachs, mischte sich endlich in unser Gespräch und fragte unter andern den neuen Ankömmling, ob er La« teinisch verstehe? Auf seine Verneinung schlug er, unter dem Vorwande uns mit einer Hymne zu erbauen, sein Breviarium auf und sang zu meinem nicht gerin gen Erstaunen nach der Melodie: Ds lucis sn» teriuinum eine an mich gerichtete Bitte ab, tn welcher er mich beschwor, ihn nicht Sorel, sondern Abbs de la Motte zu nennen, indem er «S sey» welcher der Gemahlin dieses Grafen bei seinem