Volltext Seite (XML)
Schimmer aus trüben Nebelschleiern schwachhervor, da raseten auch schon die Heerhörner durch das Lager. Vom Rufe geweckt, eilten die Wallfahrer an die ihnen angewiesenen Orte und der Sturm begann von allen Seiten. Rastlos strebten die Brüder die Mauern zu er steigen, aber eben so oft wurden sie auch wieder zu- rückgedrängt, durch der Feinde tapfere Gegenwehr. Umsonst versuchten die lrtzrern die Maschinen der Stürmer unbrauchbar zu machen und führten, als Nichts sie zum Zwecke brachte, Heren auf die Mauern, dieselben zu besprechen. Ein ungeheurer Stein zerschmetterte zwei derselben mit dreien Mäd chen, die sie begleiteten. So durch gegenseitigen Widerstand gereizt, überboten sich Christen und 'Türken in Erfindung neuer Martern. Ji» Au genblicke als diese einen gefangenen Ritter am lang, sarnen Kohlenfeuer braten ließen, und um des Un glücklichen Qualen zu erhöhen, seine Glieder mit Del übergossen, schleuderten jene aus den größten Wurfmaschienen einen türkischen Gefangenen gegen die Mauer, und beider Angstgeschrei hallte furch- tcrlich von den nahen Bergen wieder. Stunden nun schon hatte das Würgen gedauert und noch sahen die Fürsten kein Ende. Sie mußten, woll ten sie das Heer nicht ganz schwächen, in der sie benden zum Abzug blasen lassen und einen günsti gem Augenblick erwarten. Wunder der Tapfer keit hatten die Brüder gethan und Guivo war un ter den Kühnen der Kühnste gewesen. Jetzt rief auch ihn des Heeres Klang zurück von der Blut arbeit und nur ungern gehorchte er dem gebieten, den Rufe. Dem tobenden Sturm war schon wieder tiefe Stille gefolgt, u?rd in sich gekehrt stand Gottsried vor dem Zelt, des trüben Schicksals Lauf sich über denkend. — „Wie soll ich ihn lenken! — Kann ich mehr, und was soll ich thun?" — so fragte sich der Held. — Da zeigte sich ein Wunder seine:» Blick. Auf des Orlbergs höchster Spitze schwebte, vom himmlischen Glanz umflossen, und von Cn. geln rings umgeben, der heil. George in sirah- lender Rüstung und deutete mit dem blitzenden Schilde hinüber nach Jerusalems noch nicht gcbrc-, chenen Mauern, da schrie Gottfried, gestärkt durch des Wunders Kraft; „ Noch heute muß vor jenen Thoren die Kreutzesfahne wehen I" — und die Treuen ließ er schnell berufen. Des Führers Mit. theilung erregte wieder des Bruderheeres ganzen Muth und von Neuem rasete der Sturm. — An der Burg Davids war bald die erste Mauer njedergeworfen und des Herzogs Thurm stand an ter zweiten» Das auf feiner Spitze von gediege nem Golde blitzende Kreuz nach welchem die Un- gläubigen vergebens zielten, kündete dem Volk Gottes den schönsten Sieg. Die Wallbrüder foch ten mit hoffendem Muth, die Ungläubigen wider standen mit verzweifelnder Tapferkeit. Als eS aber Guido gelang, die Wollsäcke, womit diese die Mauern behangen hatten, in Brand zu stecken, und eia günstiger Wind den Belagerten den Rauch entgegen trieb, verließen sie verzweifelnd ihren Stand.' Die Brücke des Thurms fiel; — auf den Mau. ern hinüber führte Guido die kleine erlesene Schaar und jubelnd pflanzten sie das Kreuz auf. D e Sa- racenen versuchten die Tollkühnen zurückzutre den, doch vergebens, denn überall wurden sie verdrängt G-»