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rüstig genug dazu fühlt, wandelt zu Fuß davon, und die Freude tragt ihn flüchtig hin. Frauen und Mädchen raffen ihren schönsten Putz zusam men, beladen sich mit allen Blumen und Frisch- ten, welche die frühe Zahrszeit noch in Zimmern und Treibhäusern bietet, und folgen der Spur ih rer Männer und Väter. Greise, Kranke und Kin der schleichen an das Thor, oder lagern sich wenig stens vor den Häusern der Straßen, durch die der Triuwphzug gehen muß. V Bei Bergedorf traf Snitger am sosten Marz auf den Vorderzug seiner ihn brüderlich liebenden Mitbürger. Willkommen und Heilt riefen ihm tausend Stimmen entgegen. Das dichte Getüm mel zwang den Wagen zu halten. Zeder arbeitete sich durch, und schätzte sich glücklich, wenn es ihm gelang, die Hand des Geretteten zu schütteln; je der bot alles auf, ihn bemerken zu lassen, daß auch er entzückt sey. Die rauhen Männer fühlten kaum, daß ihnen heiße Zähren über die Wangen Herab flossen. Fast erschöpft von Liebkosungen, die er empfing und erwiedcrte, trat Snitger seinen wei tern Zug an; seine Mitbürger drängten sich dicht um ihn her, alle die Augen auf ihn, alle nur ihn im Herzen und Munde. , Zudem sie so hiuziehn — immer treffen noch An dre ein, immer muß der Wagen noch einmal hal ten, weil ein Bürger die Begierde nicht länger mä ßigen kann, Snitgrrs Hand an seine Brust zu drü cken. Jetzt tönen ihm laute Gesänge entgegen. Myrtenreiser und Apfelsinen fliegen von allen Sei ten in Snitgers Wagen und Blumen werden ihm auf den Weg gestreut. Langsam rückte der Zug fort. Jetzt war er am Thore der Stadt, und ein drittes Freudengeschrei ertönt, das rührendste von allen: die Greise und Kinder erheben ihre schwachen Stimmen und ihre zitternden Hände.' — So folgte eine ganze Stadt ihrem biedersten Manne durch die Straßen nach, und gerade zum Rathhause. Snitger steigt ab und fliegt die Stufen hinan. - Partheigeist, Haß und Formalität sind vergessen. Weinend vor Freude, wie die Kinder und Weiber und Männer, empfan gen ihn die Bäter der Stadt. Cr geht aus einer Umarmung in die andere und es verfließen Stun den unter Liebkosungen und Jubel. Die Nacht brach an, und mit ihr begann eine neue Feper. Ohne Verabredung wurden alle Hau ser erleuchtet, und wer kein Licht hatte, stellte we nigstens seine Lampe an das Fenster des Kellers den cr bewohnte. Das Volk trug Holzstöße auf den Märkten zusammen, zündete sie an und tanzte und sang um sie her, bis der anbrechende Morgen es erschöpft nach Hause rief. — Welch ein Fest! Wann herrschte ein Fürst, dem je ein solches gefeiert wurde. O, hätte der wackre Snitger cs nicht überlebt! — Es giebt in der Ge schichte fast jedes ausgezeichneten Menschen Augen blicke , die zu ähnlichen Wünschen bewegen. Fast immer ist der Moment der höchsten Ehre — das prunkende Portal eines düstern Leichenhauses!— Von dem Zeitpunkt seiner Rettung an galt Snitger für den Schutzgeist Hamburgs, war cr der Held und der Rothgeber seiner Vaterstadt. Bei jedem Bedrängm'ß, in jeder Verlegenheit sah man auf zu ihm, und glaubte mit Zuversicht, er nur werde sie abwenden. Jede Meinung in den Bürgerversammlungen ward als widerlegt angese hen und schweigend zurückgenommen, sobald Snit ger äußerte, sie sey nicht dir Seinige. Selbst der Magistrat wagte keinen Vortrag, über den er nicht vorher mit ihm Rücksprache genommen hatte. Es G