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habe selbst keine Ahnung, ob sich jemals ein deut scher Gelehrter mit dieser Frage beschäftigt hat, und verspüre auch, aufrichtig gestanden, keine Neigung, dem historischen Ursprünge des Vielliebchen nachzu forschen. Mir genügt vollkommen, was ich neulich darüber in einer alten Reisebeschreibung aus dem heiligen Lande fand. Da wird dem Vielliebchcn, das auf Türkisch Jades heißt, der Orient als Vater land vindicirt. Zur Bekräftigung seiner Behauptung erzählt der Autor eine alte morgenländische Sage, und diese möchte ich dem Leser auch mittheilcn. Zur Kalifenzeit da lebte in Bagdad ein sehr weiser Mann, der aber von den Frauen gering dachte und sie als unwissende, geistlose Geschöpfe behan delte. Eine Evastochter, über diese Herabsetzung ihres Geschlechtes entrüstet, beschloß, den weisen Mann eines Besseren zu belehren. Sie wußte ihn unter Vorgeben wichtiger Geschäfte zu einem Besuche zu veranlassen und ihn dann in eine Situation zu bringen, die dem Besuche das Ansehen eines Liebes abenteuers gab. Der weise Mann, durch die Schön heit und hingebende Liebenswürdigkeit der Frau doch ein wenig in seinen Ansichten erschüttert, ließ sich hinreißen, ihr einen Kuß auf die Hand zu drücken. „Um des Himmels willen", ruft die Frau, „was thust Du, Unglücklicher? Dort kommt mein Gemahl, ein Wütherich von Eifersucht. Wenn er Dich hier erblickt, so bist Du des Todes. Fort, fort — aber wohin? Halt, hier in diesen Kleiderschrank. Ge schwind, hinein." — Unser Stoiker, leichenblaß, läßt sich das nicht zweimal sagen. Er huscht in den Schrank; die Frau dreht oen Schlüssel um und nimmt denselben an sich. In diesem Augenblicke tritt der Gälte in's Gemach, und sein nie schlum mernder Argwohn fängt sofort Feuer. Und die Frau? — „Ach, lieber Mann, ich muß Dir sagen, unser Haus ist geschändet, meine und Deine Ehre ist schwer verletzt. Ein Liebhaber ist zu mir gedrungen, hat mir Erklärungen gemacht, ist mir zu Füßen gefallen und hat mich geküßt. Als er Dich kommen sah, hat er sich geflüchtet und sich, da kein Ausgang offen war, dort hinten in dem Schranke versteckt. Im Nu bin ich zugesprungen, habe den Schlüssel abgezogen, und der Vogel ist gefangen." — „Was!" ruft der rasende Eifersüchtige, „was höre ich! Rache, auf der Stelle fürchterliche Rache! gieb den Schlüssel!" „Jades!" ruft die Frau in dem Augenblicke, als jener den dargereichten Schlüssel ergreift. „Jades! ich habe mein Vielliebchen gewonnen." — „Ei, so soll Dich ..." schilt der überlistete Mann, wirft den Schlüssel fort und rennt voll Aerger wieder zum Hause hinaus. - Das Weibchen aber geht an Schrank, öffnet ihn und zieht den an allen Gliedern zitternden, vor Schreck halb todtcn Philosophen her vor. „Laß Dir diese Leciion eine Warnung sein und gieb von nun an der Wahrheit die Ehre, daß Weiberwitz und Sinn mehr Werth ist, als Dein ganzer gelehrter Kram." Verfängliche Frage. Ei»» seltener Fall. „He, Laudsmann, sagt mir doch, weshalb tragt Fbr Soldaten im Frieden -inen Sabel? - Äohl nnr nm die Zeit dan.it todtzusch^ „Was hat nnr Bussel, das! er mich, seinen Herrn , so anbcllt." — „Na, ganz natiirlich, er kennt Dich nicht, Ivcil Dn heut' Abend aus nahmsweise einmal nüchtern zu Hause kommst."