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Humoristisches. „Redende Todle." Ein bekannter und be liebter Schauspieler war eben aus der Bühne er stochen und in den Sarg gelegt worden. Sehr wider seinen Willen sollte er aber nochmals ein Gegenstand der Aufmerksamkeit des Publikums werden. Augen gelassen und brachen nun in ein schallendes Gelächter aus, , zum größten Erstaunen der übrigen Schauspieler, die sich bei einer so ernsten Scene eine solche Heiterkeit gar nicht erklären konnten. Dem armen Schauspieler aber, sonst nur an Zeichen des an die im fünften Acte todt auf der Beifalles gewöhnt, erscheint die Geschichte uner träglich. Er richtet sich im " sich mit den Worten A. : „Nehmen Sie mir das nicht übel, aber Sie sind doch wirklich zu dumm!" — B. (sehr schwerhörig): „Mit dem größten Vergnügen! — Sarge auf und wendet Zuschauer: „Ich habe es vielmal gesagt, daß die Gunst des Publikums mein höchstes Gut sei und daß, wenn man mich nach meinem Tode verhöhnte, ich mich noch im Grabe um wenden würde." Und damit streckte er sich wieder aus. — Man kann sich dcnken, welch' eine Aufre gung im Theater diesen Worten folgte. Aehnlich erging cs einmal dem engl. Schauspieler Wilkes. Derselbe hatte schon nicht auftreten wol len, weil er an einem heftigen Katarrh litt, schließlich aber den Bitten des Directors nachgcgeben. Wider Erwarten war bis zuletzt Alles recht leidlich abgelaufen, zumal seine geringe Heiserkeit zu seiner Rolle zu gehören schien. Als er aber Bühne lüg, fühlte er in der Kehle einen so unüberwindlichen Reiz zum Husten, daß er kaum zu widerstehen vermochte. Er schwitzte Angstschweiß. Je länger der Kitzel dauerte, um so qualvoller wurde sein Zustand. Endlich platzte der Husten mit ungemeiner Heftigkeit los. Selbstverständlich lautes Lachen unter den Zu schauern. Da setzte Wilkes sich aufrecht hin und sagte, noch immer von Husten unterbrochen: „Wenn man doch stets den Lehren seiner Eltern folgte Der Sarg stand gerade unter einer Wachskerze, die durch einen unglücklichen Zufall schief in eine Coulisse gesteckt war. Natürlich leckte sic in Folge dessen, und dem Todtcn fällt ein Tropfen heißes Wachs auf die Backe. Er zuckt zusammen, verbeißt aber den Schmerz und blin zelt nach der Kerze empor. DochimPar- quet ist es bemerkt worden; man flüstert dort bereits. Hätte er jetzt noch eine Wendung zur Seite machen wollen, man würde selbe nicht mehr als eine letzte Regung der Lebens- thätigkell haben gel ten lassen. Es bleibt ihm nur die Hoff nung, daß er mit dem Sarge werde fvrtgcschafft werden, bevor ein zweiter Tropfen van der Kerze niedersällt. Für jeden Fall schließt cr die Augen wieder, um diese nicht etwa durch das glühende Wachs verletzen zu lassen. Endlich naht der Augenblick, wo die Leichenträger eintreten sollen; sein Herz klopft schon heftiger, als cs für einen Todtcn sich geziemt, da füllt ein zweiter Tropfen herab und trifft ihn diesmal gerade auf die Nase. Der Schnurz ist so stechend, daß cr sich rasch umwendet, in der stillen Hoffnung, bei der stürmischen Scene, die neben ihm zur Darstellung gebracht wurde, werde Niemand sein Manöver be merken. Aber die Lachlustigen unter den Zuschauern hatten ihn seit feinem ersten Zucken nicht aus den