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die Belagerer als arme Teufel darstellen sollte, die weder Gelb noch Brod hätten. Dafür zeigten aber diese, daß cS ihnen we nigstens an Herz und Geschütz nicht fehle. Denn sie beschossen nun desto Heftiger die Stadt mit Feuerkugeln. Am meisten spielten die Kanonen und Mörser nach einem Thurme, den man gern zum Stürzen und Füllen des Stadtgrabens brin gen wollte. Die Belagerten aber umschlangen ihn, als er ganz durchlöchert war, so mit Ket ten und Stricken, daß er stadteinwärts fallen mußte. Eben so wenig half das Ausfüllen der Graben mit Faschinen, wozu LhumShirn eine Menge Bauern kommanvirte; denn die Bela gerten warfen in der Nacht zum 2osten Pech» kränze drauf und die.Maschinen loderten weg. Den aisten lies nun der Kurfürst erst über 400 Schüsse thun, und dann die Start zum letztenmal auffordern, mit der Drohung, «enn man sich nicht- ergebe, keinen Stein auf den an dern zu lassen. Aber der tapfre Bastian ver sammelte mit einbrechcnder Nacht Bürger und Krieger auf dem Markte, legte ihnen das heilige Gebot der Ehr« und Pflicht ans Herz, fragte sie dann um ihre Meinung und — mit gen Him mel gehobnen Händen schwor alles, treu zu blei, den dem Herzog Moritz. Und diese Treue, — sic heischte warlich nicht geringe Opfer. Denn der Kugelregen ward täg lich heftiger, daß man oft vor Rauch nicht wuß te, ob es Tag oder Nacht sei; die Bürger selbst mußten, sobald rS finster ward, 50 Mann stark wachen, der eingewvrfenen Feuerkugeln wegen,, und alles schien einen Hauptsturm zu verkün digen. Aber die Stunde der Noch war überstanden. Garade am i^stcn, wo man das Anlegen der Sturmleitern fürchtete, hob Johann Friedrich die Belagerung auf. Beim Abmarsch, welcher des Abends geschah, steckte man vcrschicdne Borwerke in Brand, um den Wcg zu beleuchten, und alle Dörfer, durch welche der Marsch ging, wurden rein ausgeplündert. Nur kurze Zeit gab der Kurfürst seinen Truppen Winterquartiere im Al- tenburgischen, dann überfiel er den Markgrafen Albrecht von Brandenburg zu Rochlitz. Gewöhnlich schiebt man das Aufheben der Be lagerung bloS auf des Kurfürsten treulose Kä the, welche zum Theil ihre beste Habe nebst Wei bern und Kindern in der Stadt gehabt hätte»; auch will man wissen, daß Hans von Ponicka« am Tage deS Abzugs auf einem weissen Schim mel vor der Stadt hin und her geritten sei, zum Zeichen, daß nun keine Kugel mehr fallen werde — endlich fang man sogar Spottlieder, w>er „Leipzig liegt außen und Leipzig liegt drinnen, Darum kann Leipzig nicht Leipzig gewinnen." Allein zum Spaß wirft man doch wohl nicht bin nen Z Wochen; 14 000 Kugeln in eine Stadt, denen man noch dazu natürlich keine Anweisung milgeben kann, gewisser Häuser und Familien zu schonen — auch würde ein glücklicher Sturm Beule gegeben haben, wogegen der Offizier seine in Leipzig verwahrten Güler wohl hätte vergessen können. Die rauhe Jahreszeit aber, die tapfere Verrheidigung der Belagerten, und das Gerücht, Kaiser Karl und sein Bruder Ferdinand rückte» zum Entsatz — ticS und sonst nichts bewog Jo hann Friedrichen, die Belagerung aufzuheben.