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denn ich hab« doch eigentlich nur für mein einiges Kmd gelebt. Wird meine Hoffnung in Erfüllung geben, dasselbe durch den erworbenen Reichthum glücklich zu sehen?" Der alte Herr schwieg, sein Blick richtete sich auf die Tochter. Diese erhob sich schnell und warf sich an seine Brust, auch der Bräutigam trat näher, den Schwiegervater zu umarmen und die Uebriqen drückten ihm bewegt die Hand; zuletzt schloß der Greis die Gattin in die Acme. „Ich bin also Einer der Wenigen," sagte der Banqnier, als sich die Aufregung gelegt hatte, „deren Hoffnungen und Wünsche erfüllt wurden; an Euch, meine Kinder, ist es, dem Geschicke da für den schuldigen Dank abzutragcn — ich hoffe, Ihr habt mich begriffen!" Das Fest war zu Ende. Die letzten Gaste verließen daS Hsrel und wunderten sich vielleicht, wie es gekommen, daß sie durch die Erzählung des alten Herrn mit forkqerissen morde«. Am andern Tage rümpfte man über die etwas antike Rübrunqs- scene auf der Hochzeit in den Hüttls die Nasen; sie war wirklich für die moderne s andal- und spott süchtige Stimmung zu unbegreiflich. Doch schon in den nächsten Tagen quittirte der aristokratische junge Ehemann sein beschränken des, beengendes und beängstigendes Hofamt, um mit seiner jungen Gemahlin auf seine durch die Mitgift derselben schuldenfreien Erbgüter zu gehen, und dort als unabhängiger Herr zu leben —: er hatte de» früheren Savoyarden- Knaben begriffen! Wünschen wir ihm Glück dazu — und Frank reich die baldige Wiederkehr jener Zeit, in der sein Volk edle Gefühlsäußerungen nicht für Abnormi täten hielt. (Jll. P.) Das Attentat auf Kaiser Alexander II. von Rußland. E» war am 16. April 1866, Nachmittags 4 Uhr, als der Kaiser von Rußland nach voll endeter Promenade im Sommergarten zu Peters burg, in Begleitung seine» Bruder- Nikolaus, sowie seiner Tochter und seines Neffen, des Herzogs von Leuchtenberg, in den Wagen steigen wollte, als der Schutz auS einer Pistole nach ihm abge« feuert ward. Neben dem Mörder stand der Kappen« rnachergehilfe, vormals L^deiguer de» BaronS Küster, Jwanoff Kommiffaroff, kaum bemerkt dieser daS Borhaben, al- er dem Mörder einen Schlag auf den Arm giebt und so dem Kaiser das Leben rettete. — Die Kugel pfiff hart am Kaiser vorbei. Der Thäter versuchte Flucht, allein er ward bald ge fangen, einige Papiere, die er weggeworfen, wurden gefunden und vom Herzog von Leuchtenberg auf gehoben. Nach seiner Verhaftung fand ein Ver hör statt, auS welchem ziemlich genau hervorging, daß der Thäter Alexejoff oder Petroff heiße, Stu dent gewesen und Mitglied einer Gesellschaft, der Socialisten, auch Nihilisten genannt, sei. Diese ziemlich zahlreiche Clique bat namentlich unter den jungen Leuten der Universität, der Rechtsschule, der medizinischen Academie einen großen Anhang gesnndea. ' Die Nihilisten find nicht allein rothe Demokraten, sondern ste verachten auch alle Reli gion, Ehe und sonstige Staatseinrichtungen. Statt der Ehe wollen sie ein kontraktliches Zusammen leben auf Jahre. Zur gänzlichen Umwälzung de» Staates bereiten ste sich mit besonderer Gründlich- keit vor. Ein zu der Clique gehöriger Offizier soll den jungen Leuten Vorträge halten, wie Bar rikaden gebaut und vertheidigt werden. Zugleich mit dem Verbrecher wurden 2 Personen verhaftet, welche mit ihm gesprochen, ihm Zeichen gemacht haben sollen. Der Retter des Kaisers, der schon genannte Kommiffaroff, 21 Jahr alt, ein ordentlicher, in telligenter Mann, wurde zum Kaiser in's Winter palais gerufen, wo ihn der Kaiser umarmte, zum erblichen Edelmann ernannte und reich beschenkte, außerdem ward ihm nach wenig Stunden, als Nationaldank, die rasch gesammelte Summe von 300,000 Rubel geschenkt. Auch seine junge Frau ward gerufen, den kaiserlichen Majestäten vorge stellt und auf'S reichste beschenkt. — Der Kaiser hatte sich bald von dem Schreck erholt und für seine Rettung wurden in fast ollen russischen Gotteshäusern Dankgebete zum Himmel geschickt.