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Das deutsche Sängerbundesfest in Dresden. Getragen, seit Jahrhunderten zum ersten Male wieder, von dem Geiste der Einheit, bekundet das deutsche Volk in Festen, die es sich selbst gicbt, seinen Wohlstand, bekundet dasselbe inmitten seiner Freude sein Gefühl für freie Ordnung, sein Selbst gefühl. Als gute Zeichen der Zeit müssen uns daher diese Feste gelten. Als die Nachricht einlicf, daß der deutsche Sängerbund als Feststadt für sein erstes Bundesfcst Dresden auserkoren, zweifelten einzelne mißgestimmte Stimmen daran, daß Dres den ein fruchtbarer Boden für einen derartigen Fest jubel sei. Die Theilnahme jedoch, die von aus wärts her für das in Dresden abzuhaltende Fest sich aussprach, zeugte von dem guten Vertrauen, Las man zur gastfreundlichen Gesinnung der Dresd ner hatte. Und dieses Vertrauen ist auf das Glän zendste gerechtfertigt worden durch die großartigen Vorbereitungen, die man dem Feste gewidmet hat, durch die Bereitwilligkeit der königlichen und städ tischen Behörden, das Fest zu unterstützen und zu fördern. Der Fcstplatz schon war trefflich gewählt. Im Hintergründe baute sich der grüne Wald auf, östlich winkten wie weiße Arme die Thürme glän zender Phantasicvillcn von grünen, wcinumkränzten Bergen herab, während westlich sich die Residenz in dem von hundert Wimpeln belebten Elbstrome spiegelte. Innerhalb dieser Scenerie erhob sich, umgeben von zahlreichen, der Bequemlichkeit und dem Vergnügen der Gäste gewidmeten Räum lichkeiten, die große Fcsthalle (s. die Abbildung) in ihrer technischen Construction und architektonischen Dccoration, ein Meisterwerk derartiger Gelegenheils bauten. Von festlichster Wirkung war das reich beflaggte Aeußere derselben mit den vier leichtauf- strebendcn, oben durchbrochenen Hauptthürmcn, welche dem Baukörper zunächst als Stützpunkte dienten, mit den malerisch vortretenden EingangSportalen, wovon das eine nach der Stadt zu mit einem Apoll aus dem Sonncnwagen plastisch geschmückt war; in gleichem Grade trugen die ebenfalls durch Thürm- chen gezierten Scitcneingangshallen, wie die ver mittelnden Galerien zur Verherrlichung des Gan zen bei. Frei und leicht angelegte Trcppenaulagcn aufsteigend, gelangte man in den reich geschmück ten, gewaltigen inner« Raum, welcher durch die breite Mittelpassage der Seitcnportale in zwei fast gleiche Theilc getrennt wurde; den ersten Theil bildete der Zuhörerrqum, den zweiten Theil das aufsteigende und mit den Tribünen des ersten Ran ges schließende Sängerpodium. Zierliche Gitter träger in Holz belebten das kühn gespannte Dach; einen Hauptschmuck des innern Raumes bildeten aber besonders die Fenster mit ihren transparent gemalten, symbolischen und allegorischen Darstellun gen, welche wie Glasmalereien wirkten. In er freulicher Weise war auch für Beleuchtung der Halle durch Gaszusührung gesorgt worden; 20 Pyramiden, jede mit 60 Flammen, sodann noch gegen 1000 Flammen ringsum im Hallenschiffe erleuchteten strahlend den großen Raum. Licht vor der Halle ward durch 20 Gascandelaber beschafft. Zur Begegnung von Fcuersgefahr hatte man eine Feuerlöschanstalt mit der Turnerfcuerwchr organi- sirt. Um die Halle und den Fcstplatz mit Wasser zu versorgen, waren drei Brunnen gegraben und eine Wasserleitung vom Waldschlößchen herunter mittelst Dampfmaschinen hergestellt worden. Ferner ist zu erwähnen, daß sich eine Post- u. Telegraphcn- Anstalt in der Halle befanden und in letzterer Be ziehung ein dirccter Verkehr mit Paris und St. Petersburg offen stand. Auch fanden die Fcstgäste in einem besonderen Lesezimmer der Halle während der Festtage ihre heimischen Zeitungen. Endlich war auch in ärztlicher Beziehung gesorgt, indem viele Krankenzimmer in der Halle hergestellt waren, 24 Acrzte sich bereit erklärt hatten, abwechselnd hier Dienst zu thun. Außerdem waren während des Fcstzngs Aerzte in der Altstadt in der Löwen apotheke, in Neustadt in der Schwancnapoiheke stationirt; desgleichen waren während des Concerts im großen Garten ärztliche Stationen errichtet wor den. Bei der großen Hitze war diele Vorsorge sicher nur zu billigen, doch ist sie glücklich nicht sehr gebraucht worden. — Hinter der Festhalle nach dem Waldschlößchen, ebenso seitwärts der Halle nach der Stadt zu, wa ren zahlreiche Ncstaurationszelte aufgeschlagen, wor unter das Waldschlößchcn, Feldschlößchen, Felsen keller und Firmen anderer renommirter Etablisse ments ; de» stattlichsten Rcstaurationssalon darunter hatte Hr. Oskar Renner, der Restaurateur der Fest halle, unter der Firma: „Zum böhmischen Königs töchterlein" etablirt. Außer diesen Restaurationen gab cS »och verschiedene Conccrtsalons, Sodawasser- Hallen u. s. w. Ebenso fayd man auf dem Fest platze zur Bequemlichkeit der Festgäste Rastr- und Waschsalons, ein Expreß-Institut, Vcrkaufsstände, photographische Ateliers u. s. w. Für Alles war Fürsorge getroffen, um die Stunden und Tage auf diesem Raume zu erheitern Neun Kaltud« F