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Eisenbahnunglück bei Buckau in der Nacht vom 16. zum 17. Juli 1865. (Mit Abbildung.) Ucber das furchtbare Unglück inil dem Dampf wagenzug bei Buckau theilt die illustriere Zeitung eine ziemlich ausführliche Beschreibung mit, die wir auch den Lesern unseres Kalenders nicht vor- enlhalten wollen. Ein Unglück, wie es in den Annalen der Eisenbahnen Deutschlands wohl beispiellos da- stedt, ereignete sich in der Nacht vom 16. zum 17. Juli auf dem Bahnhofe der Magdeburg- Halberstädter Eisenbahn „Buckau." Am Sonn tage waren eine große Anzahl Vergnügungsrei- sende von Magdeburg und Umgegend nach der Roßtrappe, dem schönsten Punkte des 11 — 12 Meilen entfernten Harzgebirges gefahren, um sich der Natur zu erfreuen, und kehrten circa 700 Personen Abends 9 Uhr mit dem letzten Personen zuge von Lhale nach Magdeburg zurück. Auf dem Bahnhofe Buckau, Meile von Magde burg entfernt, auf welchem die Personenzüge nicht anzuhalten pflegen und der in einem Gefalle von Vzoo liegt, fuhr jener Zug mit einer ziemlich be deutenden Geschwindigkeit auf die im Hauptgleise befindlichen Wagen des Dortmund-Berliner Ver bandgüterzuges, der vor ihm dort eingetroffen war. Die Wirkung dieses Zusammenstoßes war eine außerordentliche und läßt sich leicht erklären, wenn man bedenkt, daß der 120 Achsen starke Güterzug vollständig gebremst und die letzten Wagen lheils mit Bandagen, tbeils mit Schie nen schwer belastet waren, mithin dem kommen den Zuge einen großen Widerstand bolen. Die Maschine des Pcrsonenzuges fuhr in den am Ende des Gütcrzuges befindlichen Verbandspack- meisterwagcn hinein und kletterte mit demselben auf den nächsten Wagen, einen mit Bandagen beladenen Köln-Mindener offenen 200 Centner- wagen, mit allen sechs Rädern, sodaß dieselben 3 Fuß über den Schienen standen. Aus dem Pack wagen befanden sich noch Coupes I.und II. Wagcn- classe. Die Maschine wurde stark beschädigt, der gußeiserne Schornstein abgerissen, die (Zylinder zertrümmert, die Smok box eingedrückt und alle vorstehenden Tdeile theilS verbogen, lheils abge brochen. Der Lender wurde auf die linke Seite geschleudert und stürzte um; der dem Tender fel gende Packwagen wurde gegen die Maschine ge drückt und zwei Personenwagen fuhren, das Ober gestell desselben zertrümmernd, auf denselben; zwei Personenwagen und der Postwagen stürzten mit vollständig zertrümmerten Giebeln um, andere wurden total zersplittert, ein großer Thcil der übrigen Wagen mehr oder weniger beschädigt. Wenngleich es das Schicksal wollte, daß die Passagiere der ersten beiden Personenwagen fast sämmtlich bereits auf früheren Stationen ausge stiegen waren und so das Unglück in seinen Folgen nur gemäßigt auftrat, so war die Katastrophe für das Zugpersonal sowohl als für die Passagiere immer noch im hohen Grade verderbenbringend. Der Führer Thiele wurde sofort gctödtet; ihm war die Brust aufgerissen, sodaß die inneren Theile entblößt lagen, der Hals war durchbohrt und der Körper an verschiedenen Stellen stark verbrannt. Der Heizer Bode war zwischen der Maschine und dem Untergestelle des Packwagens festgeklemmt und lebensgefährlich verwundet. Alle Anstrengungen, ihn aus seiner qualvollen Lage zu befreien, schei terten, erst um 6 Uhr früh und nachdem er noch 1f Stunden gelebt batte, konnte sein Leichnam nach Aufräumung der Trümmer mittels Sage und Meißel aus seinen Fesseln befreit werden. Außer dem wurden durch den Unfall noch 3 Männer sofort gctödtet, 11 (Zivilpersonen, darunter 1 Brem ser und 3 Militärpersonen, schwer verletzt. Die Zahl der Leichtverwundeten ist zwar nicht zu er mitteln, da dieselben so schnell es ihnen möglich war den Schreckensort verließen, jedoch ist die selbe gewiß nicht unbedeutend. Man kann sich ein Bild von der außerordentlichen Verwirrung machen, welche unter den in den Wagen befind lichen theils verwundeten Reisenden nach der Ka tastrophe entstand, wenn man bedenkt, daß die Wagen thcilweise umgcstürzt und deshalb die Lhü- ren nicht zu öffnen waren, daß der Unfall sich mitten in der Nacht ereignete und die Passagiere sich nach überstandenen Anstrengungen des Tages auf der Fahrt dem Schlafe überlassen hatten, daß endlich die Anwesenden durch den stark ausströ- menden Dampf und das Wchgeschrei der Ver wundeten wahrhaft betäubt wurden. Die Hülfe erfolgte schnell; wer in der Nähe und unverletzt war, auch die Besinnung behalten hatte, eilte herbei, es wurde Militär und Docto- ren requirirt und die Kranken, nachdem ihnen die erste ärztliche Hülfe geworden war, nach dem Krankenhause geschafft. Bald trafen auch die Arbeiter der Eisenbahn ein und wurde erst jetzt von diesen unter Leitung der technischen Ober- Meißner Kalender F