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Von den Noch in keinem Jahre ist die civilistrte Welt, ist das Chor der Feinschmecker, wie der gewöhn liche Mann aus dem Volke, so in Bezug auf die Spesen in Sorge gebracht worden, als im ver flossenen. Nicht etwa deshalb, daß man nicht ge wußt hatte, woher Speise nehmen, sondern weil man vielen Speisen und gewiß oft LieblingSspei- sen nicht recht trauen durste. Gar mancher saf tige Schinken und manche lockende Wurst wurde lüsternen und zugleich ängstlichen Blickes bei Seite gelassen. — Aber weshalb denn? woher diese Furcht? Ein kleines Würmchen — lUckioa spiralis — spiralförmiger Haarwurm — hatte solche Furcht in die Menschen gejagt. Es waren, nach vorheri gem Genüsse von Schweinefleisch, Erkrankungen, ja sogar unerklärliche Todesfälle, wenn auch selten, vorgekommen. Die Sektionen hatten ergeben, daß im Muskelfleisch der Verstorbenen kleine, weiße Pünktchen in Masse vorhanden waren. Weitere Untersuchungen ergaben, daß diese Pünktchen nichts anderes seien, als Kapseln kleiner Würmchen, Woh nungen der Trichine. — Das Schwein, für den Menschen als Träger des Bandwurmes durch seine Finnen gefährlich, kommt von neuem in Verdacht, dem Menschenge« schlechte einen 2. Schmarotzer zuzuführen. Im Fleische trichinenkranker Schweine finden fick mikroskopisch recht gut sichtbar Trichinen kapseln ebenfalls vor. Sobald der Mensch Fleisch von solch krankem Schweine genießt, gelangen na türlich die Würmerkapseln in den Magen, durch welchen sie hindurch gehen. Im Darmcanal an gekommen, springt die Kapsel, und aus der, oft Jahre verschlossenen Gruft, steigt das Würmchen. Binnen kurzer Zeil erreicht es seine völlige Aus bildung, auch der Geschlechtsunterschied und die Begattung tritt em. Das Weibchen gebiert eine unzählige Menge Junge, die so klein sind, daß nur ein ziemlich scharfes Mikroskop sie sichtbar macht. Die Alten sterben bald darauf und gehen mit den Exkrementen fort. Die zurückbleibenden noch geichlechislosen Jungen aber sind es, die nun die Quäler des Menschen werden. Sie durchbre chen, indem fie sich zwischen den einzelnen MuSkel- fäserchen hindurch bohren, die Wand der Gedärme, um dann ihre Wanderung fortzusetzen. Auf diese Weise gelangen sie selbst bis in die Muskeln der Arme und Beine. Endlich suchen sie sich einen Paffenden Ruhepunkt zur Einkapselung. Sie lie- Trichinen. gen still und ihr bisher gestreckter Körper bildet allmählig eine Spirale, überzieht sich nach und nach mit einer harten Schale, die endlich den ganzen Körper einschließt. In dieser Lage harrt nun die emgekapselte Trichine, bis einst das sie umgebende Fleisch in den Magen eines andern Geschöpfes ge langt. — Woher kommt es nur aber, daß man das Alles erst jetzt findet? Hat man denn erst jetzt diese Thierchen und ihre üblen Folgen für den Menschen kennen gelernt? — So fragt wohl man cher ganz unwillkührlich. — Diesen zum Tröste: Die Trichine ist durchaus nicht ein Geschöpf un serer Zeit; sie ist schon früher gefunden, beobachtet und beschrieben worden; allein einmal hielt man wobl den kleinen Wurm für zu unbedeutend, zum Andern waren die vorgekommenen Fälle wahr scheinlich zu selten und gering, als daß fie hätten Furcht erregen können. - Bereits im Jähre 1761 beobachtete Röderer eine Krankheit, die unter ähnlichen Erscheinungen aufkrat, die Trichinenkrankheit. Er schrieb an den berühmten Naturforscher Götze, daß er im Stuhl gänge Trichinen gesunden habe. Man hielt die Krankheit damals für ein nervöses Fieber. Auch in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts hat man sebr genaue Beobachtungen und Forschungen angestellt. In der neuesten Zeit haben sich Män ner, wie vo. Küchenmeister, vr. Niemann und andre, durch die genaue Erforschung des Entstehens und Lebens der Trichinen große Verdienste erworben. Da nun erwiesen ist, daß nur im Schweine fleisch die Trichine ihren für den Menschen gefähr lichen Sitz hat, so wäre eigentlich die beste Si cherheit die Wiedereinführung des mosaischen Ge setzes, das gänzliche Verbieten des Schweinefleisch essens. Jeder aber von uns weiß nur zu gut, wie delicat ein Stück saftigen Schinkens, oder Schweinebratens, oder frische Wurst schmeckt, ganz natürlich muß man doch wohl noch andre Wehe suchen trotz des Genusses trichinenfrei zu bleiben. Es ist erwiesen, daß es Gegenden giebt, in denen Schmarotzerthiere in viel höherem Grade verbrei tet sind, als in anderen. So werden die Schafe, die in feuchten Moorgründen oder Wiesen weiden, viel mehr mit Leberregeln befallen werden, als solche in trocknen Gegenden. — So kommen im Holsteinischen diese Leberre geln so häufig vor, daß kaum ein Vieb völlig frei davon ist, ausgenommen davon find solche