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A n e c d o t e n. Eine Dame sagte einst zu ihrem alten Die ner, er solle in das Vorzimmer gehen und nach sehen, ob der Thermometer gefallen sei. Er ging und kam schnell mit der Antwort zurück: „Madame, es hängt noch wie immer an Orl und Stelle." — „Haufen Sie doch dies Kleid, meine schöne Dame," sagte der Diener in einem Laden, wo seidene Zeuge zu baden waren, zu der Frau von N. „Dieser Stoff hält ewig, und dann können Sie noch immer einen Schlafrock daraus machen lassen." Ein Mann, der sehr zerstreut war, schrieb Folgendes an seine Tbüre: „Ich komme hente erst gegen Mitternacht nach Hause. Sollte es zu dun kel sein, um dies zu lesen, so bitte man den Nach bar um Licht." — Die Vorsteher eines Hospitals batten einem Menschen wegen großen Vergehens zwei Dutzend Stockschläge zucrkannt. Der Kerl gebildete sich aber schon beim eisten Dutzend so übel, daß die Vorsteher ibm da- andere schenkten. „Nun, Gott wolle cs Ihnen im vollen Maße zukommew lassen!" sagte der Begnadigte. — Ein Reisender zu Pferde hatte das Unglück zu stürzen und ein Bein zu brechen. Es war in der Nachbarschaft eines Dorfes, die Bauern fanden ibn und brachten ihn in den Krug. In diesem befand sich ein Jude, der den Umstand zu seinem Vortbeil benutzte, sich für einen Arzt aus/ gab und dem Reisenden versprach, ibn wieder zu heilen. Statt dessen aber stahl er ihm in der Nacht das Pferd und ritt davon. Der Patient wurde darauf durch einen benachbarte» Wundarzt geheilt, mußte aber nun seine Reise zu Fuß fort- i'etzen. Als er sein Unglück erzählte, und den Betrug des Juden dabei erwähnte, sagte Jemand zu ihm: „Aber der Jude bat doch Wort gehal ten!" — „Wieso?" — „Er hat Ihnen ja wirk lich au? die Beine geholfen." — Eine sehr arme Stadt machte einen beträcht lichen Aufwand mit Freudenfesten und Erleuch tungen bei der Durchreise eines Fürsten. Als dieser seine Verwunderung darüber äußerte, sagte ein Hofmann: ,,Ew. Durchlaucht, diese Stadt hat nur gethan, was sie schuldig ist!" — ,„DaS ist wahr," entgegnete ein Anderer; „allein sie ist alles schuldig, was sie gethan hat." — Ein Labmer, der nur ein Bein batte, begeg nete einem Blinden, der nur ein Auge hatte. Wie gehtS, mein Herr? fragte dieser. — „Wie Sie sehen" antwortete je:er. — Ein englischer Lord wollte den berühmten Dichter Johnson kennen lernen und ließ ihn des halb zu sich einladen. Er erschien; aber in ei nem so ungefälligen Anzuge, daß der Pförtner ihn nicht für voll ansah, und ihn nicht herein lassen wollte. Der Lord kam dazu und fragte den verkannten Dichter, wer er sei, und was er wolle? — Dieser antwortete: „Ich bin Jobnston." — „Ei unmöglich," sagte der Lord, „Ihr sebt ja aus, als wenn Ihr nicht einmal Bo zu einer Gans sagen könntet." — „Bo!" erwiederte der Dichter, indem er sich zum Lord hinbeugte. — » Ein Großsprecher, der bei seiner Prahlsucht auch höchst unwissend war, wollte in allen den Städten und Ländern während seiner Reisen ge wesen sein, von denen zufälligerweise in Gesell schaften gesprochen wurde. — „Wenn Sie so viel gereiset sind," — sagte daher einer der Anwesen den „so müssen Sie wohl auch sehr gut in der Geographie (Erdbeschreibung) bewandert sein?" — „Nein, dort bin ich nicht gewesen," antwortete der Thor, -,aber dicht vorbei bin ich gereist." --- Ein Jude kam e'nes Morgens zu einem Kaufmann, mit dem er Handelsgeschäfte hatte, um darüber mir ihm Rücksprache zu nehmen. Nach abgemachter Sache bot der Kaufmann dem Juden ein Frühstück an. „Nein", sagte der Jude, „ick danke, ich kann nicht." „Warum denn nicht?" fragte der Kaufmann. „Warum? ich darf, ich kann doch nicht, denn ich muß Ihnen nur sagen, für's erste haben wir Juden beute Fasttag, und für's zweite habe ich schon gefrühstückt." - In einer gewissen Gegend findet sich am Ufer eines Flusses ein behauener Stein mit folgender Inschrift: „Jeder Reisende wird hiermit gewarnt, diesen Weg nicht zu pasfiren, wenn dieser Stein unter Wasser gesetzt ist." — ES klagte ein Landmann einem andern seine Noth, daß die Maulwürfe seine Wiese zerwühlten. „Da ist zu Helsen", sprach der andere, „laß Deine Wiese nur pflastern." —