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Oie auseinander gekommenen Sachsen griffen in einzelnen Haufen verschiedene in zweiter Linie stehende und durch Artillerie geschützte russische In« fanteriestellungen mit abwechselndem Erfolg an. Bei dieser Gelegenheit wurde der Oberst Leyser schwer verwundet und gefangen. Oer Major Hoyer blieb hier; andere Offiziere und Reiter, die vermißt wur den, sanden sich später wieder ein, nachdem ste sich hatten durchschlagen müssen. Das Lenken und Auf« halten eines Reiterregiment» unter solchen Umständen gehört unter die frommen Wünsche. Leute, die Muth haben, verfolgen und attakiren den Feind, so lange sie können. Die Garde dü Corps wußten ja, daß hinter ihnen noch 4 Aürassicrregimenter (Zastrow, ein polnisches und 2 westfälische) folgte», auf deren Unterstützung sie sicher rechnen konnten. Roth erzählt nun über sein eigenes augenblick liches Beginnen: „Da mein Pferd von der linken Seite her verwundet worden war, so sah ich wich nach links um und erblickte dort eine Batterie und mehre russische Reiterregimenter; rechts vor denselben mochte nvck russische Infanterie stehen, was ich indeß bei dem Artilleriefeuer und dem Pulverdampf nicht genau erkennen konnte. Ich sah mich hierauf nach einem andern Pferde um; d?e zunächststehenden waren aber blesfirt, und ein russisches, daS ich schon bestie gen hatte, ging, als ich ihm die Sporen in den Leib rannte, nicht vom Flecke, sodaß ich im Begriff war, mit einer Pistole in der Hand zu Fuß abzuziehen, ohne recht zu wissen, wohin ich mich flüchten sollte, da ich überall Feinde erblickte. Der Gedanke, ge fangen und gemißhandelt zu werden, hatte mich ganz bcmeistert. Durch einen Glück-umständ kam 'itzt ein herrenloses Pferd mit einem Trupp Garde dü Corps so nahe an mir vorbei, daß ich es auffanqen und mit einem Schwarm von Reitern, die zurückgingen, abziehen konnte. Meine Gewandtheit im Boltigiren kam mir dabei trefflich zu Statten, denn zum Auf- steigen war keine Zeit. Bi- dahin war immer noch die schönste Gelegenheit gefangen zu werden vorhan den, denn ich wurde, bevor ich in den Sattel ge langte, von dem Pferde eine ziemliche Strecke mit fortgeschleppt und verdankte nur dem Umstande, daß das Thier den anderen nacheilte, meine Rettung. Die feindliche Reiterei schickte u»S schon mehre Ab« theilungen auf den Hal«. Eine solche Abtheilung kam der zurückjagenden Garde dü CorpS in die Flanke und eine andere in den Rücken; dir größere Masse ging aber dem Regiment Zastrow entgegen, das zum größten Lheil noch im Verfolgen der Dragoner be griffen war. DaS Regiment Zastrow, bei dem sich der General Thielmana befand, hielt aümälich an, alS ich auf dasselbe »mitt, und der Theil der Garde dü Corps, der am Zeitigsten Halt gemacht, schloß sich ihm an. Die Offiziere bemühten sich die Mann schaft zu ordnen, was aber nicht vollständig gelang, da fortwährend einzelne Trupps mit feindlichen Rei tern vermengt zurückkamen und sich an den rechten Flügel anschlossen. Als der General jetzt die russische Reiterei von der linken Seite herancücken sah, bracht« er es zwar dahin, daß die sächsische Brigade, soviel davon beisammen war, wieder antrabte, und daß eine Art von Linksschwenkung begann; allein diese Bewe gung ging doch nur mit den abgehetzten Pferden lang sam von Statten und die russische Reiterei prallte jetzt an die wenig geordnete Linie an, wobei sich als dann Jeder seiner Haut wehrte, so gut es gehen wollte. Der Premierleutnant von Beulwitz wurde gefangen, und sehr vieleOffiziere verwundet. Endlich entschied ein mit Lanzen bewaffnetes russische- Husaren« regiment durch einen Angriff auf unsre linke Flanke. Obgleich die Majors von Schönfeld und von Rehr hofs wacker dagegen anstemmtcn, so kehrte zuletzt doch Alle« um, und wir wurden beinahe bi- auf den Punkt wieder zurückgetrieben, wo die polnischen Kürassiere noch die Gefangenen sammelten. Der General Thiel- mann war bei dem Angriffe der Russen selbst ge« nöthigl, sich mit feindlichen Reitern tüchtig herum zuschlagen, um nicht gefangen zu «erden. Gewiß gereicht es der Mannschaft zur Ehre, daß in diesem Handgemenge keine von den 8 Estandarten einge- büßt wurde, und daß die Russen wenig Gefangene machen konnte». Als nun auch die westfälischen Kürassiere zu unsrer Unterstützung herankamen, machten wir wieder Front und fanden nun Zeit zur Ran« girung." Gleich hernach kam der General Lateur-Mau- bourg wieder zu den Sachsen und befahl, da der Feind hier abzog, hinter die Infanterie in die Niede rung zurückzugehen. Hier blieben die Sachsen dem Feuer der von den Russen wieder besetzten Rajeffsky- schanze au-gesetzt und verloren im unthätigen Aus harren wiederum viele Leute und Pferde. Glücklicher weise fand der Leutnant Roth seinen Diener wieder und so konnte er eins seiner Handpferde besteigen, so daß r, nun wieder gutberitten war. Es mochte gegen t Uhr Mittag- geworden sein, und bi- z Uhr stand die sächsische Brigade dem Feuer der Russen au-gesetzt, ohne etwa- Erhebliches zu unternehmen, höchstens daß ste «knigemale auf Anordnung de- Ge nerals Latour« Maubourg kurze Bewegungen im Schritte link« seitwärts machen mußte, worüber Thiel- mann sehr ungehalten war, der nicht Lust hatte, „sich zur Kommandirmaschine herabwürdig«« zu lassen",