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Konditor lieferte täglich 400 Stück Obst- und Bis- quilkcrten. Daneben lieferten die Fischer täglich Un massen von Fischen allerlei Art. Mit verschiedenen Händlern waren Lieferungskontrakte über Geflügel, Wild, Butter, Milch, Eier, Gemüse rc. abgeschlossen worden, und es verdient Anerkennung, daß alle Be- lheiligte nicht nur die Kontrakte gewissenhaft auSge- führt, sondern noch weit über die eingegangencn Ver pflichtungen hinaus angeschafft haben. Die allge meine Begeisterung für das Fest hatte auch die Hö kerinnen angesteckt. — Der Speisesaal faßte gegen 5000 Personen, die zwei Bierlokale auf dem Fest, platze 1000 Personen. Zählt man hierzu das oben aufgeführte Heer des Dienstpersonals, so hatte die Wirtschaft täglich für 6000 bis 7000 Personen zu sorgen. Von dem Umfange der Küche kann man sich einen Begriff machen, wenn man erfährt, daß darin 21 Stück Kochkessel mit 6000 Kannen Raum, 6 Oefen, .jeder für 200 Pf. Braten und einer für 50 Pf., 6 Kochherde und 1 Kaffeeherd aufgestellt waren. Sämmtliche Baulichkeiten waren mit Moos, Reißig, Blumen und Flaggen, über allen stets hie schwarzrotgoldene, geschmückt. Mancherlei Hindernisse, Schwierigkeiten, Miß verständnisse und Unfälle stellten sich den Vorberei tungen zum Feste entgegen. Sie sind glücklich alle überwunden worden. Zwei Fälle waren so bedeu tend, daß sie das ganze Fest im Voraus zu verder ben, wo nicht unmöglich zu machen drohten. Zuerst die an Mailänder Schützen erlassene Einladung, auf dem deutschen Bundesschießen als Gäste zu erschci- nen: eine Einladung, die freundlich angenommen worden war, aber unter den deutschen Ultramonkancn, besonders in Aitbaiern, einen wahren Sturm von Entrüstung und die Erklärung hervorrief, neben den Italienern gar nicht erscheinen zu wollen. Diese Letzteren meldeten nun sofort in einem verbindlichen, ihrem Dildungsstande mehr al- dem ihrer Gegner Ehre machenden Schreiben, daß sie nicht Ursache zu Mißhelligkeiren geben wollten und deshalb nicht er scheinen würden. Noch gefährlicher erschien der zweite Fall. Am Sonntag, den 6. Juli, genau eine Woche vor dem Beginn des Festes, war die Einrichtung sämmtlicher Baulichkeiten aus dem Festplatze vollendet und der Kvmitü hatte eine Vorfeier für seine Frankfurter Mitbürger arrangirt, da diese voraussichtlich während der eigentlichen Festwoche wenig Gelegenheit hatten, die herrlich geschmückten Räume zu besuchen. Viele Tausende waren hinausgezogen auf den Festplatz. Ueber 2000 Personen nahmen an dem Bankett Theil. Es war eben zu Ende, als Nachmittaas 4 Uhr ein Regenschauer die auf dem Festplatze Versammelten in die Halle trieb. Gleich darauf verwandelte sich der Regen in einen Wolkenbruch, der ganze Himmel überzog sich tiefschwarz, und ein furchtbarer Orkan brauste über die Fläche hin, rüttelte an den Säulen der Halle, verfing sich an den zum Schutze gegen die Sonne aufgezogenen Segeltüchern, zerriß die Fahnen und jagte Hüte, Stöcke, Schirme, Man- tillen und allerlei andere Kleidungsstücke über den Köpfen der dichtgedrängten Menge in tollem Wirbel umher. Zugleich strömte der Regen mit solcher Ge walt und in solcher Masse zu den offenen Seilen der Halle herein, daß diese alsbald in einen wogen den See verwandelt war, und die hilferufenden Frauen und Kinder und die erschrockenen Männer auf Tische und Bänke steigen mußten. Auf allen Gesichtern zeigte sich tödtliche Angst und Verzweiflung, welche ihren höchsten Ausdruck in einem aus raufend Keh len zugleich ertönenden Schker dcS Entsetzens fanden, als plötzlich die Halle sichtbar zu schwanken und zu wanken begann, als Brcter, Balken und Kronleuch- ter niederstürzlen und mit furchtbarem Krachen ein Thril des Daches verschwand und den mit dickem Hagel untermischten Wasserfluthcn auch von oben freien Zutritt verschaffte. Nun stürzte und drängte, um nicht von den Trümmern der Halle erschlagen zu werden, Alles den Eingängen zu; aber der vom Sturme gepeitschte Regen, das Heulen des Erur- mes und das Wimmern und Gekreisch der geäng stigten Menge verwirrte die in einander geschlunge nen Menschenknäucl nur noch mehr. Alles stürzte über und durch einander, und nur durch den Trieb der Selbsterhaltung vorwärts getrieben, erreichte nach und nach die Menge das Freie. Hier aber wuroen Viele von dem entfesselten Sturme zu Boden, oder vielmehr in Schlamm und Wasser geworfen und lagen halb bewußtlos da, der Gefahr des Ertrinkens ausgesetzt Anderen waren die Kleider vom Leibe gerissen. Zusammengehörige hatten im furchtbaren Gedränge einander verloren und suchten sich gegen seitig schreiend und händeringend. Nach wenigen Minuten waren Sturm und Gewitter vorüber, und die Sonne lachte wieder so hell, als wenn nichts geschehen wäre. Nun eist ließen sich die Verwüstungen übersehen. DaS vom südlichen Flügel der Halle herabgestürztc Dachwerk war vom Wind aus die Spülküche geschleudert, hatte diese zertrümmert und leider dabei 2 Küchen mädchen erschlagen. Der ganze südliche Flügel der Halle hatte seinen Halt verloren, war theilweise zer-