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ein, xnd in der Sitzung vom 9. beantragten Oester reich und Preußen, der Bundestag möge die kur fürstliche Regierung um Rücknahme der Wahlver- vrdnung ersuchen. Zugleich schickte der König von Preußen einen Generaladjutanten nach Kassel, der dem Kurfürsten ein eigenhändiges Schreiben des Königs mit gleichem Ersuchen überreichen sollte. Diesen königlichen Abgesandten wollte zuerst der Kurfürst gar nicht empfangen, nachher ließ er ihn zwar vor, behandelte ihn aber in einer für den König wie dessen Gesandten gleich beleidigenden Weise und ließ schließlich, nachdem der Bundestag in ungewöhnlicher Eile den österreichisch-vreußischen Antrag zum Beschluß erhoben hatte, seine Weigerung, demselben nachzukommen, erklären. Als aber nun Preußen zwei Armeekorps marschbereit machte, nahm der Kurfürst die Wahlverordnung zurück. Nun verlangte Preußen zur Sühne der ihm in seinem Abgesandten angethanen Beleidigung die sofortige Einlastung des kurhesfischen Ministeriums und die mittlerweile auch vom Bundestage beantragte Wie derherstellung der Verfassung von 1831, und als 24 Stunden nach Stellung dieses verlangens noch keine Antwort erfolgt war, reiste der preußische Ge sandte aus Kassel ab, worauf die vorgedachten zwei preußischen Armeekorps sich der kurhesfischen Grenze näherten. Zwar nahm der Kurfürst nun die Wahl ordnung zurück, mit Entlassung seines Ministeriums aber und mir Wiederherstellung der rechisbestän- digen Verfassung zögerte er noch länger. — In Dresden trat ein außerordentlicher Landtag zu sammen, um zur Anerkennung des französischen Handelsvertrags und zum Bau einer Eisenbahn auf Staatskosten durch das Boigtland Mch Eger seine Zustimmung zu geben. — In Petersburg wurde eine weitverzweigte Verschwörung unter den Offi zieren der russischen Garde entdeckt. — In Mexiko wurden die Franzosen geschlagen und geriekhen in Gisahr, gänzlich aufgerieben zu werden, da ihnen auch der Rückzug nach der See abgeschnitten war. In Frankreich rüstet man eifrig, ihnen zu Hilfe zu kommen. — Die Unionisten eroberten die Stadt Norfolk, bei welcher Gelegenheit die Conföderirten selbst ihre dortigen Schiffswerften verbrannten und ihr großes Panzerschiff Mcrrimac in die Lust spreng ten. Am 31. aber siegten die Conföderirten nach einer zweitägigen Schlacht über die Unionisten unter M'Clellan, die darauf die Belagerung von Richmond aufheben und sich zurückziehen mußten. Juni, Das preußische Abgeordnetenhaus sprach sich in der Adreßdebatte wie in der Adresse selbst dahin aus, daß rS kein Vertrauen zu dein gegenwärtigen Ministerium habe. Der König ant wortete beim Empfang der Adresse, er befinde sich mit seinem Ministerium in Uebereinstimmung. Seit dem beschäftigt sich das Abgeordnetenhaus mit den Vorberathungen über das Budget und geht dabei mit gewissenhaftester Sparsamkeit und unverhohlen stem Mißtrauen gegen das Ministerium vor. Die Entscheidung in der wichtigen Militärfrage ist nicht vor September zu erwarten. — Gedrängt durch die an der Grenze harrenden preußischen Truppen entließ endlich am 12. der Kurfürst sein Ministerium und ließ durch den General Loßberg ein neues, einiger maßen liberales bilden. Dann aber blieb er wieder stehen, genehmigte nicht das Programm des neuen Ministeriums und vollzog auch nicht dessen Er nennung, bis er plötzlich ein Ministerium volks feindlichster Vergangenheit ernannte, ungefähr der Richtung des jetzigen preußischen Ministeriums an gehörend, und nach dieser offenbaren Verhöhnung Preußens die Verfassung von 1831 wiederherstellte. Was weiter in Kurhessen erfolgen wird, läßt sich bei der schwer zu berechnenden Sinnesart des Kur fürsten nicht Vorhersagen. Die preußischen Truppen zogen sich von der Grenze Hessens in ihre Garni sonen zurück, ohne irgend welche Lorbeeren geerntet zu haben. — In Petersburg setzte eine Reihe be deutender Brandstiftungen, die sich fast täglich wiederholten, Alles in Angst und schrecken. Der russische General Lüders, Gouverneur von Polen, ward in Warschau durch einen Pistolenschuß in den Hals gefährlich verwundet. Wenige Tage später ernannte der Kaiser, den Großfürsten Konstantin, seinen Bruder, zum Statthalter des Königreichs Polen. Doch konnte auch diese Ernennung den feindseligen Sinn der Polen nicht versöhnen. — Eine große Versammlung von Bischöfen aus allen Theilen der katholischen Christenheit fand sich in Rom ein zur Heiligsprechung japanesischer Märtyrer. Sie trieb neben diesem religiösen Zweck auch welt liche Politik und gab eine Erklärung für die Er haltung der weltlichen Herrschaft des Papstes ab. — In Belgrad, der Hauptstadt Serbiens, fanden Reibungen zwischen der christlichen Be völkerung und der türkischen Besatzung statt, die zu mehrfachen Tödtungen führten. Das erbitterte Volk siel nun über die Türken her, die sich in die Festung retirirten, worauf der dieselbe komman- dircnde Pascha die Stadt bombardirte, bis den Bemühungen der fremden Konsuln die Einstellung des Bombardementes zu vermittln gelang. So sammelt sich überall Zündstoff. Dir Explosion ist nahe!