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Die deutsche Schützenfahrt nach La Chaux de Fonds. DaS eidgenössische Freischießen des Jabres 1863, gefeiert im Eanton Neuenburg, dem „Ben jamin" k>er eidgenöisiichen Cantone, hatte in zwei facher Richtung eine hervorragende Bedeutung. Es war ausgezeichnet in politischer, speciell schweize rischer Beziehung, in sofern dasselbe als eine Mani festation deS Volkswillens angesehen wurde, wonach dieser Eanton gleich den übrigen sür alle Zeiten untrennbar mit der Eidgenossenschaft verbunden zu betrachten sei, und es war ausgezeichnet durch die Färbung, welche das Fest durch den Besuch der italienischen, vor allen der deutschen Schützen erhielt. Um jene erstere Seite würdigen zu können, Muß man mit dem Ebarakter der eidgenössischen Freischießen und der Auffassung bekannt sein, welche denselben in der Schweiz zu Tbeil wird. Ich glaube dieselbe nicht besser wiedergeben zu können, al- indem ick einige der Worte anfübre, mit welchen der Präsident des eidgenössischen Eomitö in Stanz (Eanton Unterwalden), dem vorletzten Festorte, die erdgenöl'siscke Schützenkahne „das stolze Panier der eidgenWicken Schützen" dem Präsidenten des Eentralcomite in La Ebaux de Fonds übergab: ,,Wi^ bringen es", sagte er, „aus der Hei- matb Winkelrieds vomFnße der stolzen Alpen durch die blühenden (Nauen unseres Vaterlandes zu Euch ans die äußersten Berge unseres Jura. Der älteste Sobn der Republik übergiebt es seinem jüngsten Bruder. Halten wir diese Fabne doch! Sie ist das Symbol unsere« größten, schönsten Volksfeste«, eines Festes der Verbrüderung aller Eidgenossen, eines Festes, wo die Angelegenheiten unseres Va terlandes von dem Volke vor dem ganzen Volke ausgesprochen werden, sie ist da« Symbol der freudig und freiwillig fick bildenden Wehrkraft Unseres Volke« " Ein Volksfest im wahren Sinne des Worts! nicht blos eine Feierlichkeit, veran staltet vom schweizerischen Sckützenverein, nur von einigen Klassen der Gei'ellsckaft besucht, von an dern scheu gemieden, sondern ein Fest, welches die Nation begebt, an welchem Tbeil zu nehmen Ebremache ist für den Höchsten wie für den Nied rigsten, auf welches die Augen Aller gerichtet find, ein Fest, wo die Angelegenheiten des Landes, die brennenden Fragen des Tage« von der Tribüne der Festballe herab freimüthig in ungefesselten Wor ten besprochen werden. So betrachtet, gewinnt eine Kundgebung, ausgehend von dem am Festorte versammelten Volke, reelle Macht und Bedeutung, und wenn daher in den Reden der Schweizer jene hervorgehodene Seite des diesjährigen FrejschießenS im Eanton Neuenburg wiederholt betont wurde, so war da mehr als bloße Phrase. Von dem gleichen Gesichtspunkte auS muß man den Empfang würdigen, welcher den deutschen Gästen von Seiten der Schweizer zu Theil wurde. Auch die Italiener werden sich über die ihnen gewordene Aufnahme, über die Sympathien, welche ihnen überall entgegen getragen wurden, nicht zu beklagen haben, nichts desto weniger bildete doch da- Erscheinen der deutschen Schützen, soweit den Re präsentanten einer fremden Nation diese Ehre überhaupt zu Theil werden konnte, den Mittel punkt des Festes. Der Zug der deutschen Schützen in die Schweiz gestaltete sich, sobald er den eidge nössischen Boden betreten hatte, zu einem wahren Triumpbzuge und selbst in dem großen Festzuge, welcher sich durch die reichgeschmückten Straßen von La Ehaux de Fonds am Morgen deS 12. Juli nach dem Festplatz hinbcwegte, waren e« die Deutschen allein, welche die im übrigen auffallend flau sich verhaltende Bevölkerung der Stadt zu enthusiastischen Hurrabrufen, Blumenspenden und Tücherschwenken binriß. Die Zahl der deutschen Schützen, welche sich in Frankfurt a. M. al« dem hierzu bestimmten Sammelplätze eingefunden batte, betrug nickt ganz dreihundert, auffallend klein im Verbältniß zu dem großen Umfange de« deutschen Schützenbunde-. Die Frankfurter, denen die Organisation deS Zu ges, die Vorbereitungen und Einrichtungen der Fahrt anvertraut waren, batten ihre Aufgabe nach Kräf ten gelöst. Am Morgen deS 10. Juli rückte man in grauer Joppe und grünem Sckützenhute, letzte rer mit der schwarz-roth-goldnen Cocarde und künstlichem Eichenlaub geschmückt, voran eine schöne Fadne in den nationalen Farben, nach dem Bahn hof, um den Zug zu besteigen, welcher die Schützen am Abend nach Basel bringen sollte. Die Fahrt bot, abgesehen von dem Empfange, ,welcher den Schützenfabrern an einigen Hauptstationen Seilen der Schützen und Turner der betreffenden Orte zu Theil wurde, nichts BemerkenswertheS, batte jedoch in sofern ihr Gutes, als sie den Tbeilnehmern der Fahrt, welche den verschiedensten Theilen Deutsch lands angehörten, Gelegenheit bot, einander kennen zu lernen und es ermöglichte, daß die Deutschen in der Schweiz in der Lbat al« ein compacte-, leidlich organifirtes und di-ciplinirte- Ganze er schienen. ES mochte hierzu auch das Bewußtsein beitragen, daß eS den deutschen Schützen vergönnt