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kommen zu erobern, irgend einen Heuboden oder Stall in Angriff zu nehmen. Ich kehrte in das Dorf zurück und spähete um dessen erste Häuser. Baid fand ich eine Thür, die nur durch einen Holzpflock geschloffen war und unzweifelhaft ein Stall sein mußte. Kaum hatte ich die Thür ge öffnet, als auch schon das liebliche Grunzen von Schweinen mich begrüßte. Gleichwobl zögerte ich niLt einzutreten. Das frische Stroh auf dem Fußboden des Stalles entzückte mich und zudem waren die Schweine in einen besonder» Verschlag gesperrt. Ich nahm mein Sacktuch hervor und befestigte es an die Kramme der Thüre und zu gleich in eine Ritze der innern Mauer. So war die Thür mindestens angelebnt. Dann grub ich mich tief in's «Stroh hinein, schlief schnell ein, ohne daß mich das öftere Grunzen meiner Genossen merk lich störte. Kälte weckte mich indessen. Als ich mich nun etwas emporrichtete, sah ich die Stallthüre weit offen stehen und mitten in der Oeffnung unter schied ich eine mir riesig vorkommende Gestalt, bewaffnet mit einem Spieß starr dastehen, das Anlitz unverwandt in den Stall gerichtet. ES war der Nachtwächter, der ohne Zweifel die Thür aufstehend gesunden haben mußte,« denn ich be merkte nachher, daß sich das Sacktuch von der Kramme gelöst hatte. Ich regte mich nicht vor Angst und erwartete ein trauriges Geschick, wenn man mich entdeckte. Doch der Wächter horchte nur noch eine Weile, dann schloß er die Thür und steckte den Pflock vor. Ich war gefangen. Aber weit entfernt, um in neue Unruhe zu gerathen, verließ ich mich auf einen glücklichen Zufall am Morgen, wühlte mich wieder tief in das Stroh und schlief weiter. Das heftige Grunzen der Schweine weckte mich auf'S Neue. Durch das kleine Fenster und die Spalte der Thür bemerkte ich, daß es Tag war. Jedenfalls meldeten sich meine lieben Schlaf kameraden zum Frühstück, und in der Tbat trat bald hernach eine Magd in den Stall. Entschlossen ging ich auf sie zu und bat die Betroffene um Mitleid, indem ich ihr die Ursache meines Hier sein- erklärte. Sie antwortete mir nicht, sondern eilte, nachdem sie mich noch scharf fixirt, aus dem Stall und schloß die Thüre wieder zu. Dies beunruhigte mich sehr und ich hielt mich nun ernst lich für bedroht. Indem ich untersuchte, ob sich nicht eine Flucht bewerkstelligen ließ, öffnete sich die Thür wieder und mit der Magd zusammen trat eine Bauerfrau herein. Sie sprach mich freundlich an, und nachdem sie mich gefragt, wes halb ich nicht am Abend zuvor in's Haus ge kommen, um ein Nachtlager besserer Art zu bekom men, lud sie mich zum Kaffee ein. Man denke sich die Freude eines Berfrornen, seit vierzig Stunden Hungernden, nach so viel bestandener Angst! Die gute Frau führte mich in die warme Wohnstube, in der um einen großen Tisch der Bauer mit den Knechten und Mägden frühstückte. Man sagte mir kurz einen guten Morgen und ließ mich ungestört, nicht einmal beobachtet, essen und trinken, so viel mir beliebte. Ich war mit einem Male wieder ausgesöhnt mit dem Vaterlande und ging fröhlich aus dem gastlichen Hause nach dem einige Stunden entfernten Saarbrücken zu. Hier hoffte ich soviel Hülfe wenigstens zu finden, um meine äußere Erscheinung anständiger herzustellen. Zugleich nahm ich mir vor, nach Trier zu gehen. Von dort wohnenden Kollegen und meinem Stande Nahestehenden war unter den Umständen doch allein nur eine durchgreifende Unterstützung zu hoffen. Gegen Mittag kam ich in Saarbrücken an. Ich durchschritt die freundliche, mit Gärten um gebene Stadt und gelangte endlich auf den Markt platz. Hier befand sich das Polizeiamt; hier wollte ich pflichtmäßig meinen Paß vifiren lassen. Der Polizei-Kommissar stand hinter einer Barre und schrieb. Niemand war sonst im Zim mer, aber gleichwohl beachtete mich der Beamte nicht. Ich machte Geräusch; ich redete ihn an — Alles umsonst. Endlich ersuchte ich ihn ziemlich verständlich um Abfertigung, worauf der Kom missar zornig emporfuhr und mich barsch an herrschte — ich war ja in Preußen! Gleichwohl nahm er meinen Paß; doch kaum hatte er ihn gelesen, als er murmelte: „Aus, Frankreich ver wiesen: — Lrpulse äs krance?" — Aha", wen dete er sich dann zu mir, „da haben wir ja wie der so einen Revolutionär — warte! Jour ¬ nalist? Ei seh' mal! Das sind solche Demagogen, Aufwiegler, Zeitungsschreiber — warte! Er will wohl hier nun wühlen, he? Und er denkt, ich werde ihnsnach Trier laufen lassen? Warte! „Und indem er den Paß zusammenschlug, herrschte er mich also grimmig an: „Der Paß wird nicht visirt und Er wird nach seinem Geburtsort mit GenSd'armen tranS- portirt — verstanden? Marsch dahin!" Dabei wies er auf ein Nebenzimmer, in ' welches ich auch gehorsam eintrat. Ein GenSd'arm arbeitete darin. Verstört setzte ich mich aus einen