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Wer das nickt mit angesehen vnd gehört, dec bat von der Bedeutung des Festes keinen Begriff bekommen können. Gegen Mitternacht rückte die aus der Leipziger TulnerfcuerwchrgeblldeteFestpolücimik einem Eigna- listen in die Hallewie in die Z.lre und gebot Feierabend, worauf Aves wivig noch der Stadt sich in Be wegung setzte. Dort freilich waren alle Restaurationen die Nackt hindurch vollgepfropft, und als bereits die Sonne aukging, erklang noch überall in den Slraß.n bas lustige „Gur Heil!" Der Montag, 3. August, glänzte in noch reinerem Sonnenschein, als dies schon am Sonn tag der Fall gew sin. Die Reveille eriönte durch die Straßen. In der z hüten Dvrmiltagsstunde zoaen die einzelnen Turnvereine mit ibren Fahnen und Standarten nach den ihnen angewiesenen Sam in« lplätzen, wo stck der ganze Gau oder Turnkreis zusammenfand. Auf dem Augustusplatze, die Pro- m nade entlang bis zum Königsplatze hin, stellten stch die Züge zusammen, zahlreiche Musikchöre an tun Spitzen. Schlag 12 Uhr stzte sich der große Turnerfest ug in Beweoung. Voran der Führer mit zwei Adjutanten zu Pferde, diesen nach ein berii- tenes Trompetcrckor. Nun zu Fuß der Ausschuß der deutschen Turnvereine, die Ehrengäste, dann der Leipziger Festausschuß. Hierauf der gewaltige» mehr als 20 000 Mann umfassende Zug der Turner; zuerst, wie billig, das Ausland, das aus Amerika, Australien, Enaland,Italien, Holland, der Schweiz, den russischen Ostseeprovinzen Vertreter der dort be stehenden deutschen Turnvereine gesandt hotte. Die verschiedenen deuiscken Länder kamen in 15 Turnkreise zusammengestellk und in diesen wieder nach dem Al phabet der einzelnen Länder undOrtschaften aufeinan der folgend, zuletzt die Sachsen und unter diesen, den Sckluß bildend, die Leipziger Turner. M>r jedem Turnkreis, jedem einzelnen Lande und jedem Orte ward an einer Stange der betreffende Name vorangetra gen, vor jedem Turnverein wehte seine Fahne. Es ist eine kaum zu lösende Aufgabe, zu sagen, wer dcu größten Eindruck von dem großartigen Festzuge mit hinwegnabm r die Turner, welche durch die unendliche Menschenmenge hindurch,ogen, aus allen Fenstern mit einem wahren Blumenregen überschüttet wurden, viel tausendstimmigen Zuruf unaufhörlich vernahmen und erwiederten, oder die, welche aus Fenstern, von Dächern, von Ecksteinen, Brunnen, Sreinkegeln oder von Wtigen herab den unabsehbaren Zug mit unzähligen Fahnen und Stand arten erblickten und begrüßten. Am begeistertsten wurden auch diesmal wieder die Schleswig-Holsteiner empfangen. Aber auch die Berliner, die in so stattlicher Anzahl gekommen waren, d>e Oesterreicher, zumal die Wiener und die Tirol,r, die Thüringer, die Schlesier, Baiern, Schwaben, Rheinländer, Hannoveraner, alle bekamen ihren Theil. Am Sckönsten machte sich der Anblick auf dem Königs platze, wo die zahlreichen Leipziger Turner noch standen, als die Sp tze des Zuges schon d e Trim- maische Straße, Riltersiraßc, Brühl, Nikolaistraße, Universitälsstraße, Eckillerstraße, Neumarkt Reicks straße, wiederum Brühl, den Markt auf allen vier Seilen, PeteMraße, Königsplatz, Zeitzerstraße durch zogen waren und den Festplotz betrat,n. Fast zwei Stunden dauerte der Zug an einer einziaen Grelle vorüber. W-lche Gastfreundlickke t, welcke Begeiste rung, welche Ordnung verbunden mit dem fröh lichsten Humor! Ais endlich der gawe gewaltige Zug auf dem Festplatze angekommen war und nach ihm die sich anschließende und andrängende Volks menge, da war auch der ganze weile Festplatz dicht gefüllt. Um daS Eteiaerbaus herum stellte sich der Zug. vr. Götz aus Lindenem hielt hier eine kernige Ansprache, die bei dem kräftigen Organ drs Redners fast an allen Punkten verstanden werden konnte. „Wir müssen", schloß der Redner, „der beste Theil der Juaend sein, wir müssen da für sorgen, daß im deutschen Vaterlande Männer erstehen, die ein einiges, freies Vaterland wollen, schaffen und schützen. Und wer das will, wer da nicht zu Tand, Lust und Gepränge gekommen ist, der rufe mit mir: Golt segne unser Vaterland!" Aus hunderttausend Kehlen wiedrrhallke dieser Ruf. Die Fahnen wurden hierauf als imposanter Schmuck an der Festhalle befestigt, und das allgemeine Schauturnen begann. Um 9 Uhr AbendS erregten die meisterhaften Uebungen der Leipziger Turner feuerwehr die allgemeinste Bewunderung. Oie Verbrüderung nahm während des ganzen Tages bis in die späte Nacht immer größere Verhältnisse an. Freundschaften wurden für's Leben geschlossen. Am Dienstag, 4. August, früh 8 Uhr, setzte sich der Zug der Leipziger Turner, begleitet von 2 Musikchören, in Bewegung nach dem Festplatze, wo das Schauturnen der Leipziger Vereine unter großer Aufmerksamkeit und reich gespendetem Beifall der fremden Turner statt fand. Die heiß hernieder brennende Sonne scheuchte bald die Schaaren nach den schattigen Zelten, während in der Festhalle die Tafeln zum zweiten Festbankett gerüstet wurden. Bei demselben wurde die vorgestrige Rede des Mi nisters von Beust von zwei verschiedenen Rednern, die an dem Tage, wo der Minister sprach, nicht