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bei' Altpreußen und der Oesterreicher, die wegen verspäteter Ankunft nickt wehr ersckeimn konnten. Bereits früh um 5 Uhr am Sonntag, den 2. Aumst, riefen d-e Musikcköre und daS Turner- trvmwelcorpS di>> Festßadt wieder rvack. Die Mehrzahl der gestern angelangten fremden Turner zogen hinaus auf den Festplatz, diesen zunächst in Augensckein zu nehmen. Befriedigung und Frevde spi-gelke sich auf Aller Mieren. Trotz b-m anqe> sckiaqenen Verbote wurden die Turna rälbsckaf en sofort versuckt, und der heikelste Himmel smaure hernieder aufdie rüstige deursckeJugei d und Männer- welk. In oerMitlagsznk siiömr.n Diele nack der Stadl zurück,, der Einladung ihrer freundlichen Ouartirrwirlhe zum Mnkaqkeffen Folge lei end, während gleichzeitig Tausende ihnen enrqeg nkamcn, die zu dem ersten Festessen in der großen Fenholle eilten. Dort waren an 150 Tafeln 60!,0 Couverts aufqel gt. Jedes Billet trug die Nummer d-r Tafel, und die Taf.ln hinwiederum hatten an ihren Endpunkten auf langen Stäben ihre Nummern deutlich erkennba- so daß es Jcd m leicht wurde, seinen Platz zu finden. Doch halte die Festh lle wie daS Mittagsessen an allen den M ßlickk.iien zu leiden, die man übe all bei solchen Massenzu- sammenkünfien findet. Die Speisen kamen in stun denlangen Zwischenräumen und so spärlich, daß das Festesten ganz der Genügsamkeit entsprach, die der Turnvater John dem Turner als Eigenschaft und Tugend empfiehlt. Das Sängerckor wurde nur im dritten Theile der Festhalle verstanden, die Redner kaum auf 20 Schritt. Ein Viertel nach 1 Uhr eröffnete Bürgermeister Koch von Leipzig die Festtafel, und Vicebürgermrister Cichorius krackte im Namen der Stadt Leipzig den versam melten Gästen den Willkommenyruß aus. Als ältester Turner erwiederte Pastor Braun er aus Belzig m Namen der Gäste den Gruß, sprach den Behörden, dem Festausschüsse und der ganzen Einwohnerschaft Leipzigs Dank für den überaus festlichen Empfang aus und schloß mit einem Hoch auf den König von Sachsen. Hierauf erg-.iff der sächsische Minister von Beust das Mort und hieß die Gäste im Namen der sächsischen Regierung Willkommen. Der hochgestellte Redner pflegt sich bei öffentlichen Ge legenheiten nicht dem Worte zu entziehen, und er besitzt die Gewandtheit, seiner Rede den Ton zu ge ben, welcher der Veranlassung entspricht. Co nahm er heute mit vollem Rechte Beziehung auf die alle Her zen durchdringenden freiheitlichen und dem gesamm- ten deutschen Vaterlande gewidmeten Ideen und Wünsche. Der Minister schloß mit einem Hoch auf die Eintracht im deutschen Vaterlande. Spätere R dner knüpften an die Worte d-s Mi nisters an, und nickt mit Unrecht bezeichnete Jakob Denedey die An vesenheit des Ministers und seine R de unter dem Wehen der Farben Schwarz-Roch-Gold als den giößken Triumph, den dir Tur- eiti gefeiert habe. — Es folgten noch mchre Reden, die aber bei der wachsenden Unruhe noch weniger verstanden werten konnten als die erstgeborenen. In derselben Z it, als auf dem Festplatze die Tafel, begann im Sckütz nbau<e der deutsche Turntag unkerVo sitz Georgii's aus Eßlingen. Aus dem Geschästsb richr«, d>n vr. Götz aus Lindenau vorrrug, ergab sich, daß der deutsche Lurn- verein gegenwärtig 170l Vereine Mit 170 000 Mitgliedern umfaßt. Beschlosst wurde: ein oll- gemnn-s deutsch,s Turnfest alle 3 Jahre, das nächste ,866 in Nürnberg, abzuhUlen; dafür zu so q n, daß das Turnen in alle Schichten der Deoölk rung dringe; eine P-nsionskaffe für die deutschen Vereinslehrer, ihre Wittwen und Waisen zu gr nden, zu d esem Zwecke ober zunächst einen Grund von 400 Thalern zu legen, und endlich den Londoner Turnverein entschieden zu unt rstützen. Einen aus Frankenberg eingebrachten Antrag, den H rzog von Koburg zum Protektor des keltischen Turnvereins zu ernennen, lehnte man ab. Dagegen beschloß man, dem Stadtraih von Leipzig zu Mitt woch, den 5- August, eine Marmortasel zu über reichen, welche am Rachhause als Denkzeichen an das dritte deutsche Turnfest angebracht werden solle. Zum Schluß wählte man den neuen Ausschuß, welcher aus 7 vom gejammten Turntage gewähl ten Mitgliedern und aus je einem Mitgliede der 16 Turnkreise besteht. Gegen Hg Uhr löste sich der Turntaq auf, und Alle vereinigten sich wieder auf dem Festplotze, wo nun das regste Leben be gann. Es war ein erhabenes, das Gemüth tief bewegendes Schauspiel, die Verbrüderung der deut schen Stämme anzusebm. Hier sitzen Rheinländer, Schlesier, Salzburger kommen hinzu: ,,Gut Heil!" ersckallt der laute, einstimmige Ruf. „Gut Heil!" tönl's zurück, die Hände werden gedrückt, ein frischer Trunk wird angeboren und angenommen. „Kommt, nehmt Platz!" Die Reihen vermischen sich; bald erklingt das brüderliche „Du" unter Leuten, die Hunderte von Meilen von einander entfernt wohnten und bisher von ihrem Dasein keine Ahnung hatten. Je weiter die verschiedenen Landesangehörigen von einander entfernt wohnten, um so freudiger be grüßten sie sich.