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tember 1861 sich das Leipziger Stadverordneten- Collegium in einer Zuschrift an den Sradtrath „bereit, die zu einer würdigen Feier des dritten deutschen Turnfestes erforderlichen Kosten zu bewilligen," und gab dem Wunsche Ausdruck, daß die Behörden die Wahl Leipzigs in jeder Weise begün stigen möchten. Und der Sladtrakh crwiederte am 16. October: „er sei dem Beschlüsse der Stadtverord neten einstimmig beigetreten und werde die Seitens der Letzteren ausgesprochene Bereitwilligkeit, die zu einer würdigen Feier des Festes erforderlichen Kosten zu bewilligen, entsprechend benutzen." Auch das sächsische Ministerium des Innern genehmigte auf ergangene Anfrage die Abhaltung des Turnfestes in Ln'püg. Darnach bestimmte der Ausschuß der deut schen Turnvereine sich einmülhig für Leipzig. Nürn berg wurde für 1866 zum Festorte gewählt. Der Leipziger Turnverein und sein Turnrath nahmen dir wichtige Sache sogleich ernstlich in Angriff. Nachdem sich der Turnrath durch geeignete Ver- einsmikglieder für die Festvorbereilung verstärkt hatte, wurden in rasch aufeinander folgenden Sitzungen die Einzelheiten, Voraussetzungen und Aussichten des Festes berathen. Der Beginn desselben wurde in Uebereinflimmung mit dem Funfzehner-Ausschusse des allgemeinen deutschen Turnkages auf den 2. August 1863 festgesetzt. Ais Festplatz wurde eine der Stadt Leipzig gehörige, an der Conncwitzer Chaussee gelegene und von dem Stadtratb bereit willig zur Verfügung gestellte Feldflu,, von 1,500,000 Quadrat-Fuß Umfang und in Form eines Vier ecks, gewählt. Auf der einen Seite dieses Vierecks ward durch den Architekt Lipsius die in Form eines Rechtecks erbaute, 324 Ell.n lange und 60 Ellen breite Festhalle ganz aus Holz ausgcsühct. Der schöne Mittelbau trägt zwei Thürme und zwischen diesen das kolossale Standbild der Germania. lieber beide Enden der Festhalle ragen ebenfalls Thürme empör. An der vorderen Seite der Bedachung waren 114 Fahnen mit den Farben und Wappen der einzelnen deutschen Staate« und der größer.n Städte angebracht. Oer Mittelbau trug zwei demsche Fahnen, von den b.lden Ecklhürmen da gegen der eine die sächsische Fahne, der andere die der Sradt Leipzig. Im innern Raume stand unter dem Mittelbau die Rednerbühne — leider, wie sich zeigte, unzweckmäßig, weil die Redner dem offenen Eingang gegenüber sprachen, und demnach ihre Worie, statt in der Halle selbst sich zu brechen, m's Freie hinausklangrn und im Innern kaum von den Nackststehenden gehört wurden. Unmit telbar bei der Rednerbühne saßen die Stenographen. Grgenüber den vorderen Eingängen befinden sich in der Halle 4 große Büsfits und dahinter 2 Küchen, jede von 50 Ellen Längs und 15 Ellen Breite. Die Beleuchtung geschieht durch Gas. Die Schank- und Speisewiclhschaft der Fest halle war von vier Leipziger Wirthen übernommen worden, die 250 Kellner in Dienst genommen und 2000 Dutzend Teller, 2000 Schüsseln, 6000 Paar Messer und Gabeln, 10,000 Bierqläser und eine ziemlich ebenso große Zahl von Weingläsern ange- schaffl hakten. Die übrigen Seiten des Festplatzes waren von Restaurakionszelten der verschiedensten Art be setzt, die sich übrigens an den Hauptfesttagen dem über alle Erwartung großen Besuche nicht gewachsen erwiesen. Es war zuweilen eine schwere Aufgabe, sich in dm Besitz eines Trunkes oder eines noch so beschei- denenBiffcns zu setzen.— Für Post-, Telegraphen- und Ausschuß-Expeditionen, Hospital u. s. w. waren Räumlichkeiten hergerichtet. Die ganze Mitte des großen Platzes war mit Turngecälh aller Art be deckt und bildete den eigentlichen Turnplatz. Zu Ueberwälkigung aller Vorkehrungen hatte schon ein Halbjahr zuvor der Gesammtkestausschuß sich in einen Centralausschuß und 7 Spezialaus- schüffe für Finanz-, Bau-, Wirtblchasts-, Wohnung wesen für Turner, fürHestordnung und für Festpo- lizei geschieden. Jeder dieser Ausschüsse verstärkte sich je nach Bedürfniß. Und das Bedürfruß war groß. Hatte man auf die Anwesenheit von 12- bis 14,000 Turnern gerechnet, so stellten sich über 20,000 ein, die alle einquartirt werden mußten und auch einquartirt wurden. Noch in den letzten Tagen und Stunden vor Beginn des Festes mehrten sich die Anerbietungen von Wohnungen für die Turner in solcher Weise, daß die vorbereiteten Kosernirungen fremder Turner, wo,u die sächsische Armeeverwaltung bereitwillig 4000 neue wollene Decken hergeliehen hatte, gar nicht gebraucht wurden. Eine wahre Begeisterung hatte sich der Bewohner Leipzigs und der nächsten Ort schaften bemächtigt. Jedermann wollte Turner bei sich aufnehmen. Und es kamen erfreuliche Fälle von Unzufriedenheit vor, weil Oer und Jmer keine Einquarrirung oder nicht so viel erhalten konnte, als er gewünscht hatte. Dabri hatte sich die ganze Stadt, nicht etwa blos die Straßen, durch welche am 3. August dec FestzUg sich bewegte, sondern in Wahrheit die ganze Sladt mit Blumen, Laubwelk, Fahnen und Flaggen glänzend geschmückt. Die deutschen