Volltext Seite (XML)
wurde Halt gemacht, um diese Beobachtungen an stellen zu können. Nördlich von dem Hofe Lützow erstreckte sich ein Tanncngebölz, an dessen nörd lichem Saume die Gadebuscher Landstraße hin führte, an ihrem Grabenufer mit Birken besetzt, hinter welchen eine freie Ackerfläche läg, die sich zum Dorfe Rosenow binzog. Bei der Rast in diesem Tannenholze entstand Körners letztes Ge dicht, das „Schwertlied", welches er mit Bleistift in seine Brieftasche schrieb, worin man eS nach feinem Tode fand. Während die Lützower hier lagerten, erspäh ten einige auf einer naben Anhöhe ausgestellte Kosaken einen aus Gadebusch heranziehenden Wa« genzug unter Jnfanteriebedeckung, dessen Aufhebung Lützow sofort beschloß. Es war inzwischen 9 Uhr Morgens geworden, als die Wagen in die Nähe der Lützower gelangten. Sobald sie sich auf dem offenen Raume zwischen Roflnow und den Tannen vor Rosenberg befanden, stürzten die Reiter, welche vorder in drei Abheilungen getheilt waren, in der Weise vor, daß sie den Wagenzug in die Mitte nahmen. Die französische Bedeckung formirte sich sogleich zur Gegenwehr. Den Angriff auf die Franzosen machten die Kosaken von der Fronte her, welche die Bedeckung der Wagen hindern sollte, in die nahen Tannen zu flüchten. Die Kosaken versäumten dies aber, theils dadurch, baß sie sich zuerst etwas verspäteten,^theils daß sie sich mit dem Umlenken der Wagen und der Beute zu tbun machten. Dadurch gelang einem Theile der französischen Bedeckung die Flucht ins nahe Gehölz. Diese Abtheilung der Franzosen setzte daS entstandene Gefecht fort, welches deshalb einen hohen Grad der Erbitterung erlangte, weil ein andrer Theil der Bedeckung, welcher beim ersten Angriff um Pardon gebeten hatte, gleichfalls in das Gehölz geflüchtet war und sich dort zur Wehr setzte. Lützow beschloß aber in Besorgniß, der Feind möchte Hilfe erhallen, das Gefecht abzubrecheu und ließ zum Sammeln blasen. Stellenweise wurde das Signal nicht gehört oder mißachtet und das Gefecht setzte fick noch eine Weile fort, ohne das eS der Reiterei gelang, in das Gehölz zu dringen, welches die Franzosen schützte. Unter den eifrigsten Verfolgern der Feinde war Theodor Körner; er kämpfte am nördlichen Rande der Tannen, wo die vordersten Wagen hielten und die Feinde am zahlreichsten waren. Hier traf plötzlich unfern Körner eine tödtliche Kugel, welche, den Halö des Schimmels streifend, ihm in den Unterleib, drang, wo sie die Leber und das Rückgrat verletzte.! Er stürzte sofort vom Pferde. Zwei in nächster Nähe kämpfende Freunde Körners, Friesen, welcher ihm ein halbes Jahr später im Tode folgte und Helfritz, welcher 1855 als Gutspächter zu Iven bei Anclam starb,, eilten herbei, hoben ihn aus und trugen ihn unter fort gesetztem Feuer an die linke (nördliche) Seite deS Fahrweges, wo sie ihn niebersetzten und mit dem Rücken an eine Birke lehnten. Er sprach zu ihnen die Worte: „Siehst, da hast auch einen, aber eS schad't nicht'." und sank ihnen dann sprach- und bewußtlos in die Arme. Man legte ibn auf einen Wagen. Noch drei Lützower waren gefallen, dar unter Graf Hardenberg. Erbittert über so theuren Verlust, kämpften die Lützower mit Hartnäckigkeit und vertrieben endlich den Feind. Der Zug mit den Gefallenen ging darauf nach dem Dorfe Lützow zurück und von hier im Eilmärsche nach MoraaS. Bis hierher geleitete Lützow selbst den Zug und bog dann mit der Reiterei westlich ab, um den Schaalsee zu gewin nen. Die Gefallenen wurden nun ostwärts nach Wöbbelin gebracht, wo sich die Infanterie des Lützow'schen CorpS befand. Im letzten Hause, am südlichen AuSgange deS Dorfes Wöbbelin, welches damals die Wohnung des Holzwärters war, wurden die Leichen der vier Gefallenen neben einander niedergelcgt. Die Trauer im Corps war eine allgemeine und tiefe, der Schmerz lag auf aller Gesichte. Jeder drängte sich zu Körners Leiche mit Eichenlaub und Blumen. Der Erste unter Deutschlands Jünglingen, hatte er sein Leben der Sache des Vaterlandes und der Freiheit zum Opfer gebracht. Mit Eichenlaub und Blumen füllte man den Sarg, welchen zwei Tischler all dem Lützower Corps während der Nacht gefertigt hatten; die Freunde machten mit eigner Hand die Gräber. Sie hatten zu diesen einen Platz im freien Felde gewählt, der beschattet von zwei schönen Eichen, östlich, nahe dem-Dorfe gegenüber lag. Sie gedachten bei dieser Wahl deS Platzes der besonder» Vorliebe, welche Körner stets für die Eichen gehegt hatte: „Und wenn herbstlich eure Blätter fallen, Todt auch find sie euch ein köstlich Gut: Denn, verwesend, werden eure Kinder Eurer nächsten FrühltngSpracht Begründer." Unter der größern nördlichen Eiche sollte Körner ruhen. Die Bahre, auf welcher er getragen wurde, hatte man aus jungen Baumstämmen und Wagen leitern gefertigt und mit Eichenlaub geschmückt.