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Handlung ü> St. Pauli, einer Vorstadt Hamburgs, ist der Held der folgenden Scene, der vom Schicksal begünstigt, Lurch kaltblütig ?ühnc That ein Ver dienst sich zu erwerben wußte, dessen sich nicht Jeder, am allerwenigsten unter solchen Umständen und in jener Gegend rühmen kann. War Loch seine Waffe nur eine alt« Flinte mit zerstückelter Kugel geladen, das Wild aber ein kräftiger schöner Königstiger der Renz'schen Menagerie. Am 15. August 1862 bewegte sich der Trans port der genannten Menagerie in einer langen Reihe von Wagen der schnurgeraden Chaussee ent lang, welche die stark bewohnte Clbinsel Wilhelms burg durchfchueidend, den Verkehr zwischen Ham burg und Harburg vermittelt. Der Weg zieht sich zwischen grünen, von zahlreichen Rmderheerdcn be lebten Weideplätzen in einförmiger Weise dahin, dem Auge außer zerstreuten Baumgruppen und Bauernhöfen wenig Anhaltepunkte bietend, es sei denn zurück auf das in der Ferne sich in voller Breite entfaltende Hamburg oder auch vor sich zur Rechten auf die freundlichen Hügel des Hannover schen ElbufcrS. Hier, kaum hinaus über das Weichbild Ham burgs, fügte es ein Zufall, daß sich der Käfig des Tigers öffnete, und das mächtige Thier sich mit wildem Gebrüll auf die vorgespannten Pferde warf. Durch das verzweifelte Geschrei des Fuhrmanns, wohl auch durch seine eigene Uebcrraschuug in der plötzlichen Freiheit stutzig gemacht, ließ der Tiger seine tödttich verwundete Beute wieder fahren und fluchtete mit kühnen Sätzen in die mit Schilf und Hecken durchschnittene Marsch. Nun begann die Jagd, eiu Treiben, drohend genug, um alle auf der weiten A n e c i Da« sympathetische Mittel. In einem Postwagen reisten einst ein älterer Herr in Begleitung seiner Tochter, ein Muster reiter und mehrere andere Herren. Der alte Herr hatte sich in eine Wagenecke gedrückt und schien zu schlafen. Seine Tochter schien an Zahn schmerzen zu leiden, denn sie hielt sich ihr Taichen- tuch an den Mund. „Mein Fräulein," begann der reisende Kaüfmannsdiener, „Sie scheinen an Zahnweh zu leiden." — „Leider schon seit eini gen Tagen," war die betrübte Antwort. „O, da kann ich Sie davon befreien in einigen wenigen Augenblicken."— Sie würben mich sehr zu Dank verpflichten." — „Aber eins dabei ist nöthig! Fläche befindlichen, mit weniger Jagd-, als Lebens lust Begabten zur schleunigsten Aufsuchung einer sichern Zufluchtsstätte zu veranlassen. Der erste Versuch des W. Zahn, den kostbaren Flüchtling, der Herrn Renz 2060 Thlc. gekostet, lebendig einzufangen, scheiterte an Lessen immer mehr steigender Gereiztheit. Während sich die Jagd gesellschaft durch herbeicilende, weniger Gefahr als Beute suchende Bauern in oft sonderbare: Bewaff nung vermehrt hatte, gelang es Zahn, die oben erwähnte Schießwaffe zu bekommen, unv wetteifernd im Gebrüll mit dem Verfolgten, jagte nun die kühne Truppe, mit Dreschflegeln und Heugabeln bewaffnet, in stetem Wechsel von Angriff und Flucht bereit, bei jeder drohenden Geberde der zur Wuth gereizten Bestie Reißaus zu nehmen, so daß cs bei allem Ernst der Lage nicht an komischen Scenen fehlt«. Endlich nach Verlauf mehrstündiger Mühen gelang cs Zahn, sich nahe genug au den Tiger heranzuschleichen, um in gefährlichster Nähe ihn durch einen gewagten, doch glücklichen Schuß un schädlich zu machen, worauf ein noch hinzukommender hannoverscher GenSd'arm durch eine zweite Ladung, welche durch das Herz des Thieres dis unter die Haut der rechten Seite drang, ihn vollend« lödtete. Wäre cs der übrigen standesmäßiz bewaffne ten Gesellschaft nicht verwehrt worden, sie hatte jetzt in neuerwachtem Muth Gelegenheit genommen, noch einen höhern Grad von Todtschlag zu bege hen. So aber ist das schöne Fell des Tigers geret tet und wird, in den Besitz des naturhistorischen Museums in Hamburg übergegangcn, noch spätt- ren Besuchern den Beleg liefern zu der Mähr von der Tigerjagd auf Wilhelmsburg. o t e n. Glauben Sie an Sympathie? — „Sehen Sie", fuhr derselbe fort, „wenn ich meinen Mund nur klinge Secunden auf die kranke Stelle läge, weg ist der Schmerz." „Nein, nein, ich glaube nicht an Sympathie," — Jetzt öffnete der alte Herr die Augen und sprach: „das ist schade, Jul- chen, daß Du nicht an Sympathie glaubst! Ader ich mein Herr glaube daran. Ich leide an Hä morrhoiden. Wollen Sie ihre Kunst vielleicht an mir versuchen?" „Was sagen Sie zu meiner Bibliothek?" „Sehr schön, Herr Commerzienrath. Was kostet Sie derLentne'-?"