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die Auswanderer mit ihren Bedürfnissen versehen. Dann wieder erblickt man ausgedehnte Lager mit Segeltuch, Theer, Tauwerk aller Art, Anker, Schisss- winden, Ketten. Dazwischen nisten in Gewölben oder Kellern oder auch in leicht gebauten Buden die Segel-, Block- und Punipenmacher. Dazu kom men die Schisser- und Fährhäuser, die gewöhnlich ein mit vollen Segeln dahin eilendes Schiss z«m Aushängeschild haben; die Matrosenherbcrzen, in denen die ausgelohnten Malrosen Hausen, bis sic zu neuen Reisen „geheuert" werden; endlich Blassen von Beessteaksküchen, Porter- und Alchäusern, Grog schenken und Weinhäusern, welche sür jeden Rang und Stand dcr schiffsahrendcn Welt die gewünsch ten Erquickungen bieten. Die überwiegende Menge der aus den schönen Quais hernmstehenden und gehenden Leute gehört dem Schisserstande au: Matrosen und Fährleute. Die Matrosen machen sich leicht bemerkbar Lurch ihre bcllrothcn oder blauen Flanellbemden, im Sonn tagsstaat durch kurze blaue Tuchjacken mil vielen kleinen Metallknöpscn, bei schlechlem Wetter durch die sogenannten Südwester, einen bclinsörmigen, schwarz lackirtcn oder von qelbcm Oclluch gefertig ten Slurmhut init einer über den Nacken bis auf den halben Rücken herabhängendcn Klappe zum Schutze gegen den Rege». Einige dieser Matrosen sitzen auf Len Treppen, die nach den Kellerwirth- schalten führen, andere stehen plaudernd da oder dort oder gehen, die Hände in den Hosentaschen, einen die Backe ausschweUcuden Tabackskuäuel kauend und fleißig dazu spuckend, umher. Es sind meist stämmige, sonnverbrannte und verwetterte Gesellen mil mächtigen Backenbärten, manches fremdartige Gesicht, nicht selten Neger und gelbe Asiaten unter ihmn. Die Fährleute und Bootführer sind dagegen durchgehends ächte Hamburger in kurzen Jacken, den Kops mit einem Hut bedeckt, die Beine in wcitschlcitrigen Hosen. Sie sitzen aus den zum Fluß hinabsührenden Treppen oder unter len Holz bedachungen der Krahne und spähen nach Fahrgästen. Eine Fahrt durch den Hasen kostet die Stunde 1 MarkKourant — 12 Neugroschcn, gleichviel ob eine oder mehre Personen das kleine, gewöhnlich grün lackirte Boot besteigen. Der Hamburger Hafen zerfällt in drei große Quartiere: den Binnenhafen, den Nummelhafen und Len Jonas Hafen. Der B i nn en h afen , in welchem ebenio wie in dem östlich abgesonderten Oberhofen die Fahrzeuge der Oberelbe und überhaupt alle kleinere Schiffe liegen, zieht sich am sogenannten Kehrwieder entlang. An ihn schließt sich im Süd westen der Rummelhafen, welcher bei einer Tiefe von 20 Fuß die großen Zwei- und Dreimaster: Schooner, Briggs, Bark- und Vollschiffe beherbergt, die den Seeverkehr vermitteln. Die nordwestliche Verlängerung desselben endlich, die bis zur Lan dungsbrücke der niederclbischen und überseeischen Dampsschiffe reicht, ist dcr Jonas Hafen. Die Schiffe liegen in einer langen, oft dop pelten und dreifachen Linie, eines dicht neben dem andern und so, daß die eine ihrer Breitseiten dcr Stadt zugekchrt ist. Befestigt sind sie an Psahl- werkeu mächtiger, in den Grund gerammelter Baum stämme. Während der belebtesten Zeit liegen hier 700 — 800 Schiffe. Wie dieser Mastenwald von dcr Höhe des Stintsangs, des Thcilcs der Ham burger Wallpromenaden aussicht, womit diesclben zwischen der Stadt und der Vorstadt St. Pauli über dem Elbnscr endigen, zeigt unsere Abbildung. Unternehmen wir eine Gondelfahrt zwischen de» Schissen, die uns die nähere Bekanntschaft mit den schwimmenden Seeungehcucrn vermittelt. Einige drr Schiffe, an denen wir vorbeisahrcn, sind erst vor Kurzem eingrtroffen und noch gefüllt von der Last von Baumwolle oder Kaffee. Wir sehen von ihren Rümpfen kaum die Hälfte über dem Wasser; andere, die bereits ihre Ladung gelöscht haben, ragen niit-ihrem Bug hoch über die Fluthen und scheinen so beträchtlich höher als jene zu sein. Wie prächtig nimmt sich da jener stolze Klipper mit seinen 3 ichlanken Masten, wie imponircnd jenes große Packctschiff aus! In symmetrischer Schönheit sind seine Raaen gerichtet, ist seine zierliche Takelage gestrafft. Unter dem Klüverbaum, dcr wie der Spieß eines Einhorns am Kopfende hervorstcht, sehen wir die vergoldete oder weiß lackirte Gallion: die Figur, die den Namen des Schiffes versinnbildlicht, eine Königin, oder Mecrjungfcr n. s. iv. Die Kajüte ist bunt überfirnißt, deren Dach mit blinkendem Mcssinggeländer umgeben. Eimer und sonstiges Geschirr, Gangspill und Kompashäuschen, Alles ist blank und sauber; denn der Seemann liebt Rein lichkeit und frische Farben bis zum Exzeß. — Hier und dort wirbeln bläuliche Rauchsäulen aus den Kombüsen (Schigsküchen). Hier wird eine Schiffsladung von Tonnen oder Ballen in die unten haltenden Schuten und Achterschiffe gelöscht, um durch die Kanäle der Stadt nach den Speichern gebracht zu werden. Da klettern Schiffsjungen mit der Gewandtheit von Eichhörnchen im Takelwcrk auf und nieder. Jollen und Gondeln mit Ruderern in Htmdärmeln schießen picilschncll zwischen den