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Der Hamburger Hafen. (Mit Abbildung.) Alsderwiedererstandenc Bundestag die unter un- serm säcksischenLandsmanne, demAbmiralBr o in in y, geschaffene deutschcFlotte veruriheilte, unier dem Auctionshammer des Herrn Hannibal Fischer zu enden, versuchte ein deutscher Minister dies damit zu rechtferiigen, daß er bchanplcte: die deutscheFlotte sei nicht lebensfähig, cs fehlten ihr die beiden Vor bedingungen einer Kriegsflotte: Handelsmarine und Kolonien! Glückliche Unschuld! Der hochgestellte Mann hatte sich so wenig um die Verhältnisse seines deutschen Vaterlandes bekümmert, daß er gar nicht einmal wußte, wie bereits längst ein« deuOcheHandcls- marine bestehe und zwar in einem solchen Umfange, daß sie die dritte der Welt, die zweite Europas ist. Nur die englische und die nortamerikanlschc Handelsmarine sind noch bedeutender als die deutsche. Mit viel mehr Recht darf man die Worte des erwähnten Ministers uwdrehen und sagen: die deutsche Handelsmarine bedarf zu ihrem Schutze eine Kriegsflotte. Kolonien braucht weder die Handels«, noch die Kriegsmarine zu ihrem Gedeihen. Das sehen wir an den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Seit neun Jahren nun ist die deutsche Hantelsma rine und der deutsche Scehandel wieder ohne Schutz, wenigstens ohne ausreichenden. Denn die Anfänge einer p r eu ß i sch e nKriegsflotte sind eben immer noch Anfänge. Und statt alle Kräfte auf die Vermehrung der Kriegsschiffe und die Heranbildung der dazu erforderli chen Seeleute zu richten, müht man sich in Lerlm ab mit Organisation und Desorganisation der Marine behörden, ohne auch mit diese» Mühen zu einem gedeihlichen Ziele gelangt zu sein. D>e österrei chische Kriegsflotte dagegen, auf deren Vergrößerung und Hebung in den letzten Jahren ancrkennenswcrthe Mühe gewandt worden ist, kann für jetzt noch nicht weiter in Bewacht kommen als zum Schutze im Adriatischen Meere. Obgleich nun also seit dem Untergänge der Hansa der deutsche Seehandel in der Hauptsache schutzlos geblieben ist, so hat er doch eine Ausdeh nung gewonnen, die dem deutschen Unternehmungs geist die größte Ehre macht. Der deutscheHafen, welcher den größten Handelsverkehr hat, istderHam- burger. Für uns Sachsen ist er auch deshalb der wichtigste, weil er durch seine Lage an der Unter- Elbe der natürliche Vermittelungspuukt ist für alle nach überseeischen Ländern bestimmte Produkte säch sischen Gcwcrbsteißes, und umgekehrt, weil er vor zugsweise den Bedarf Sachsens an überseeischen Produkten deckt. Die Baumwollenfelder Ame rikas, dicKaffeeplantazen Westindicns und Brasiliens, die Eisklippen Les grönländischen Wallfischmceres und die Inselgruppen des Stillen Ozeans, das goldene Horn von Konstantinopel und die goldenen Berge in Kalifornien, die Gciieidefeldcr Südruß- lands und die Rii'dersteppen am Laplaia, die Maha goniwälder Eentralamerikas, Chinas Theefclder und Indiens Reismarschen: nach allen segeln, von allen kommen Schiffe in den Hamburger Hafen. Der Grund dieser Blüikc des Hainburger Han dels ist ein dreifacher: günstige Lage, Tüchtigkeit der Bewohner und Freiheit der Bewegung. Nicht durch sein vom Zunttzwange noch eingeengtes Ge- wcrbewesen, sondern durch die freie Schifffahrt und durch die Handelsfreiheit hat Hamburg seine Bedeutung erlangt. Die Einfuhr in Hamburg betrug im Jahre 1858 mebr als 32 Millionen Zentner, von denen 20 Millionen auf Seeschiffen ankamen, und die einen Werth von 250 Millionen Toaler hatten. Der Werih der allein aus England in Hainburg eingeführten Waaren betrug 118 Millionen Thaler. Der Handelsverkehr Hamburgs mit England über trifft den, den ganz Frankreich mit England führt, um mehr als dieH.itfie, cf: sogar um das Doppelte. Diesem ungeheuren Handel enispricht eine ge waltige Ausdehnung der Rbederei. Dieselbe umfaßte im Jahre 1840'eist 103 Seeschiffe von zusammen 15,875Kommerzlasten(s OOZentnei) und war 1858 be reits auf 488 Seeschiffe von 62,444 Kommcrzlastcn angewachsen, darunter 10 S edampfer von 4640 Kommerzlasten. Der bedeutendste Rheder, R. M. Sloman, hätte 10 Schiffe von 4341 Lasten. In dem genannten Jahre liefen an einheimischen und fremden Schiffen 4364 ein und 4377 aus. Die Bedculuiig Hamburgs als See- und Han delsplatz wird dem Fremden klar, wenn er die ungeheuren Speicherrcihen der innern Stadt be trachtet, noch klarer, wenn er sich aus dem Gewirr der Siraßen des ältern Theils der Stadt nach der Wasserseile begiebt und hier die Masse der Schiffe und ihre Bemannung in Augenschein nimmt. Merkt man in den eleganten Läden der Straßen, die vom Jungfernstieg nach dein Flusse zu laufen, nur gelegent lich, daß inan i" der ersten Seestadt Deutschlands ist, so wird man dessen immer mehr inne, je mehr man sich dem Hafen nähert. Immer häufiger werden hier die Läden, welche den Kapitän, die Matrosen, Meißner Calender F