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Mai bringen sie alle, Worte des Leben«, Hoffnung zue Freude wissen sie allesammt zu geben. Da, gleich zu Anfänge Februars, wenn noch der Winter, der alte mürrische Gesell, seine Herrschaft festhält unter der starren Decke, erscheint der immerfrohe, liederreiche Staar im Garten, fliegt, wie sich's gebührt, auf die höchste Spitze, dort ein Danklied zu singen, und kommt dann zum bewährten Gastfreunde und bittet und schmeichelt mit lustigen Liedern, welche der Schelm der Golddrossel und der Zippe abgelauscht hat, und komischem Pfeifen, wie er es vom Hirten hörte, oder Krächzen, wie der He her es ihm lehrte, ihm doch wieder Quartier zu geben für den Sommer. Er scheint seinen Freund förmlich ausfvrdern zu wol len, dem Hause, welches dessen Güte ihm bescheerte, eine Besichtigung angedeiken zu lassen: die eS zu- sammenbaltenden Nägel könnten verrostet sein! — Wenn die Sonne ein wenig wärmer strahlt, kommen Bachstelze und Rolhschwänzchen in das Ge höft und den Garten; draußen auf dem Felde und auf den Haideplätzen im Walde die Haidelerchen, des „Aethers Nachtigallen." Wenn wir nun auch die Lerchen nicht gerade unsere Gäste nennen können, die ersteren müssen wir zu ihnen zählen. Beide haben so ihre Weise, sich bei uns beliebt zu machen: Näch ste lzck en tanzt seinen anmuthigen Reigen auf dem Hausdache vor, Nvthschwänzchen grüßt seinen Gastfreund, so oft es ihn erblickt, mit artigen Ver beugungen ohn' Ende. Es steht allerliebst komisch auS, wenu es sein Körperchen so tief vor ihm neigt, ich glaube, jede Verbeugung ist eine Bitte an ihn, ihm seine Freundschaft zu schenken. Immer neue Gäste kommen gezogen. Die noch blätterlosen Baume leuchten im Blüthenschmuck und schütteln ein ganzes Blürhenheer auf den schneefreien Boden herab. Das ist die Einladung für die im fernen Süden Verweilenden, doch ja recht bald in die Heimathznrückzukehren. Laubsänger und Fliegen fänger, Fink und G rünlingbeziehen den Garten; sie haben auch viel in ihm zu thun! Denn mit der Meise, dem Baumläufer und allen anderen müssen sie jetzt die Blüthen schützen vor den sie sonst sicher vernichtenden Insekten. Deshalb sind sie so geschäftig auf Bäumen und Sträuchern und gucken in alle Blüthen scharf hinein. — Von nun an bringt jeder neue Tag neue Gäste. Zum Rothkehlchen, welches schon seit ein paar Wochen in der Hecke wohnte, gesellen sich stngfcrtiqe Grasmücken, die behende Braunelle, der Gartensänger, der komische Wendehals und wie sie sonst alle heißen mögen, und unter Jubeln und Singen wirken sie all« zu unserm Nutzen, nicht blos zu unsrer Freude. Denn alle Vögel, welche das Haus, das Gehöft, den Garten des Menschen bewohnen, sind nützlich, außer, ordentlich nützlich; nicht einer von ihnen ist schädlich! Von den 530—560 Arten der europäischen Vögel istnochnichtderscchstc Theil schädlich. Viele von denen, welche schädlich genannt werden, wiegen den wirklich verursachten Schaden reichlich durch ihren Nutzen auf, welcher aber gewöhnlich nicht erkannt wird. Ich will deshalb zunächst die wirk lich schädlichen Vögel unsers deutschen Vaterlandes aufführen und neben dem Schaden, der uns von ihnen verursacht wird, auch den etwaigen Nutzen nicht verschweigen, den einige uns bringen. Die wirklich schädlichen Vögel unseres Vater landes deren Verfolgung und Vernichtung nvlbwendig ist, sind folgende: 1) Der Gcyeradler (Läwmergeyer, Bartgeyer) bewohnt die Hochalpen und ist dort von Jedermann hinlänglich gekannt. 2) Der Seeadler unternimmt vom Meeres- strande, seiner eigentlichen Heimath, aus Raubzüge durch's feste Lande und setzt dabei den Fischereien in Flüssen, Leichen und Seen arg zu, nimmt auch ge legentlich Hasen und junge Rehe, Lämmer und Zick lein mit. > 3) Alle Edeladler ohne Ausnahme, nament lich der Königsadler, Steinadler, Gold adler, die verschiedenen Schreiadler und die Zwergadler. Sie sind kühne Feinde der jagdbaren Lhiere und zahmen Herden, denn sie fangen junge- Edelwild, Hasen, Kaninchen, Auer- und Bi-kwild, Rebhühner, Stein- und Schneehühner, Haustbiere: namentlich junge Ziegen, Schafe, Hunde, Katzen, Trut- und Haushükner, Pfauen, Fasanen, Gänse, Enten, selbst die flüchtigen Tauben. Die großen Arten von ihnen haben erwiesener Maßen schon mehr alS einmal Kinder geraubt. Alle Adler bringen dem Menschen gar keinen Nutzen. 4) Der Fischadler ist der größte und furcht barste Feind aller Fischereien und wird sehr schädlich. 5) Der Milane raubt Jagd- und Hausgeflügel und junges Niederwild, fischt auch fleißig und zwingt die Edelfalken, mehr zu fangen, alö sie zu ihrer Nahrung brauchen, weil er ihnen den gemachten Raub wieder abjagt. 6) Alle Weihen nehmen zwar viele Mäuse von der Erde weg, vernichten aber dabei weit mehr kleine, nützliche Vögel. 7) Alle Edelfalken, namentlich die Jagd - edelfalken — welche freilich mehr dem Norden und Nordosten als unserm Vaterland« ar,gehören. — Der Wanderfalk, der Baumsalk und der