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umgewandelt wurde. — Am 6. wurden in den verschie denen österreichischen Kronländern die Landtage eröffnet. Die Eröffnung des ungarischen fand kaiserlich-königlicher Anordnung zu Folge in Ofen statt, doch begab sich gleich nach Eröffnung der Landtag nach Pe'tb, woselbst er nach der Verfassung von 1848 seinen Sitz bat. Es ward dort die Abfassung einer Adresse beschlossen, in weicher die Ungarn ihre Beschwerden an den Thron bringen wollten. Während der woch.»langen Vor- und nachber stürmischen Plenarberalhungen dieser Adresse stieg di« Aufregung im Lande und fand Nahrung darin, daß die Regierung die verweigerten Steuern durch Truppen einireiben ließ, wobei es wiederholt zu blutigem Zusammenstoß zwischen Volk und Truppen kam. Durch ein kaiserliches Patent wurden den evangelischen Einwohnern Oesterreichs gleiche Rechte mit den kaibolischen zugesichert. Der tiroler Landtag aber und daS tirolerVolk, aufgebetzt von katholischen Geistlichen, verweigerten diesem Paicnte die Geltung. Doch gab die kaiserliche Regierung nicht nach, obwohl der Erzherzog- Statthalter, Bruder des Kaisers, sich für Aufhebung des Patents verwendete. — Am 29. ward in Wien der Reichs tag eröffnet, zu dem aber keine Abgeordneten aus Ungarn, Siebenbürgen, "Kroatien, Venetien erschienen. — Der Magistrat und die Stadtverordneten von Berlin setzten «ine Commission nieder, welche prüfen sollte, ob die durch die Presse und durch den Stieberschen Prozeß zur Sprache gebrachten Uebergriffe der Polizei und einzelner Polizei beamten für die Kommun von pekuniärem Nachtheil ge wesen seien und Anspruch auf Ersatz begründeten. Da stellte sich denn unter Anderm berauS, daß Ist» Schrtz- männer nur auf dem Papiere existirten, für die die Stadt Berlin die Kosten bezahlte, und daß mancherlei Betrü gereien vorgekommcn waren, die zur Verhaftung der be treffenden Polizeibeamten und zur Krim'naluntersuchung fübrten. Der Polizeipräsident von Zedlttz-Neukirch, der das Alles hatte geschehen lassen, war der Gegenstand öffentlicher Besprechung. Dennoch blieb er im Amt und ward regelmäßig der Ebre des Empfangs vom Könige gewürdigt — Zwischen Kehl und Straßburg ist eine feste Brücke über den Rbein gebaut worden. Bei den Eröffnungsfeierlichkeiten war auch der darmstädttsche Mi nister von Dalwigk, ein ausgesprochener Gegner deutscher Etnheitsbestrebungen, zugegen. Er batte daS Mißgeschick, daß er in die Nähe einer schwarzr, thgoldenen Fahne zu stehen kam, deren Weben ihm den Hut vom Kopfe warf, und tbat den Mißgriff, bei dem Festmihle in einem Trink spruche auf Len Kaiser der Franiosen zu bebauvlen, daß Deutschland diesem zu Dank verpflichtet sei für Erhaltung der Ruhe. Die öffentliche Meinung bat ihn für diese undeutschc Behauptung derb mitgenommen. Mai- Im weitern Verlaus der Berliner Polizeiunter- suchung stellte sich gegen den SchutzmannSoberst Patzke der dringende Verdacht LeS Betrugs berauS. Patzke ent floh, ward aber in Schweden wieder ergriffen und nach Berlin zurückgebracht, wo er im Gefängniß dem AuS- gang der gegen ihn eingeletteien Kriminaluntersuchung «ntgeaen sieht. Nun konnte auch das Ministerium den Poli zeipräsidenten von Zedlitz nicht länger auf seinem Posten lassen; er ward beurlaubt und durch einen Ministerial» ratb von Winter ersetzt. Die ganze Sache machte großes Aufsehen weit über die Grenzen Preußen» hinaus. Fast ebertto großes Aussehen erregte das Duell, zu dem der Generaladjutant des König», Generalmajor von Mann- teuffel, ein naher Verwandter de» Ezminifter», den Stadt- gerichtsralh Twesten nötbigte. welcher in einer Broschüre über die Vermehrung des stehenden Heeres die Wirksamkeit deS Generals getadelt hatte. Herr Twesten ward in die rechte Hand geschossen Hierauf ward der General zu einer kurzen Festungsha't verurtbeilt, nach w nigen Tagen aber begnadigt und ist jetzt wieder in der alten Stellung. Di« Untersuchung gegen Herrn Twesten kznnte wegen dessen gefährlicher Verwundung noch nicht eingeleitet werden.— Die Leipziger Zeitung batte das Mißgeschick, wegen eine heftigen Artikels ihres barocken thüringischen Mitarbeiters über den Prinzen Napoleon confiSztrt zu werden: ein Schicksal, das bis dahin ein Regierungsblatt nicht erduldet. — Die Kaiserin von Oesterreich kehrte ziemlich wieder hergestellt von Madeira nach Wien zurück. Der unvoll ständig gebliebene Reichstag hielt seine Sitzungen regel mäßig ab, vermochte aber, von so vielen Provinzen nicht beschickt, nicht eine besondere Kratt zu entwickeln. Der ungarische Landtag verharrte in seiner vom Anfang an eingenommenen österreich-feindlichen Haltung. Wäh rend er noch immer an der von Deal vorgeschlagene» Adresse berieth, ward ganz Ungarn erschüttert durch den Selbstmord des Grafen Ladislaus Teleki, den Führer der Opposition. ES scheint, daß er an der Möglichkeit der angestrebten Wiedergeburt Ungarns verzweifel!«. Durch einen Pistolenschuß machte er seinem Leden ein Hnd«. — Dänemark stellte seine Rüstungen gegen die ge ürchtete deuische Bundesezecuiion, die nicht erschien, ein und ent ließ wieder die einberufenen Truppen. Die dänischen Rü stungen batten von Neuem darauf bingcwics«», wie schutz los Deutsch and zur See sei. Zum Ersatz für die auf Anordnung des deutschen Bundestags verauktionirtc deutsche Flotte verlangte man wenigstens die Au'stellung einer Anzahl von Damvtkanonenbooten an den deutschen Kürten. Ueberall bilden sich KomtteS, die Sammlungen zu diesem Zwecke ver anstalten. — In den Vereinigten Staaten ist der Bürger krieg auSaebrochen. Die abgefallenen südstaaien bemächtig ten sich des Bundeseigenlbums, nabmen Schiffe weg und be drohten die Bundesbauptstadt Washington, zu deren Schutz« aus den nöidlichey StaatenTruppen herbeieilten. Zunächst be gnügten sich noch beideTheile milVoibereitungen zumKamvfe. Juni. Am b. ward der preußische Landtag geschlossen. Er batte wenig Gutes zu schaffen veimochi. Wenn ja das Abgeordnetenhaus etwas Nützliches beschloß, verwarf es das venenbauS. Aber durch Genehmigung einer starken Vermehrung des stehenden Heeres waren die StaatSaus- gaben auf eine fast unerschwingliche Höhe geschraubt wor den. Man muß, wenn das so fortgeht, in nicht zu f-rner Zeit Finanzzuständen in Preußen entgegen sehen, wie sie in Oesterreich sind. — In Kurhesscn waren nach Auf lösung des Landtags neue Wahlen noch der oktroyirten Verfassung vorgenommen worden, die ganz das Ergebniß des vorigen batten, nur daß statt der vorherigen 7 Anhänger der oktroyirten Verfassung jetzt deren nur 2 gewählt wor den waren. Der Erfolg war derselbe. Die II. Kammer sprach mit allen gegen .' Stimmen ibre Inkompetenz au« und ward wiederum aufgelöst — Der ungarische Landtag nabm mit großer Mehrheit die Deaksche Adresse an, die durch eine Deputation nach Wien gebracht wurde. Der Kaiser eunfing zwar die Deputation, wie» aber die Adresse als majeilätsverletzend zurück. — Am 6. starb nach einer Krankheit von wenigen Tagen der Minister Cavour, der größte Staatsmann Italiens. Auch derPapst erkrankt« bedenklich. Gleizeitig starb in Konstantinopel der Sultan, welcher Todesfall tndeß nicht die gefürchteten Folgen hatte. Sein Bruder und Nachfolger Abdul Azi» ergriff die Regierung mit fester Hand und sucht zunächst durch strenge Sparsamkeit Ordnung in die zerrütteten Finanzen der Türkei zu bringen.