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von seiner Schwester, auf welche die Schmach mit zurückfallcn, und der man es entgelten lassen würde, wenn ihr Bruder als Brandstifter zu entehrender Strafe vcrurlheilt würde, da war Friedrich ent schlossen ihn zu retten. „So komm!" rief er; und als er, der Un schuldige, forlstürzen wollte mit dem Schuldigen, da wissen wir, was geschah. Der Schuldige ent floh, und der Unschuldige ward sestgenommcn. Friedrich saß in seinem Gesängniß, und auf seine Unschuld sich verlassend, war er fest entschlossen, nicht zum Vcrräther an dem Bruder seiner Geliebten zu weiden. Er war noch nicht vor Gericht er schienen und kannte mithin auch das zn jener Zeit noch doppelt peinliche und heimliche Gerichtswesen nicht. Wie hätte er! — Die peinlichen Verhöre begannen. Wilhelm trat als Zeuge wider Friedrich auf. Er hatte lhn bei Nacht im Walde wartend gefunden, bis der ungekannte Brandstifter gekommen war. Aus dem, was er von ihrem Gespräche aussagte, ging hervor, daß Friedrich mit dem Unbekannten einig gewesen war, daß er vorher mit ihm den Plan Feuer anzulcgen verabredet, nur der That nicht selbst im letzten Augenblicke die Hand geliehen, sondern den Thäter crwariet habe, um ihm dann forizuhelfcn. Das Letztere konnten der Gensdarmcs und seine Leute gleichfalls bezeugen. Einige Kameraden Friedrichs sagten aus, daß sie ihn am Abend vorher in großer Unruhe gefunden hätten, daß er ihre Einladung, sie in die Schänke zu be gleiten, mit Hast und einer Art von Angst abge- lchnt habe, um in den Wald zn kommen, wohin ihm Wilhelm gefolgt sei. Friedrich konnte nicht leugnen, daß er mit dein Brandstifter im Walde znsammenzctroffcn sei, wenn auch zufällig. Er sollte diesen nennen, sein Signale ment geben. Friedrich schwieg. Dran forderte immer dringender eine Antwort. Er kämpfte einen langen Kampf mit sich; endlich sagte er, er kenne ihn nicht; in der Dunkelheit und dem Schrecken habe er sich auch weder Gesicht, noch Gestalt merken können. Er war zu keiner Acnderung seiner Antwort zu bewegen. So ging das erste Verhör vorüber. Am andern Tage drängte sich Anna zu dem Richter. Sic sagte mit edler Offenheit, daß Fried rich an jenen, Abend mit ihr zusammen gewesen, daß er jene Stelle im Wald aufgesucht, weil sie dort sich ihre Liebe gestanden hätten, daß er deshalb nicht habe mit Len rohen Kameraden gehen^mögcn. Sie weinte und flehte. — Ihr Zeugnis; ward verworfen: sie gestand ja selbst, daß sie Friedrich als ihren Verlobten betrachte, und auf das Zcug- niß einer Person, die dem Ang-klagten so nahe stand, durfte man Nichts geben. Noch andere Leute auS dem Dorfe fanden sich, welche Friedrich lieb hatten und bestätigten, daß er zu der Zeit, wo das Feuer angelegt sein mußte, nicht in jenem Dorfe, wo es gebrannt hatte, gewesen sein konnte. So blieb es dabei. Friedrich hatte das Feuer nicht selbst angelegt, aber er mußte darum gewußt haben, um im Walde den Verbrecher zu erwarten und ihn, fortznhelfen. Friedrich rang einen langen Kampf mit sich. — Seine Mutter war vom Schlage gerührt wor den, als sie die Festnehmung ihres Sohnes erfahren hatte, und war nach einigen Tagen gestorben; — auf sie hatte er keine Rücksicht mehr zn nehmen. Bernhard war Familienvater. Sollte Fried rich diesen der unglücklichen Frau, den hilflosen Kindern rauben, auf denen dann für ihr ganzes Leben der Fluch haften würde: der Vater ist im Zuchthause gewesen, um damit anzudeuten, daß man Len Kindern auch nichts Besseres zulcauen dürfe? Bernhard hatte ein großes Verbrechen be gangen; aber die Noth, die Liebe zu Weib und Kind, zu den verbrüderten Kameraden, hatte ihn vielleicht La;u getrieben; Friedrich wagte nicht, sich zu seinem Richter über diese That aufzuwerfen, der Rächer derselben zu werden, und das wäre er ge worden, wenn er ihn dein Arme des Gesetzes über liefert hätte, das den Verbrecher straft, ohne ihn zu bessern. Durch Friedrichs Schuld sollte Nie mand in solches Elend kommen; — er konnte den Unglücklichen, Len Freund seiner KtnLH.it, noch mehr, er konnte Anna's Bruder nicht vcrrathen. Hätte er's gethan und damit seine Freiheit sich er kauft, Anna hätte er doch verloren, sic hätte den, der zum Vcrräther ihres Bruders geworden, nicht inehr lieben können. Der aber, der für ihren Bru der sich opferte, war ihrer Liebe am Werthesten und durfte sie selbst cs auch nie erfahren: sich das selbst lagen zu können, war ihm doch ein stolzes Gefühl, das ihn aufrecht hielt in seinem großen Unglück! Alles opfern, jeden Wunsch, jede Hoffnung auf-- gcben — wie ist cs so schwcr! Auch Friedrich hatte noch eine leise Hoffnung: vielleicht daß Bernhard, wenn er erführe, wie sein Freund für ihn litte, edel genug sei, das Opfer des Unschuldigen nicht anzunehmen und, von seinem Gewissen geschlagen, kommen und sich seinen Richtern überliefern werde. Vielleicht auch, Laß die Macht der Gerechtigkeit Len Schuldigen finde und so den Unschuldigen rette ohne sei» Zuthun. So hoffte Friedrich und schwieg. Die Untersuchung schleppte sich langsam An