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„Wie?" fragte Anna erstaunt, „das Feuer ist angelegt gewesen, und man hat den verruchten Thätcr entdeckt und — oder denkt Jhr's Euch nur, daß Jemand ans unserm Dorfe so niederträchtig sein kann und in dem ander» Dorfe Feuer angelegt haben?" „So hast Du also wirklich nichts davon ge hört, daß noch gestern der Friedrich aaif der That ertappt worden ist und nun verwahrt sitzt? „Wer?" fragte Anna neugierig und erstaunt, aber ruhig; an ihren Friedrich zu denken, konnte ihr ja nicht beikoinmen. „Als ob Du nicht wüßtest, wer Friedrich wäre!" rief Rosine ungeduldig. „Hast Dich ja oft genug mit dem Burschen in der Schänke geschwenkt. Helt? Hättest nicht gedacht, daß rin Mordbrenner Dich anrührcn dürfte? Machtest Dich gerade den andern ehrlichen Männern viel rarer als dem Spitzbuben! Denkst nicht, ich habe gemerkt, wie ost er hier herum geschlichen und Dir schön zethan? Heinzens Friedrich mein' ich — hast dem, wirklich nichts davon gehört, wovon das ganze Dorf voll ist ?" Anna stand einen Augenblick regungslos, dann faßte sie sich schnell und-sagte erzürnt: „Das ist ein sehr einfältiger Spaß, Rosine, da hättet Ihr einen bessern erfinden sollen! Nehmt mir's nicht übel, aber solch Geschwätz macht Euch wenig Ehre!" „Ei Du mcii, Himmel! ist solch ein Dingel chen giftig!" rief Rosine gereizt. „Bist wohl in den sauber» Bursche» erustlich vernarrt und glaubst mir nicht und Lenkst, ich mache einfältigen Spaß? Als ob so meine Art wäre! Freilich ein dummer Fall, einen Brandstifter zum Schatz zu haben! Nun, mich wundert nur, daß ich die Erste bin, von der Du hörst, wovon das ganze Dorf voll ist. Ich werde mich nicht bemühen Dir einen langen Sermon zu halten; frag' wen Du willst rm Dorfe, Jeder wird Dir's sagen : Heinzens Friedrich ist heute Nacht in's Loch gesteckt, weil cr's Feuer angelegt hat und die Sache endlich an den Tag gekommen ist. Ja, ja! die alten Sprüchwörtcr, auf welche die liebe gottvergessene Jugend immer nichts mehr geben will, sind doch nicht zu verachten. Wenn's auch noch so klar gesponnen, muß 's doch kommen an die Sonnen!" Anna antwortete nichts. Wie eine Bildsäule stand sie da und rührte sich nicht. „Sich!" rief Rosine, „dort kommt Johann, Wilhelms Bruder, der wird wohl Alles am Besten wissen. Johann" rief sie hinaus, „wie steht's? Muß Dein Bruder schon heute auf's Gericht?" „Freilich, ja! Bei so was wird nicht lange gefackelt. Es ist mir lieb, daß ich's nicht bin, der dazu kommen mußte; 's ist immer widerwärtig, wenn man mit dem Gericht zu thun bekommt, und wenn man auch nur als Zeuge hin muß. Da fährt der Amtmann oft selbst den ordentlichsten Kerl an, weil er die Worte nicht gleich zu setzen weiß, wie's Jener haben will, als sei er ein Vcr- brecher, nnd die Aktuarien stellen Fragen auf wie Ratteneisen und Mäusefallen, daß man sich mit seiner geraden Sprache wirklich darin fängt und Purzelbäume macht, über die nachher das Schelten losgeht." „Ja, daS ist wahr. Aber wie hat Dir denn der Wilhelm Alles erzählt?" fragte Rosine, die Betrachtungen Johanns unterbrechend. „Nun," antwortete dieser, „wie Ihr wißt, macht der Wilhelm niemals viel Worte. Wie er die Nacht nach Hause kam, weckte er mich und sagte: „Nun, hav' ich's nicht gesagt, wie der Friedrich von uns ging: was Gutes ist's nicht, was er vor hat, ich lasse mein Leben! und wie ich ihm nach schleiche, gehl er in Len Wald, sitzt da und wartet und wartet, und ich warte mit. Endlich kommt ein Fremder, ein Genosse von ihm, der sagt, nun sei's geschehen, das ganze Gut brenne, nun solle er ihm fonhclfcn. Wie sie aber Reißaus nehmen, kommt der Gens darmes mit Leuten. Friedrich war wie voui Schlage gerührt und ließ sich ohne Umstände festnehmcn, das Gewissen rührte ihn; der Andere aber schlug wie unsinnig um sich und ist entwischt." So er zählte es Wilhelm und nun ist er heule mit auf'ö Gericht, und ich bin neugierig, was mit den, Fiicd- rich wird. Eine Schande, daß man mit so einen« Kerle lange freundlich umgegangcn ist, man schämt sich ordentlich tn seine Seele hinein!" Rosine warf nur einmal über das andere da zwischen: „Es ist doch mit tausend Schrecken — aber ich habe es vorausgcsagt, daß es so kommen wird! Und schämen sich nun seine Kameraden, wie müssen sich die Mädchen schämen, die sich von ihm haben schön thun lassen und nicht genug mit ihm tanzen konnten!" Anna aber stand noch immer unbeweglich und starrte den Erzähler an, als sei sie in einem angst vollen Traume befangen. Sie vermochte nichl ans den krampfhaft geschlossenen Lippen ein Wort her- vorzubringcn. Auf einmal raffle sie sich auf und ohne noch einen Gruß oder sonst Wort oder Blick an die Beiden zu richten, lief sie pfeilgeschwind von ihnen aus dem Garten fort und in Las Haus. — Sie überlegte nicht, aber sie hatte einen schnellen Entschluß gefaßt. Sie wollte, ehe cs Fremde thäten, ihrem Baler sagen, wie ein unglückseliges Miß- verständniß etwas so Schreckliches wie die Verhaft tung Friedrichs veranlaßt habe, und daß sie für ihn zeugen wolle, weil sie Alle- besser wisse, damit so seine Unschuld schneller an den Tag käme, u>rd der Bater sollte ihr helfen und rathen, wie sie das anfange.