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Auch eine Brautwerbung. (Aus dem Briefe einer jungen Frau an eine Freundin.) ..... Bis dahin hatte mir eigentlich mein nunmehriger Mann nicht gefallen. Ich hatte vor einigen Jahren, als er noch Amtmann war, seine erste Bekanntschaft bei einer Wasserpartie gemacht, als ich den pom sanften Schaukeln des Kahnes und von einem vorher genossenen guten Frühstück Eiiigcwicgtcn durch rechtzeitiges Wecken vor einem kühlen Bade behütete. Dadurch hatte ich seine dankbare Aufmerksamkeit auf mich gezogen. Er zeichnete sich durch behäbige Leibesfülle, noch mehr aber durch große Schweigsamkeit aus. Vor Kurzem ist er Regierungsrath geworden. Als ich einmal nach Hause kam, sagte mir die Mutter, daß er bei ihr uni mich geworben und morgen wiedcrkommen wolle, um meine Antwort zu holen. Ich war froh, nicht zu Hause gewesen zu sein, und doch möchte ich gar zu gern dabei gewesen sein, da muß er doch mehr als drei Worte gesprochen haben. Ueber das, was mir die Mutter sagte, war ich wie aus den Wolken gefallen. Ich hatte noch nicht daran gedacht, zu heirathcn, am Wenigsten den Regierungsrath, der mir immer bei all seiner Her zensgute fast komisch vorgekommen war. Die Mutter wünschte, daß ich Za sagte, doch ließ sie mir ganz freie Wahl. Zuerst wollte ich gar nicht; dann wollte ich mich besinnen, aber lange, recht lange; das Warten würde ihm gar nichts schaden. Dann beschloß ich endlich, ihn doch am nächsten Tage kommen zu lassen, aber nur, um ihm alle meine Bedenken wegen seiner Schweigsamkeit, seines Mangels an feinem Benehmen, überhaupt meinen Zweifel auseinanderzusetzen, ob er wahre, rechte G amb Jedermann kennt das Bild in den Bierstuben mit der Unterschrift: GambrinuS im Leben ward ich genannt. Ein König von Flandern und Brabant, Au« Gerste habe ich Malz gemacht u. s. w., allein wer denn dieser Bierkönig Gambriuus eigent lich gewesen sei, berichtet Niemand. Die wirk liche Geschichte kennt ihn nicht, und nicht einmal die jetzt so reich blühende Literatur der Sagen weiß etwas von ihm zu erzählen, nur bei den Bilderhändlern der Jahrmärkte, unter den Volks- schristen „gedruckt in diesem Jahre" scheinen seine Ahnen gesucht werden zu müssen. Gelehrte Männer haben sich bemüht, diese unwürdige Dunkelheit zu entfernen. Liebe für mich empfinde.— Wie er nun am nächsten Tage die Treppe herauskam, veistcckie ich mich und war erst auf Zureden der Mutter zu bewegen, her- cinzugehen. Da saß er — mit her Cigarre! Die legte er aber bei Seile; das war schon viel von ihm, sehr viel. Ich erwartete nun mit klopfendem Herzen, er werde seine Werbung bei mir selbst an bringen, und ich gestehe, ich war recht begierig, wie er das machen würde. Er aber sprach kein Wort; er sah mich nur an, als ob er von mir eine Erklärung erwarte, und als ich stumm blieb, fragte er endlich: „Mutter gesprochen?" Nun konnte ich's doch nicht vermeiden; ich sagte also, daß ich durch die Mutter von seinem ehrenvollen Anträge wisse, daß ich aber fürchte, unsere Naturen stimmen nicht zusammen. „Gerade!" warf er ein Daß ich fürchte, cs sei nicht tiefe, innige Liebe, die ihn zu mir führe. „Was sonst?" fragte er. Das machte mich verlegen und ich brachte stockend her aus, daß ich fürchte, er verstehe und achte die tie feren Herzensbedürfnisse, die zarteren Rechte und Ansprüche meines Geschlechts, nicht genug. Er blickte mich schweigend an und brachte mich dadurch so in Verlegenheit, daß auch ich schwieg. Nach einer Weile stand er langsam auf und sagte endlich: „Also Nein?" Er sah dabei recht traurig aus; da dauerte er mich doch, und ich sagte etwas vor schnell: „Nun, das nicht gerade!"— „Ja?" fragte er und bot mir die Hand. Da gab ich ihm die meine, und ehe ich wußte wie, stand ich als Braut vor meiner Mutter; und nun schreibe ich Dir al» seine zufriedene, glückliche Frau. r i n u s. Der Sagenforscher l)r. Grasse in Dresden hat in den deutschen Jahrbüchern, Jahrgang 1842, S. 626, die Bermuthung ausgestellt, baß Gam- brinus wohl aus „Gambrivius" entstanden sei. Gambrivius ist ein fabelbafter Urkönig der Deut schen, welchen der baiersche Geschichtschreiber Aven tin (1466 — 1534) nach der Sitte seiner Zeit zur Verherrlichung des deutschen Volkes mit ande ren sich ausgedacht hatte. Der Ur. Coremans in Brüssel ist im compto renstu stes 8ermces st« Is commission ä'bistoiro tom. V. pgg. 378 dieser Ansicht beige treten und hat weiter darauf hingewiesen, daß die weitverbreiteten Gambrinusbilder der Abbil dung des Herzogs Johann 1. von Lothringen und