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End«, daß er da» verborgene Silber niemals fand. Er fand aber jetzt etwa« Anderes, was ihm mehr werth war als Silber, nämlich ein „heiliges" Buch, von welchem er behauptete, daß ihm Gott selbst die Platten, auf welche eS geschrieben, gezeigt und übergeben habe, und daß er sie in's Englische überseht! da« ist das Buch Mormon. Die Geschichte diese« Buches, der heiligen Schrift der Mormonen, ist folgende: Eich Pfarrer, Salomon Spalding in Salem, halte zu seiner und seiner nächsten Umgebung Privatbelustigung eine Art Ro man geschrieben, in welchem Amerika als der Sitz einer Jahrhunderte alten Kultur dargestellt, auch ihm der Ruhm, ein verheißenes Land zu sein, gerettet und die Fähigkeit, Propheten hervorzubringen, ge sichert war. Er ließ darin Enkel Abraham« mit der messianischen Weissagung nach Amerika wandern, wo diese Weissagung sich erfüllen sollte. Er gab dem Romane das Ansehen, als sei es ein altes, heilige« Manuskript, da« vergraben worden, um später gefunden zu werden; daher nannte er es: ,,da« gefundene Manuskript!" Der Verfasser hatte keine andere Absicht dabei, als freie Stunden aus zufüllen und den amerikanischen Stolz zu befriedigen. Er sandte das Manuskript an einen Drucker in Pittsburq; aber e« blieb in dessen Pulte liegen und wanderte endlich in den Laden eines Krämer-. Hier entdeckte es Josef Smith und knüpfte daran seinen Plan des großartigsten religiösen Betruges. Er sprengte auS, in den Besitz von Goldplatten gekom men zu sein, welche in egyptiscken Eharakteren da heilige Buch enthielten, und er fing an, eS zu über setzen. Zwar legte er das Spalding'sche Manuskript dabei zu Grunde, änderte e« aber nach Bedürfniß ab. Nach seiner Darstellung ist der Stamm der Nephiten, welcher der Inhaber der wahren Offen barung gewesen, durch Feinde völlig aufgerieben worden, so daß nur die Geschichte desselben, auf Platten geschrieben und vergraben, übrig blieb. Auf diesen Platten ist zugleich prophezeit, daß in späterer Zeit, wo die falsche Kirche in eine Zahl lügnerischer Sekten zerspalten sein würde, durch eine neue Offenbarung die Kraft deS Wunderthums, deS Schauen- und ächten Taufens wiedererweckt und dem Nahen des Herrn der Weg gebahnt werden würde. Die Erfüllung dieser Weissagung ist natür lich durch Josef Smith vollzogen. Durch das, was Josef selbständig in das Manuskript hineintrug, wurde ein Widerspruch mit dem Spalding'sche» Manuskripte erzeugt; allein dieser Widerspruch, der in heiligen Schriften unentbehrlich zu sein scheint, trug elfer dazu bei, da« Geheimnißvolle und somit di« Möglichkeit der Ausbreitung zu erhöhen. Kaum war da« heilige Buch mit seinen Wi dersprüchen und seinem Gemisch von Judentbum und Christenthum fertig, so erfolgte die Stiftung der Gemeinde, welche sich „Gemeinde der Heilige» deS letzten Tages" nannte. Josef Smiths An sehen und priesterliche Befugnisse wuchsen mit der Gemeinde. Anfangs hatte er nur die Fähigkeit, da- Wort zu verkündigen und Taufen zu üben, dann -bekam er auch die Kraft, durch Handauflegen den heiligen Geist mitzutheilen. Er durfte 12 Apostel ernennen und wurde al« Seher, Ueberseher, Prophet, Apostel und Nettester der Kirche eingesetzt. Die- geschah 183tt, sm 6. April — dem eigentlichen Geburtstage der auSerwählten Gemeinde. Damals war das Buch Mormon noch nicht im Drucke erschienen. Josef wußte sich von ein paar Thoren da- Aeugniß zu verschaffen, daß sir einer Offenba rung Gottes an ihn be'gewobnt. Dadurch gewann Josef, ein völlig ungebildeter Mensch, der nicht rich tig schreiben konnte und deshalb eine« Schreibers für sein Werk bedurfte, unbedingt« Herrschaft über die Seelen von Tausenden. Als da« Buch dann gedruckt war, wurde in Salem, wo Spalding sei» Manuskript verfaßt und al« Scherz vorgelesen hatte, sogleich der Betrug entdeckt, allein diese Entdeckung wär ohne Wirkung auf die gläubige Masse. Smith wußte sein Ansehen durch neue Offen barungen zu steigern upd bestimmter auszubilden. Die neue Religion wurde dadurch zum Tbeil in der merkwürdigsten Weise entwickelt. E< besuchte ihn z. B.-ein Ehepaar, daß das heilige Abendmahl wünschte. Josef hatte daran noch nicht gedacht, aber er war bereit e« zu geben, nur war kein Wein im Hause. Er ließ sich von dem Gaste Geld geben, damit er gehen und den Wein kaufen könnte. Un terwegs aber erhielt er eine Offenbarung, daß es Sünde sei, von den „Heiden" Wein zu kaufen; Wasser oder Bier würden die gleichen Dienst« tbun. Er behielt also das Geld in der Tasche und reicht« da« Abendmahl in Dünnbier. Seitdem ist es mor- mouischer Glaubenssatz, daß beim Abendmahle Wasser hinreiche. Ungefähr zu derselben Zeit ließ Josef Smith sich offenbaren, er sei nickt zu weltlicher Arbeit gemacht, sonder» die Kirche habe für seinen Unterhalt zu sorgen. Da die Gemeinde in den östlichen Staaten Verfol gungen ausgesetzt war, Josef Smith einmal getheert und gefedert wurde, so erfolgte di« Auswanderung nach Kirtland in Ohio. Hier wurde geoffenbart, die Mitglieder der Gemeinde müßten ihr Eigenthum