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wenn er wahnsinnig geworden, traf sie nicht ein Thcil der Schuld? Hatte sie nicht vielleicht gleiche Empfindungen in ihm geweckt? Sie zerquälte sich in fruchtlosem grübeln, erschien sich selbst als eine arge Sünderin und bekannte beichtend sich als eine solche. Darauf erklärte der Gastliche, daß er dafür Sorge tragen wolle, daß man ihr die Folter er spare. Sie solle nur vor den fragenden Richtern dieselben Geständnisse zu den Akten geben. Nach ein paar Tagen ward sie in das Ver hör geführt. Zitternd, durch Hunger und geistige wie körperliche Pein eines schrecklichen Gefängnisses im schwächsten Zustande, beantwortete sie aste ihr vorgel-gken Fragen mit Ja. Darauf ward sie zum Tode auf dem Scheiter haufen verurtheill, — die Vollziehung des Urtbeils wart-» nur auf die landesherrliche Bestätigung.— Inzwischen vernahmen dies die Ritter Eber hard und Georg, gegen welche die Obrigkeit immer noch nichts hatte ausrichten können; und wenn sie schon sich beide freuten, daß ihre Rache an Ernestus gelungen und auch der Fuhrmann un glücklich war durch den Jammer und die Schande, welche mit Mechthildens Schicksale über ihn qe- komm.n, so war doch Georg nicht so aller bessern ritterlichen Empfindungen baar, daß er nickt das schöne Mädchen hätte bedauern sollen, zu dessen Unglück er mitgewirkl, und das er viel lieber wollte in seinen Armen halten als auf dem Scheiter haufen sterben sehen. Er beschloß daher einen Rettungsversuch zu wagen. Zu diesem Zwecke und um sich unkenntlich zu machen, schor er sich Haupt- und Barlbaar, zog ein Mönchsgewand an, und unter dem Ver geben von dem Abt zu Mechthilde geschickt zu sein, erlangte er leicht Zutritt zu dieser. Auch ihr gab er sich nicht zu erkennen, um nickt ihr Mißtrauen zu erregen, sondern behielt seine mönchische Rolle bei. Er gab sich bei ihr für einen Freund Ernestus aus und erklärte ihr, daß derselbe keine Ruhe finden könne, wenn es ihr nicht gelänge dem Tode zu entfliehen- Wie hätte sie die Retterband von sich weisen mögen? Aber wie war es möglich, zu entkommen? Georg zog unter seinem Kleide noch ein zwei tes Mönchsgewand hervor und warf es ihr über. Er war absichtlich so lange bei ihr geblieben, bis er wußte, daß draußen die Wacken abgelöst worden und daß die herbstliche Dämmerung zugenommen. Er konnte annehmen, daß den Wachen gesagt worden r ein Mönch sei drinnen; aber wenn zwei Mönche herauskamcn, konnten jene wohl glauben, sie hätten nur nicht recht gehört, und beide unge hindert ziehen lassen. Daru kam. daß es in diesem Gefängnisse jetzt weiter keine G fangenen gab außer Mechthilden, daß auch lange vorher keine darin gewesen und daß, indeß der Gekängnißfrohn sorglos in seiner Wohnung laß, die zwei ausgestellten Wachter sich auch nickt einsallen ließen, es bedürfe vieler Vorsicht, ein krankes Mädchen zu bewachen. So g'lanq die List, und bald stand Georg mit der Geretteten im Freien. Im Abenddunkel fiel Niemandem der eilige Sckritt der beiden Mönche aus; nur ein kleines Stück Wegs hatten sie zu gehen, da stand ein Knappe Georgs mit den Ver den, und der Ritter schwang sich mit seiner Beute hinauf. Mechthilde backte und führte nichts, als daß sie dem Flammentode entgangen. Sie war nickt fähig zu sprechen und zu fragen — schon aus Angst, ein kaut könne ste verrathen. Auch der Ritter sckwiea. So sprengten sie dahin, stundenlang. Aus einmal entstand vor ihnen am Horizont ein Heller Schein. Er ward Heller und röther; deutlich erkannten die Reiter: das war Eberhards Burg, die in Flammen stand. Aber vielleicht brannte nur ein Tbeil. Sie eilten näher hinzu, da kamen versprengte Knappen und erzählten, daß ein Haufen wüthender Bürger und Bauern, weil der Ritter Eberhard in voriger Nackt wieder einen Raubausfall gewacht, die Burg von ollen Sei ten angezündet, da sie im Innern Helfershelfer gehabt. Sie seien entkommen, aber Eberhard schon schlafend im brennenden Gemach erstickt. Rathlos lenkte Georg die Rosse nach einer andern Seite. Er mußte selbst flüchten, da er als Genosse Eberhards mit für vogelfrei erklärt war — und nun hatte er sich noch mit einer Flüchtigen beladen — einer als Hexe Derurtheilten! Ziellos jagte er weiter — der Tag begann zu grauen, als sie an ein einsames Frauenkloster kamen. Er sprang vom Pferde, hieß Mechthilde die Mönchskutte wie der ausziehen, schellte am Kloster und erzählte hier der Pförtnerin, daß er das Mädcken aus der bren nenden Burg eines Raubritters gerettet; — sie möchten ihm Obdach gewähren. Mitleidig nahmen die Klosterfrauen Mechthil den auf. Sie verfiel nach so schrecklichen Erleb nissen in ein hitziges Fieber, und da es vorüber, bat sie, den Schleier nehmen zu dürfen. Gern nahm man die fromme sanfte Jungfrau auf. Indeß forschten veraeblick die um den ersten Hexenprozeß betrogenen Richter nach ihr — und da sie keine Spur von ihr fanden, sackten sie bald — neue Opfer. Achtzehn Jahre später begann Martjn Luther