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kill naher AMtSbruder des Pfarrer Ernestas Amt verwalt-t vnd mit zelolisckem Eifer gegen den Unglauben gepredigt, der in dieser Gemeinde wuchere, und mit den Schrecken des Fegefeuers vnd der Hölle im Ienseik, mit denen des Bannes und Interdiktes in Oieffeit gedroht für Alle, die sich unteifingrn die Macht des Teufels zu bezweifeln; dann werde es in Sachsen gehen wie am Ober- rhcine, wo, weil die zweifelnden Frevler den Bischof Konrad von Marburg, der cs versucht habe, den vereinigten Ketzer« und Hexenprozeß zur Ehre Gottes in Dcultchland einzuführen, todtgeschlagen, Nun dort so viele Menschen zur Strafe nach Gottes Zulassung vom Teufel verführt würden, daß sie das ganze Land überschwemmen würden und dem Teufel unterwürfig machen, wenn nicht die Scheiter haufen ihnen entgegenarbeiteten. Ernestus hörte davon, und seine reine klare Seele empörte sich dagegen. Aber noch ahnte er nicht, wie weit dies Gift schon um sich gefressen, als er plötzlich einen Auflauf durch das Dorf toben hörte. Er trat hinaus und erfuhr: Mechthilde sei der Zauberei angeklagt, und man habe sie eben obgeführt. Sprachlos siand er vor Schrecken. Vielleicht war es ein Glück für ihn, daß der Zug mit der Gefangenen nicht selbst an seiner Thür vorüber gekommen, sondern setzt nur ein Theil des rück kehrenden Haufens, — vielleicht hätte er sich sonst wie den Raubrittern setzt den richterlichen Dienern entgezengeworfen. Nach einiger Ueberlegung ging er zu Mech- thildes Pflegeäikern. Er fand sie in trostlosem Zustande. Die Frau beschwor ihn, das arme Kind zu reiten, der Fuhrmann aber sagte kein Wort dazu und blickte mürrisch darein. Er war indessen genug unter die Leute gekommen, um zu hören, daß cs mit seinem Ansehen in der Gemeinde auch vorb.i war, und wußte er auch noch nicht, welcher Art der Zauberei man Mechihilde veiklagte, so hatte er doch genug Gemunkel vernommen, demnach er erfahren, daß man ihr die Pflege des Pfarrers zur Last lege. Aber er ließ es diesen nicht weiter entgrlteu, und Ernestus hakte keine Ahnung davon. Der folgende Tag war ein Sonntag, und Ernestus predigte an ihm wieder zum Erstcnmale. Er sprach begeistert zu seiner Gemeinde von seiner Freude wieder an dieser Stätte zu stehen» wieder das Evangelium der Liebe und des Heils verkün digen zu können. Er sprach von dem Unheile, das allein die Menschen selbst in die Welt brächten, das nicht von anderen bösen Geistern und Mach. N« komme, sondern allein von dem Wahne und Irrthume, der zuweilen die Menschen erfasse, daß sie gegen einander würheten, gegen ihre Brüder und gegen ihr eignes Fleisch und Dein. Er ging noch weiter, er sprach es auS, daß es keine Hexm gäbe, und daß es nichts mit den Künsten sei, durch welche sie Menschen oder Vieh Schaden zufügea und sonstiges Uebel stiften könnten. Wohl hallte das Wort von heiliger Stätte in einigen stillen, aufgeklärten Gemüthern, die sich durch das, was inzwischen der Stellvertreter ihres Pfarrers gelehrt, tief verletzt fül lten, freudig wie der; aber die Mehrzahl, von dumpfem Wahne befangen, erschrak und ergrimmte zugleich, daß man ihr den Wunderglauben nehmen wollte, der eben ein aufregendes und grausames Schauspiel ver sprach, und Viele fanden in dieser Predigt das unwiderlegliche Zeugniß von dem Gerüchte, daß der Pfarrer selbst von Mechthilden verzaubert sei. Am folgenden Tage eilte Ernestus zu dcn Gefängnißhütern Mcchthildens. Er als Geistlicher durfte ja zu jedem gefangenen Miffethäter, um wie viel mehr durfte er erwarten, Zutritt zu seiner Beicht tochter zu erlangen. Aber ec ward ihm verweigert, und da er zürnend erklärte, daß Niemand daS Recht habe, einem Gefangenen, und wenn die ärgste An klage auf ihm laste, den Trost der Kirche zu ver» weigern, entgegnete man idm: das sei auch gar nicht der Fall, sein Stellvertreter fei bei ihr gewefen, und sie habe ihm ihre Sünden gebeichtet, vielleicht erspare ihr dies die Folter. Entsetzen erfaßte Ernestus bri diesem Gedanken. Hatte er darum mit Gefahr seines LebenS das unschuldige Mädchen den Händen der Raubritter entrissen, um es nun in den schrecklichen Händen unmenschlicher Folterknechte zu lassen? Noch immer nicdt klar sehrnd, um waS es sich eigentlich handelte, ging er heim; er wollte sich auf seine Schecke schwingen und zu seinen Oberen reiten, um sich bei ihnen für Mechthilde zu verwenden, für ihre Unschuld zu bürgen. Da fand er in seiner Wohnung einen Boten des Ables Anselm, der ihn zu sich embot, sich zunächst vor ihm zu verantworten. Als Ernestus bei diesem an kam, schlossen sich die Thore des Klosters hinter ihm. Der Abt hielt ihm ist strengen Worten vor, daß er nicht nur durch sein Verhalten zu Mech thilde sich strafbar gemacht, verwerfliche Gefühle in sich genäh-t, sondern noch mehr durch seine Predigt, die wider die Bulle des Papstes sich aus gelehnt, durch die er zum Rebellen geworden sei wider die Kirche und das Reich, da er geleugnet, was als Glaube geboten worden. Dadurch habe