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und rief! „Cs giebt noch Gerechtigkeit im Himmel und wiid sie auch auf Erden geben!" Oer fliehende Fuhrmann war ihm auf seinem Wege begegnet und hatte fein Unglück erzählt. Sie waren zusammen auf kurzem, dem Pfarrer wohlbekannten Waldwege zu dem Kohlenmeiler geeilt und so den Reitern einen Vorsprung abgewinnend hatten sie die Kohlenbrenner, lauter beherzte, hand feste Leute, aufgedolen, sich den Raubrittern ent gegenzuwerfen. Zwei der vorhin flüchtig versprengten Begleiter des Wagens fanden sich mit hinzu, und so eilre man Jenen entgegen. Nicht ohne wükhende Gegenwehr ließen sich die Wegelagerer ihre Leute entreißen. Georg hatte das Mädchen auf sein Pferd geriffen und wollte mit ihm das Weile suchen. Aber der Pfarrer warf sich ihm entgegen; doch getroffen von einem Schwert streich sank er zu Boden. Mit einem Schrei gelang es Mechthilden, von dem kämpfenden Ritter sich loszumach.n und vom Pferde springend sich auf den verwunderen Ernestus zu werfen. Der Fuhr mann und ein Kohlenbrenner drangen auf Georg ein; er mußte fliehen gleich Eberhard und drei Knappen; die anderen blieben verwundet und todt auf dem Platze. II. Pfarrer Ernestus lag schwer darnieder und war wochenlang ohne Besinnung. Wer sollte ihn pflegen in seiner einsamen Hütte, wenn nicht das Mädchen, dem er Leben und Ehre gerettet? Meckthilde war die Pflegetochter eines Fuhr manns, Balthasar, der für ein Handelshaus der nahen Stadt Güter in's Gebirge und aus dem selben zurückbefördrrte. Zugleich hatte er aber ein kleines Gütchen, das seinen Pferden Futter und Stallung gab, wenn sie ausruhcn durften, in dem Dorfe, in welchen Ernestus Pfarrer war. Dort waltete seine Frau mir der von verdorbenen und verstorbenen Verwandten angenommenen Mechthilde, mtt einer Magd und den Fubrknechtcn, die wech selnd daheim waren. Mechthilde war das schönste und sittsamste Mädchen im Dorfe, fleißig vom ersten Lerchenschlage an bis zum letzten Lied der Nachtigall und selbst so nett und froh wie ein munteres Vöglein. Mancher Dorfbursche halte sich ihr mit ehrlichen Absichten genähert und man cher freche Junker mir Derführungskünsten; aber diese wies sie stolz zurück und jene bescheiden mit der Erklärung, es ihren Pflegeltern schuldig zu sein sie nicht zu verlassen, so lange sie ihrer bedürften. Den Pfarrer Ernestus, der feit zwei Jahren in das Dorf gekommen und in allen Dingen das Gegenstück seines Vorgängers war, welcher seinem Stande wenig Ehre gemacht, dem Trunk und allen Lastern ergeben war und lieber in die Schenke ging als in die Kirche, in der er auch Niemanden er bauen konnte, — hatte Mechthilde immer auf's Innigste verehrt. Er verdiente es auch, denn cr lehrte das Chiistenthum so lauter, als es damals eben möglich war, und übte es selbst in seinem Leben. Wie groß auch die Sittenlostgk.it war, die damals unter den Geistlichen emgenssen: er hielt sich frei davon. Allen Armen, Unterdrückten und Hülfsbedürftigen stand er bei, so virl er ver mochte, und neben diesen Vorzügen des Herzens besaß er die Gabe der Beredtsamkeit, wie nur die Begeisterung sic verleiht, und ein anziehendes Aeußcre, dem ein edles geistiges Gepräge aufgedrückt war. Erst in der Mitte der Zwanzig stehend und hier in seinem ersten Amte, in dem er ziemlich abge schlossen von anderen Geistlichen lebte, war er noch nicht in dct Begeisterung für seinen Beruf erschlafft und verwaltete ihn mir Freudigkeit zur Ehre Gvkkrs und zum Heile seiner Gemeinde. An dem Tage, an welchem er Mechthildcns Retter geworden, hatte di.se ihr Pflegevater mit genommen, um sie im nächsten Orte, bis er wieder zurückkäme, bei einer Muhme zum Besuche zu lassen. Nun unterblieb dies, und das Mädchen erbat sich dafür bei dem todtkranken bewußtlosen Pfarrer zu bleiben, damit er nicht sanfter weiblicher Pflege entbehre, die auch der Bader, der ihn behandelte, für nöthig fand. Sie theilte diese mit einer alten Frau, die ihm immer die nötigsten Handreichungen that, aber zu unbeholfen und altersschwach war, allein an einem Krankenbette auszudauern. Der Fuhrmann und der Kaufmann, dessen Güter jener führte, halten indeß bei dem zustän digen Gerichte Anzeige gemacht von dem nächtlichen Raubanfalle, und darauf erhielten die Ritter Eber hard und Georg eine Vorladung mit dem Bedeutest, daß, wenn sie sich nicht stellten, man sie als Stra ßenräuber gefangen nehmen und wider sie beim Reichskammcrgcncht klagen werde: die Reichsacht war ihnen dann gewiß. Ritter Eberhard vrrhöhnte die Vorladung, blieb in seiner Burg und erklärte, daß er an dem unverschämten Fuhrmann nnd dem frechen Pfaffen sich rächen werde, indeß Georg als Nichlfachse meinte, keiner sächsischen Behörde verantwortlich zu sein- Weder der Eine noch der Andere aber war keck genug sich aus der Burg heraus zu wagen. Dort fanden sie auch in ihrem Raubneste Helfers helfer genug, ihr Rachcwerk zu betreiben, wenn sie