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die ganze Südseite von Sebastopol, zu welchem Behufe sic schön einige Zeit vorher eine Schiff brücke über den Hafen geschlagen hatten. Die we nigen noch im Hafen befindlichen Kriegsschiffe ver senkten sie, sprengten einige der auf der Südseite noch befindlichen Festungswerke in die Luit und brachen die Schiffbrücke'hinter sich ab, den Alliirten einen Trümmerhaufen überlassend, der von de» Festungswerken der Nordseite ans beschossen wer den konnte. Pelisfler wurde für diesen Sieg zum Marschall und Generalleutnant Simpson zum Ge neral befördert. Einige Tage nachher schifften sich 20,000 Franzosen und Engländer nach Eupatoria ein, um die Nüssen von der Flanke zu bedrohen; doch kam es dort zu keinem ernsthaften Kampfe; nur ein Reiteegefecht fand am 29. statt und en dete mit der Niederlage der russischen Reiterei. — An demselben Tage versuchte der russische General Mnrawieff die feit Monaten von ihm belagerte Festung Kars mit Sturm zu nehmen. Obwohl die Besatzung bereits Hunger litt, warf sie doch die Russen tapfer zurück, die großen Verlust erlitten, aber die Einschließung der Festung nicht aufgaben. — Der ungünstigen Witterung halber verließ die vor Kronstadt liegende englisch-französische Flotte den finnischen Meerbusen. Sobald sie außer Sicht war, segelten vier russische Kriegsschiffe mit meh ren Kanonenbooten aus dem Hafen, kehrte» aber eiligst dahin zurück, als sie unerwartet zwei eng lische Kriegsschiffe sahen, die Miene machten, sie anzugreifen. — Im stillen Meere an der Küste Asiens besitzen die Russen die Festung Pctropau- lowsk, die eine englische Flotte angriff und ohne Widerstand zu finden, cinnahm. Die dort gele genen russischen Schiffe aber hatten sich die geringe Wachsamkeit der Engländer zu Nutze gemacht und waren glücklich entkommen. — Der König von Neapel hatte seine Abneigung gegen die Wcstmächte zu offen zur Schau getragen. Ein Geschwader englischer und französischer Schiffe ward deshalb an die Küste Siciliens beordert, vor deren Ankunft der König schnell, äußerlich wenigstens, nachgab. — Der spanische Hof suchte sich allmälich von Esparteros Einflüsse zu befreien, was ihm bei des sen Schwachheit auch gelang.—In der Schweiz richtete die Cholera viel Verwüstungen an und vertrieb die Mehrzahl der Vergnügungsreiseuden. — Die mittelmäßige Ernte steigerte die Preise der Nahrungsmittel immer höher; in verschiedenen Län dern entstanden daraus mehr oder minder ernste Unruhen, die jedoch überall unterdrückt wurden. Äktober. Dresden, das seiner gesun den Lage halber bisher die Cholera fast gar nicht hatte kennen lernen, wurde nun auch mehre Wo chen lang von dieser Krankheit heimgesucht, die sich indeß mit wenigen Ausnahmen auf die Wilsdruffer Vorstadt beschränkte. — Die plötzliche Entlassung des kurhessischen Ministers Hassenpflug er regte Aufsehen, aber wenig Bedauern. — In Preußen wurden die Wahlen für die II. Kam mer vorgenommen und fielen, da sich nur eine qe- ringe Minderheit der Wablberechtiqtcn zum Wäh len verstand und die Regiernngsbeamtcn die Wah len beherrschten, qrößteutheils im Sinne der Regie rung und der Adelspartei aus. Aussehen erregte es, daß gerade die Hauptstadt Berlin in der M-br- zahl oppositionelle Abgeordnete wählte. — Die österreichische Regierung hatte in früheren Iabren ungeheure Summen von der Nationalbank gelie hen, die zurück;uzahlen sie letzt noch nickt im Stande war. Um aber die Schuld möglichst zu verringern, überließ sie der Bank für 175 Millio nen Gulden Staatsdomänen. — Wie von Eu patoria aus den rechten russischen Flügel, so be drohten die Alliirten durch Besetzung des Belbeck- thalcs auch den linken, doch kam es auch hier zu keinem ernsten Zusammenstoß. Das Bombarde ment der Nordseite von Sebastopol ward nur schwach versucht und dann jedesmal von den Rus sen lebhaft beantwortet, die es dadurch den Alliir ten fast unmöglich machten, sich zwischen den Trüm mern der Südseite festznsetzen. Die bewiesene Un fähigkeit des alten Generals Simpson nothigte die englische Regierung, ihn abzurufen und an seiner Statt einen jüngern General, Codrington, mit dem Oberbefehl in der Krim zu betrauen. Vorher war ein Theil der englisch-französischen Flotte mit Land truppen von Sebastopol abgesegelt, hatte einige Tage Odessa mit Bombardement bedroht und sich plötzlich vor die kleine, aber wichtige russische Fe stung Kinburn am Ausfluß des Dniepr gelegt, die sich nach kurzem Bombardement ergeben mußte und von den Alliirten besetzt und in bessern Ver- thcidigungszustand gebracht wurde. Der Kaiser Alexander II. befand sich während dieser Zeit in geringer Entfernung in der Festung Nikolajew. Um die erlittenen Verluste zu ersetzen, wurde eine neue Rekrutenaushebung im ganzen russischen Reiche au- geordnet. — Republikanische französische Flücht linge, die auf der englischen Insel Jersey lebten, wurden vom Gouverneur ausgewiesen, weil sie in Druckschriften die englische Königin und den Kai ser der Franzosen beleidigt hatten. Die Auswei sung war nach englischem Recht ungesetzlich, wurde deshalb selbst von'Engländern verdammt, blieb aber dennoch bestehen.—Der größteTheilder englischen und französischen Ostseeflotte kehrte nach Hause zurück.— November. Der sachsen-altcnburgischc