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ihnen rmfand. In fieqesgew'sser, leidenschaftlicher Aufregung fuhr der Junker dabin. War eS doch bei diesem jetzigen Unternehmen ihm nicht allein um da« schöne Mädchen zu thun, sondern noch mehr darum, an Friedmar Rache zu nehmen. Kurt von Rothensiein hatte als unbemittelter Adeliger im Krieg» als Skellverlreeer eines seiner Ver wandten mitqefochtea. Er fükrte nur zwei Spieß jungen mit sich, und während er dies« immer zurLap- ferkett anspornte, damit der Glanz der Lorbeer«, die sie errangen, auf ihn zurücksiele, suchte er für sich selbst gern einen sichern Hinreihalt und ungefähr liche Stellen. Da geschah eS denn, daß, al«, er in der Schlacht bei Plauen sich auch feig zurück- zieben wollte, ein junger Reiter, der bei einem Frei» fäknleiu stand, sein umkehrend«- Pferd wieder in die Schlacht zurücktrieb und ihn später damit höhnend der allgemeinen Verachtung Preis gab, so daß er mit Mühe einem Kriegsgericht entging. Dieser Reiter war Friedmar. — Einige Jahre darauf trafen diese Beiden wieder auf der Universität Leipzig zusammen. Hier herrscht« damals die krasseste Rohheit der Git ten, rin« allgemeine Verwilderung in Folge des Krie ges, die kaum in der des täten Jahrhunderts ihres Gleichen findet. Besonder« waren «S die studirendea Edelieut«, die in Sittenlosigkeit und übermüthigen G« meinheiten sich auszcichneren. Nicht nur, daß sie den Zweikampf um der geringfügigsten Dinge Willen zur Tagesordnung wachten; sie führten auch d^en krasse, sten Pennalismus rin, jene eben so unsinnigen als schändlichen Mißhandlungen, welche die älteren Stu denten an den jüngeren, eben ankommenden verübten, ohne daß Lehrer und Behörden denselben zu steuern vermochten. Es ging so weit, daß die Adeligen jene schmählichen Gewaltthaten nicht einmal selbst verüb ten — aus Feigheit, bei aller Frechheit — sondern sich dazu besondere Prügelknechte hielten und reißig« Diener, welche idre grausame« Befehle in grausam ster Weise vollführten. Friedmar, mit ein paar an deren, besser gesinnten Kommilitonen verbündet, hatte bei einer solchen Gelegenheit, als auch auf Rothen steins Anstifter, an einem neuankommenden Jüngling die schmachvollsten Schändlichkeit«« verübt werden sollten, denselben in Schutz genommen, ihm die Feigheit au« den Kriegsjahrcn vvcgeworfen und ihn dadurch nicht mrr vor seinen Kommilitonen belei digt, sondern es dahin gebracht, daß er mit ge fänglicher Hast bestraft ward. Rvthenstein verließ darauf die Universität, um sich ein anderes abenteuer liche« Leben z« suchen. — Dies war der Grund seine« Haffes und seiner Rachegtdanken gegen Fried mar, als er ihn jetzt nach Jahwn wiedersah. Weich« glänzende« Rache konnte er aber an ibm nehmen, als ihn dem Gefängnisse überliefern und di« Geliebt« enrführen? Kam Friedmar auch, wenn es sich zeigt«, baß er nicht zum Mörder geworden, mit dem Leben, ja vielleicht mit kurzer Hast davon, so war es in dessen doch um Sibilleas Ruf geschehen. Es gab damals überall Unordnung im Lande Sachse». Der lange Krieg hatte all« Bande gelöst; die Gesetze waren nickt mehr aufrecht zu erhalten; loses Gesindel trieb sein Unwesen aller Orten; der Adel, um bei den glänzenden Hoffest«» und auch sonst in seinen ritterbürtigen Gewohnheiten nicht zurück« zubleiben, trotz der schlechten Zeiten, lebt« zum große» Theile mit von Erpressungen oder Betrug, so gut es eben gehen wollte, und machte mit allerlei heimliche» Wucherern gemeinsame Sack«, wie der Junker von Rotkenstein mit Berthold im Küpper- und Wipper- Unfug. Französische Moden waren voll Kostspieligkeit und Lupus in's Land gekommen, und Bürger und Bauern ahmten nur zu gern das schlechte Beispiel nach, da« von oben herab gegeben ward. Dir Hohr»' Steuern waren dabei nicht zu erschwingen, und wer sie nicht zahlen konnte, machte sich auch kein allzu große- Gewissen daraus. Ja, wer auch rechtlich be zahlen wollte, konnte es oft nicht, «eil das gut gemünzte Geld fast ganz aus dem Verkehr« verschwand und in ausländischen Münzstätten zu schlechtem Geld« sich umwandelt«. Aber wie immer warb doch die Haupt schuld aller Verwirrung und Ungehörigkeit den ar beitenden und sogenannten niedera Klassen aufgebür- det; da erschienen Verordnungen wider den Lupus der Kleidung bei Männern und Frauen, wider das Dcgentragen der Studenten, wider unzufrieden« und mißfällige R<d«n und taufend andere Kleinigkeiten. Die Ausführung dieser Verordnungen zu überwache«, beauftragte Kurfürst Johann Georg den Fiskal von Leipzig, für jeden Landeskreis drei geheim« Aufseh«« zu ernennen, die, ohne daß ihr Amt vom Volke ge kannt sei, sich unter dasselbe mischten und über all« jene Dinge getreuen Bericht adstattetea. Dies Amt er. innerte zu sehr an das aus den ltriegsjahre» verhaßteste und niedrigste eine« Spions, als daß sich achtbare Leute dazu hergegeben hätten. So fiel die Wahl auch mit auf den reisenden Kaufmann Berthold, der die Geschält« für ein großes Leipz. Handelshaus besorgte und überall zu Hause zu sein schien. Ihn führte seine Mission auck auf da-Friedensfest zu Pirna - und nun konnte der Jun, ker hoffen, daß er nicht nur Friedmar's Degenstoß, sonder» überhaupt da« Tragen eines Degens, die Reden des Ober förster« und dessen FraU, ja auch deren und der Tochter schöne Kleidung und viele« Andere noch in seinem Be richte ausbeuten werd«, de« Betreffenden zu schade».— —