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„Ja", sagte di« Oberförstern, „wie leer auch die Seckel de« Kurfürsten, daß die Beamter: nicht einmal ihren Gehalt ausgezahlt erhalten können — zu Festen mit Ringelrennen und Mummenscherzen muß in Dresden doch Rath werden." Ein strenger Blick des Gatten verwies ihr die unbedachtsame Rede, und der Junker sagte mit her ausforderndem Lächeln auf Friedmar blickend: „Das babt Ihr wohl von Eurem Herrn Sohne da ge lernt, die Dinge also anzusehen?" „Ihr kennt mich also wieder, Herr Junker", sagte Friedmar, indem seine Stirn sich röthete und ihre Zornader aufschwoll, „da wundere ich mich, daß Ihr meine Leitern aufsuchl." „Gerade, um ihnen zu beweisen, daß ich ihnen die Unziemlichkeiten ihres Sohnes nicht entgelten lassen will", höhnte der Junker. „Herr!" sagte Friedmar ausfahrend und die Hand an s Schwert legend, das er nach damaligem akademischen Brauch immer an seiner Seite trug, „soll das eine Herausforderung sein?" „Keineswegs l" antwortete der Junker mit ru higer Kälte. „Nicht Euretwegen kam ich hierher, sondern um Euch, holde Jungfrau Slbille, um den Tanz zu bitt.» —" „Ich ranze nicht", antwortete Sibille. - Und gleichzeitig Friedmar: „Mit Such wird sie nicht tanzen." „Ihr habt Nichts darein zu reden", sagte der Junker; „ich frage die Leitern; mein werrhec Jagd kamerad wird mir eine Bitte nicht abschlagen, die ihn ehrt. —" Der Oberförster war verlegen, aber seine Frau antwortete schnell besonnen: „Ihr ist nicht wohl, sic hatte schon vorher aus den Tanz verzichtet." „So muß ich es freilich auch", sagte der Junker, und schob sich einen Schemel dicht n.ben Sibille. Friedmar sah finster darein, aber er wollte sich mä ßigen und nicht an diesem Tage Händel anfangen, am Wenigsten mit Einem, den ec schon zweimal gc- demürhigt in früheren Zeiten, und der sich nun wohl selbst hüten mochte, ihn ein drittes Ma! herauSzu- fordern. Er Hirte ärgerlich und mit verächtlichem Lächeln auf dir großsprecherischen Erzählungen des Junker- vom Kriegs- und Hosleben, aber er bezwang sich und sprach kein Wort dazwischen. AiS aber der Junker an die Schilderung eines Ringelrennen«, bei dem die schönsten Hoffräulem die Preise vrrlhellt, zudringliche Schmeicheleien für S.bille knüpfte, als er den Arm um ihren schlanken Leib legend sie plötz lich an sich ziehen und zu küssen versuchte, daß sie laut schrie — da hDr Friedmar außer sich da- Schwert von seiner Seite gerissen und «ülhend darein geschlagen. „Mörder! Hilfe!" schrie der Junker und stürzt« von dem Streich getroffen regungslos zu Boden. Sibille lehnt« vom Schrecken gelähmt in den Armen ihrer Pflegemutter. Der Oberförster rief dem Sohne zu: „fliehe, ehe es zu spät ist!" „WaS ich gethan, kann ich vertreten!" sagte Friedmar, noch zornglühend. „Seit wann ist «S so weit gekommen, daß ein Junker wie dieser eia ehr- sameS Bürgermädchen so öffentlich vor aller Leute Augen zu b,schimpfen sich erfrechen mag?" Aber hätte er auch fliehen wolle», eS wäre zu spät gewesen; eia allgemeiner Tumult war auf jenen Rus entstanden. Die Einen riefen: „die frechen Junker werden täglich übermüthiger, sie müssen er fahren , daß man nicht Alles von ihnen zu dulden braucht!" die Anderen: „dieStudenten denken überall, sie seien die Herren, und geberden sich immer noch wie rohe Kriegsknechte!" und während die Anhänger und Gegner eines Jeden mit einander handgemein wurden und eine rolle Schlägerei begann, bildete sich noch eine dritte Partei, die Beide al- Ruhestörer und Uebermülhig« bezeichnete, gegen welche der ruhige Bürger zu schützen sei — und die darum nach dm Dienern des Gesetzes rief. Diese waren auch schon zur Hand; — fast schien e«, al« habe sie Berthold geholt, der leise mit ihnen flüsterte, — aber sie b«. gnügten sich nicht, Friedmar zu greifen und zu bin den, sie legren auch Hand an den Oberförster, um ihn gleichfvU« mir sich zu führe». „Ihr werdet Euch doch nicht an mir vergreifen?" sagte dieser. „Ei waS!" rief der GerichtSdiener. „Ihr wäret nahe genug, die Hand deS Mörders zruückzuha.tea! Ihr habt die gleiche Schuld." „Großer Gott!" rief der unglückliche Vater, „so nahe waren Andere auch, und mein Schn ist kein Mörder. Der Junker blutet, aber er ist nicht tobt!" „Mauserodt ist er!" sagte Berthold, der sich über den Junker gebeugt, „wir wollen ihn aufhebea und in die Vaderei tragen, damit wenigstens Allts an ihm versucht werde." Man brachte eine breite Bank, Berthold und ein Gerichtsdiener legten den Regungslosen darauf. Wie er fortgetragen ward, ging Berthold nebenher. Der Oberförster, als ec sah, daß auch seine Leute und Andere bereit waren, sich seiner Verhaftung zu widersetzen, mahnte sie, sich ruhig zu verhallen, nicht »eitere« Unheil anzustiflen, und erklärte sich bereit, mir in'« Gefangniß zu gehen, da es bald genug an den Tag kommen werde, daß man ihn unrechtmäßig auf erlogene Angeberei oder aus blindem Diensteifer