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das Anwachsen des Wassers zu bewältigen, auch verstopften sic sich bald und wurden unbrauchbar. Um das Schiff zu erleichtern, ließ der Kapitain einen Theil der Ladung über Bord werfen, wobei die Mannschaft von einigen der Passagiere kräftig unterstützt wurde. Man machte sogar den Ver such, das Eindringen des Wassers durch Segel und Matratzen zu hindern, die man an das Loch befe stigte; aber auch dies gab keine Hoffnung. Man mußte daher das Schiff ausgcbcn und begann am Nachmittage die Boot« hcrzurichten, um sich auf diesen zu retten. Die Boote am Steuerbord fand man indessen sehr beschädigt; ihre nothdürftigste Herstellung nahm die ganze Stacht in Anspruch. Erst früh 8 Uhr er folgte die Einschiffung in die Boote. Das erste Boot wurde mit 25 Personen, darunter der Ma schinenmeister, der Proviantmcister, 10 Kajütendiener u. s. w. herabgelassen; es führte Kompaß und See karten. Ein zweites Boot nahm ebenfalls 25 Per sonen auf und wurde mit Nahrungsmitteln und nautischen Instrumenten versehen. Das dritte Boot bestiegen 28 und ein viertes 18 Personen. Auch rin Floß hatte man erbaut und am Hinterthcile des Schiffes mit einem Taue befestigt, das abgehauen werden sollte, wenn das Schiff sänke. Die Ein schiffung in die Boote ging ohne Unfall von Stat ten und Seeleute wie Passagiere begegneten der Gefahr mit Kaltblütigkeit und ruhigem Auge. Aber als plötzlich der Lyonnais sank, vermochte die Mann schaft auf dem Flosse, wobei auch der Kapitain, nicht, das Tau schnell genug zu durchhauen, und das Floß mit allen darauf befindlichen Personen wurde von dem sinkenden Schiffe mit in die Tiefe gerissen. Die vier Boote nahmen die Richtung nach Long-Jsland zu. Bis 5 Uhr Nachmittags an je nem Tage blieben sie zusammen, da brach ein dicker Nebel herein, der sie trennte. Dann trat stürmisches Wetter ein; es gab Schnee und Eis, und dies war höchst wahrscheinlich die Ursache des Unterganges von dreien der Boote. Nur das dritte Boot ward 5 Tage nach dem Untergänge des Lyonnais von dem Bremer Schiffe „Elise" gesehen und gerettet; aber nur 20 Mann waren noch am Leben, die Ucbri- gen waren während der schrecklichen Fahrt in dem offenen Boote erfroren. Sobald die „Elise" mit den geretteten Leuten in Newyork angckommen war, ließ der dortige Agent des Lyonnais ein Dampfschiff auslaufen, das zehn Tage lang nach den drei vermißten Booten suchte, aber unverrichteter Dinge umkehren mußte. Man hat auch nie wieder von den Booten und ihrer Besatzung etwas gehört. Aber auch von dem Schiffe, mit dem der Lyonnais zusammengestoßen war, hat man nie etwas erfahren. Es ist zu fürchten, Laß auch dies Schiff so arg beschädigt worden, daß cS mit Mann nnd Maus gesunken ist. Der unterirdische Telegraph zwischen England und Amerika. <Mit Abbildung.) Wie auf dem Festlands, das vor 30 bis 40 Jahren über die „unerhörte und gefährliche" Schnel ligkeit der Eilposten staunte, schon längst die Schnell züge der Eisenbahnen mit einer Geschwindigkeit von durchschnitlich 6 Meilen auf die Stunde den ge steigerten Ansprüchen des Verkehrs nicht mehr ge nügen und durch die Telegraphen, welche die ihnen übergebenen Mitthcilungen m einem Augenblicke Lurch die weitesten Räume tragen, in zweite Reihe gestellt wvrd«n sind, so will auch die Schnelligkeit der be sten Dampfschiffe, die in 8 bis 10 Tagen die Fahrt zwischen Amerika und England zurücklegcn, wäh rend vor 20 Jahren die besten Schnellseglcr zu der selben Fahrt durchschnittlich 3 bis 4 Wochen brauch ten, nicht mehr genüg«» für die großen und täglich noch wachsenden Handels- und politischen Beziehun gen zwischen Europa und Amerika ; und seitdem ein Tclegraphentau von Dover nach Ealaiö auf dem Grunde des Meeres liegt und England mit dem Fcstlande verbindet, haben unternehmende Män ner die Idee gefaßt und festgehalten, ein gleiches Tclegraphentau von England nach Nordamerika durch den atlantischen Ozcan zu lczcn. Die ungeheure Entfernung indcß und die außerordentliche und un gleiche Tiefe des Weltmeeres bereiten dem Unter nehmen bei Weitem mehr Schwierigkeiten, als die Legung des ersten unterseeischen Telegraphen von England nach Frankreich gefunden hatte, dem bald andere unterseeische Telegraphculeitungen, theils von England nach Belgien und Holland, theils im mit telländischen Meere folgten. Die dabei gemachten Erfahrungen mußten dem beabsichtigten Unternehmen der englisch-amerikanischen Telegraphenverbindung zu statten kommen. Man beschloß, die Entfernung zu mindern. Zuerst wurde ein Telegraphentau von der Küste Englands nach Irland auf dem Grunde des St. Georgskanals gelegt, dann ein zweites von dem Festland« Nordamerika's nach Neufundland.