Volltext Seite (XML)
Heinrich Theodor von Schön wurde am 20. Januar 1773 auf dem Landgute seines Vaters zu Lebegallen in Litthauen geboren. Sein Vater, der königl. Domänenpachter war, ließ den erloschenen Adel seiner Familie wieder erneuern, weil er viele Söhne hatte und damals wie jetzt das AdelSd plom das beste Mitte! zum schnellen Emporkommen im Militär- und im Ervildicnst war. Vier Söhne wähl ten den Soldatenstand, während Theodor schon in seinem 16. Jahre die Universität Königsberg bezog, um Rechtswissenschaft zu studiren; daneben war er einer der eifrigsten Schüler und Bewunderer des großen Philosophen Kant, der den jungen Schön bald näher an sich heranzog. Bis zu Kant'S Tode war Schön sein lieber Freund, und vornehmlich Kant'« Lehren waren es, di« den Funken weckten, der späterhin zur Flamme angefacht, das gane Va terland erwärmte und erleuchtete.. Rach Beendigung seiner Universitätssiudien ver lebte Schön einige Jahre in England, um die dor tigen freien Dkaatseinrichlungen durch eigenes Be obachten kennen zu lernen. Er gewann dort eine unauslöschliche Vorliebe für Volksfreiheit und für Verfassungsleben, eine Vorliebe, die er mit uner schütterlicher Kraft und Festigkeit während seiner lan gen staatsmännischen Laufbahn in Preußen sesthielt. Mit dem Beginn des IS. Jahrhunderts wurde Schön Kriegs, und Domänenrath an der Regierung zu Bialystvck in Neuostprcußen; doch blieb er dort nicht lange, denn schon im Jahre 1803 wurde er al« geheimer Finanzrath nach Berlin berufen. Al« nach dec verlornen Schlacht von Jena und in Folge der beispiellosen Uebergabe fast aller preu, ßischen Festungen oft schon beim ersten Erscheine« leichter französischer StreifcorpS der König Friedrich Wrlhelm Hl. genithrgt war, in Ostpreußen «ine Zuflucht zu suchen, kehrte mit dem Hofe auch Schön in seine alte Heimarh zurück; und hier erst in der Gefahr de- bedrängten Vaterlandes schlug dir schöne Stunde von seiner ruhmvollen Wirksamkeit. Zum geheimen Staatsrarh ernannt, ließ er bei jeder Gelegenheit seine Stimme für entschieden kräftige Maßregeln laut werden. Konnte irgend etwas auf den übermürhigen Sieger Napoleon Eindruck ma chen und ihn zu einer schonendern Behandlung des niedergetrelenen Staate« vermögen, so war es rin edler Stolz und zuversichtlicher Muth, der da« er littene Unglück wir eine Ueberraschung hinnahm, aber durch seine männliche Haltung zugleich andeutete, daß er sich keineswegs für verloren erachte, sondern fest rnischlossen sei, da« Aeußerste zu wagen. Das war Schön'- Meinung. Aber er sand zuerst da mit wenig Anklang bei den rathlosen Lenkern de- Staates, die, nachdem ihr Uebermuth, mit dem sie den Krieg gegen Napoleon herbeigeführt, so schnell und so gründlich gebrochen war, durch ein geschmei diges Sickfügen mehr zu erreichen hofften al« durch männlichen Muth, und kam eben dadurch in man- nichfache Zerwürfnisse mit den Herren, die, je krie chender sie gegen den Sieger sich benahmen, um so hochfahrender gegen ihre Untergebenen waren. Schön war einer der Wenigen, welche den Muth hatten, die Würde Preußens auch unter den damaligen so be drängten Verhältnissen aufrecht zu erhalten. Und da er trotz vielen Unannehmlichkeiten, die ihn au« dem Getriebe der sich bekämpfenden Personen und Par teien trafen, es nicht über sich gewinnen konnte, dem Vaterland- in der größten Noth seine Kräfte zu ent ziehen, so entschloß er sich, die Stelle eine« Präsi denten der Regierung zu Gumbinnen zu übernehmen. In diese Zeit fällt d>e vertraute Verbindung Schön's mit Stern, di« für Preußen von so glücklichen, segensreichen Folgen wurde, ein Verhält- niß, welches in mancher Beziehung noch einer spe- ziellern Beleuchtung bedarf, die für jetzt au- leicht zu begreifenden Rücksichten noch unterbleiben muß. Von Schön allein ist der Gedanke zur Aufhebung der Erbunterthänigreit und der Adelsvorrechte aus» gegangen und an der Einführung der Städleordnung gebührt ihm der größte Antheil. Diese Besitze haben den segensreichsten Einfluß auf daü ganze Deutsch land gehabt, denn mehr oder weniger bald wurden sie auch, den Verhältnissen gemäß abgeändert, in den anderen deutschen Staaten eingeführt, in der neue sten Zeit aber haben Mitglieder der „ncupreußischen" (Junker-) Partei ungescheut an öffentlicher Stelle ausgesprochen, daß es ihr Bestreben sein müsse, diese Gesetzgebung, die „ein Raub an ihren wohlerworbe nen Rechten ', wieder aufzuheben. Die Gesinnungs genossen dieser Herren in anderen Staaten warten nur auf den Erfolg der rück»ärt«gerichl«ten neupreu ßischen Bestrebungen, um dann auch ihrerseits aus ei» gleiche« Ziel zurückzusteufen. Die Stein« Schön'sche Städteordnung ist in Preußen bekannt lich schon vor einigen Jahren im Sinne dieser Be strebungen „vervollkommnet" worden. — E« ist eine bekannte Thalsache, daß Schön drr Verfasser des unter Stein'- Namen in Um lauf gesetzten „politischen Testament«" ist, dieses ewi gen Zeugnisses eines edeln und freien Ge-steS. Rur nach langem Widerstreben entschloß sich Stein erst bei seinem Abzng« von Königsberg dasselbe zu un terzeichnen, und späteihm hat er sogar gegen die Autor schaft d.eser so folgenreichen Schrift fereilich prvteslirt.