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Dresden nach längerer Krankheit der Geheime Rath vr. Held, im Jahre 1849 einige Zeit bis wenig« Tage vor Ausbruch deS Maikamvfes Justiz- und Premierminister und vor und nachber thätige- Mitglied der Gesetzgebungs kommission. — Die w «im arische Ritterschaft erachtete durch die neueste Gesetzgebung ihre Vorrechte noch immer nicht vollständig wiederbergestellt; sie einigermaßen zu beruhigen, legte die Negierung den Ständen ein neues Wahlgesetz vor, das eine stärkere Vertretung der Ritter schaft enthielt; doch verwarfen die Stände rieses Gesetz. — Die Auswanderung aus Deutschland, die im vorigen Jahre etwas weniger lebhaft gewesen war, nahm in die sem Jabre wieder bedeutend zu und ist hauptsächlich nach Nordamerika und Australien gerichtet. — Die gestei gerten Preise aller Lebensbedürfnisse und vieler Roh stoffe veranlaßten Handwerker und Fabrikanten zu Be schlüssen über böbere Preise ihrer Erzeugnisse. Diesem Beispiels solgten nun auch an vielen Orten Deutschlands Gc'ellen und Arbeiter, indem sie sich gemeinschaftlich be merken und böbere Arbeitslöbne forderten. Solchen Be schlüssen der Arbeiter traten Polizei und Strafgesetz« schleunig und durchgreifend entgegen. — Der dänische Minister von Scheele, dessen Persönlichkeit eben so viel als die Grundsätze der Regieruna zur Nahrung der Un zufriedenheit in Schleswig-Holstein beigetragen, nahm seine Entlassung, ohne daß dadurch eine Aenderung in der Behandlung der deutschen Herzogtbümer einge- treten wäre. Die beiden deutschen Großmächte fuh ren fort, in diplomatischen Briesen der dänischen Regierung die Abhilfe einiger Beschwerden zu empseblen und in Langmuth die vcrzSgerten und wenig zusagen den Antworten zu erwarten. — Selbst in Spanien ward eine allgemeine Amnestie für alle an politischen Vergeben Betbciliqte Publizist, eine Amnestie, die auch den zahlreichen im AuSlande lebenden Karlisten die Rück kehr ermöglichte. Mai. Die Leipziger Ostermeffe siel nicht so glän zend auS. als man gebofft. Namentlich blieb der größte Tbeil der erwarteten nordamerikanischen Einkäufer au- wegen der Gel klemme, die in den Vereinigten Staaten als Folge der übertriebenen Svekulationen cingetretcn war. Gleiche Ursachen müßen gleiche Wirkungen haben, und so nahm denn der Geldmangel auch in Deutschland, wo Kredit- und andere Aktienanstalten wie Pilze aus der Erde geschossen waren, auf gefahrdrohende Weise überband. Die dadurch entstandenen Verlegenheiten veranlaßten die österreichische Regierung zu der Verordnung, daß alle Unternehmer von Eisenbahnen, die noch keine Aktien auS- gegeben, solche auch bis zu Ende dieses Jahres nicht aus geben dürfen. Bei Weitem erfreulicher ist, daß der Kaiser von Oesterreich, der in Begleitung der Kaiserin und beider Prinzessinnen eine Reise nach Ungarn angetreten, dort eine allgemein« Amnestie allen seinen Untertbanen vom Zivilstande ertheilte, die wegen politischer Vergehen in Haft befindlich waren. Er befahl deren sofortige Frei lassung, ordnete auch die Zurückgabe der konfiSzirten Güter kriegsrechtlich Verurtbeilter an deren Erben an und sicherte den Flüchtlingen, welche darum nachsuchen, di« straffrei« Rückkehr zu. — Am 27. ward in Paris das Uebereinkommen unterzeichnet, durch das der König von Preußen ohne alle Entschädigung auf Neuenburg verzichtet. Die Festigkeit, mit der die Schweiz jede ihre Selbständigkeit bedrohende Bedingung zurückge- wiesen, trug ihre guten Früchte, und in Preußen wurden Stimmen laut, daß man zu solchen Bedingungen auch obne die Einmischung Louis Napoleons mit der Schweiz ein Abkommen hätte treffen können. — Der Großmrst Nikolaus von Rußland, Bruder des Kaisers, reiste nach Frankreich, wo die von Louis Napoleon anfänglich an geordneten Empfangsfeierlichkeiten so übenrieben waren, daß selbst von den französischen Ministern Vorstellungen dagegen gemacht und sie in Folge dessen auf das herkömm liche Maß zurückgeführt wurden. Der Vetter de« Kaiser», Prinz Napoleon, weigerte sich, dem Großfürsten entgegen zu reisen, und verließ Pari» bei Ankunft desselben, eine Relle nach Berlin und Dresden antretend, wo er durch seine überraschende Aebnlichkeit mit seinem großen Obeim Aufsehen erregte. — Nachdem der nordamerikanische Frei» beuter Walker in Nicaragua mit dem Neste seiner Band« belagert und vor Hunger im Begriff war, sich zu ergeben, rettete ibn die Dazwischenkunft eines amerikanischen Kriegs schiffes, dessen Kapitän mit den Nicaraguesen eine Kon vention abschloß, durch die Walker freie» Abzug »ach Nordamerika erhielt. Juni. Am 7. ward an vielen Orten Sachsens eise ziemlich deftige Erderschütterung verspürt. Abergläubische Gemütber sahen darin schon die Vorboten de» für den 13. durch den angeblichen Zusammenstoß eines Kometen mit der Erde prophezeiten llntergangs der Welt. Zur Schande des „aufgeklärten" 19. Jahrhunderts fand die ser Unsinn viel Gläubige.— In Belgien ist die ultra montane Partei sehr stark vertreten und bat auch die Mehr heit in den Kammern, wo sie das ibnen znr Beratbung vor gelegte Woblthätigkeitsgesetz in solcher Weise abLnderr«, daß hauptsächlich alle Gewalt im Staate in die Hände der Jesuiten kommen mußte. Da machte sich der BottS- wille so deutlich Luft, daß die Kammern geschlossen, und das verhaßte, noch nicht vollständig angenommene Gesetz fallen gelassen wurde, worauf sofort von selbst di« Rub« wieder eintrat. — Die Wahlperiode der französischen gesetzgebenden Versammlung war abgelauffn und neue Wahlen im ganzen Lande angeordnet. Trotz den unglaublich sten Eingriffen der Regierung in die sogenannte Wablfreiheit fielen doch in Paris die Hälfte der Wahlen auf Repu blikaner, selbst in den Provinzen kamen einige revublli» kanische Wahlen vor. Sanguiniker und Aengstlich« wollten darin bereits den Anfang deS Endes seben. — — Englands stolze Rübe wurde plötzlich mächtig er schüttert durch die Schreckensbotschaft, daß die schon län ger unzufriedenen Sipovs in vollem Aufstande wäre», ibre englischen Offiziere theil» ermordet, tbeil» vertrieben hätten, sich in Delhi zusammenzögen und dort den gegen sie ausgezogenen europäischen Truppen den ernsteste» Widerstand entgegensetzten. Die ganze bengalische einge borene Armee war in Aufruhr, all« Mitttärvofitionen und die Regierungskassen in ihren Händen. Den weiter» Verfolg dieses Aufstandes werden wir im nächste» Jahre seben. — Kaiser Alexander II- von Rußland ver kündete neue Begnadigungen, wodurch auch die gefangenen Anführer der polnischen Revolution von 1830 in Freibeik gesetzt wurden. Auch in Sachsen sind in den 12 Mo naten. welche dieser Rückblick umfaßt, 4 Maivernrtheilte au» dem Zuchthaus« zu Waldheim begnadigt worden, 2 andere daselbst gestorben. —