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mäßigen Recht,« verletzt. Di« leiden deutschen Großmächte Oesterreich nnd Preußen fanden sich endlich bewogen, den Beschwerden und Vorstellun gen hervorragender Mitglieder der holsteinischen Ritterschaft Gehör zu schenken und die dänische Regierung um Berücksichtigung dieser Beschwerden anzugehen. Begreiflicher Weise fanden diese Vor stellungen der deutschen Mächte in Kopenhagen keine günstige Aufnahme; cs entstand ein "Depeschen wechsel, der von dänischer Seite mit möglichster Langsamkeit geführt wurde, von dem aber kriegs lustige Enthusiasten schon einen neuen deutschen Heereszug gegen Dänemark erwarteten. — Das durch die Neuenburger Septembervorgängc sehr ge spannte Verhältniß der Schweiz zum Könige von Prerrßen nahm eine imnicr kriegerischere Wendung. Bereits traf die Schweiz Anstalten, um etwaiger Waffengewalt auch ihrerseits gleiche Gewalt entgc- genzusetzen, während die übrigen Mächte, Frank reich an der Spitze, sich in Vermittelungsvorschlä gen erschöpften. — Da der König von Neapel den dringenden Vorstellungen der Westmächte nicht nachgab, so kam cs zu einem diplomatischen Bruche, indem die englische und die französische Regierung ihre Gesagten zu Neapel abriefen und gleichzeitig den neapolitanischen Gesandten z» London und Paris die Pässe zur Abreise zuschicktcn. Seitdem ist von keiner Seite etwas geschehen, die diploma tische Verbindung wieder anzuknnpfen; aber auf den Gang der Weltgeschichte, ja selbst der Ge schichte Englands, Frankreichs und Neapels hat dieser diplomatische Bruch nicht den geringsten be merkbaren Einfluß geäußert, woraus man die Lehre ziehen dürfte, daß hier und da di« hohen Kosten für Gesandtschaften ohne wesentlichen Schaden er spart werden könnten. — Dem Anscheine nach be steht das ,-herzliche Einverständniß" zwischen Frank reich und England nicht mehr in vollem Umfange. Die Hinneigung Louis Napoleons zu Rußland ruft in England Erbitterung hervor und englische Zeitungen werfen in ziemlich derber Weise Frank reich ein langes Sündenregister vor, was mit gro ßer Heftigkeit von französischen Zeitungen erwiedert wird, ohne iitdeß ein wesentliches Resultat zu er zielen. — Von den nach Cayenne Leportirten französischen Republikanern gelang es einigen, nach den vereinigten Staaten von Nordamerika zu ent kommen. Von dort entwarfen sic einc gräßliche Schilderung der Leiden, denen sie unterworfen ge wesen. Die allgemeine Veröffentlichung dieser Schil derung und drr Umstand, daß das ungesunde Klima von Cayenne eben so verheerend unter den Wäch tern wie rnNer den Gefangenen haust, veranlaßte endlich dir französische Regierung, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob nicht statt Eayenne's eine Insel im stillen Meere zur Deportation Verur- theilter und Mißliebiger zu erwählen sei. Bei die ser Vorfrage aber ist es auch geblieben und heute noch unterliegen die unglücklichen Deportirten in Cayenne den fürchterlichsten Leiden. — Persische Belagcrungstruppcn eroberten die unter britischem Schutze stehende Stadt Herat, worauf England den Krieg an Persien erklärte und eine Heeres- macht in den persischen Meerbusen sandte.— Nach dem orientalischen Kriege bemüht sich Rußland, die unendlich weiten Entfernungen in seinem großen Reiche, die starken und schnellen Entwickelungen sei ner Hccresmacht hinderlich sind, durch Eisenbahnen zu vermindern. Da cs aber Rußland an den nö- thigcn Geldmitteln gebricht, so schloß die Regie rung mit französischen Gcldmännern eine Ueberein- kunst, die den Bau der russischen Einnahmen über nehmen wollten. Aber auf keiner europäischen Börse machten die russischen Eiscnbahnaktien Glück; das Unternehmen zerfiel vor seinem Beginn aus Mangel an Geld und Vertrauen. Einzelne kleinere Bah nen wird die russische Regierung nun wohl ans eigenen Mitteln bauen. — Die vereinigten Staa ten von Nordamerika waren in großer Aufregung wegen der alle 4 Jahre wiederkchrenden Präsiden tenwahl. Alle Parteien führten ihre Kräfte in die Wahlschlacht; zuletzt siegte der demokratische (sklavenfreundliche) Kandidat Buchanan über den republikanischen Kandidat Fremont. Dezember. In Sachsen-Altenburg ward ein neues beschränkendes Wahlgesetz erlassen. Die Wahlgesetze sind auch dort in den letzten Jahren schnell hinter einander gefolgt. — Der Kaiser von Oesterreich erließ am 3., als dem Jahrestage seines Regierungsantrittes, viele Begnadigungen ungari scher und italienischer politischer Gefangener. — Die durch die letzten Nothjahrc der armen Bevöl kerung des lhüringer Waldes aufgelegten Entbeh rungen hatten jetzt den Ausbruch des Hungertyphus zu Folge. Ausreichende Hilfe, die nun geleistet wurde, hemmte weiteres Umsichgreifen dieser furcht baren Krankheit. — Da die Schweiz den preu ßischen Forderungen hinsichtlich Neuenburgs sich nicht fügte, so wurde die diplomatische Verbindung Preußens mit der Schweiz abgebrochen und dieser wie den europäischen Großmächten erklärt, daß, wenn bis zum 1. Januar die Schweiz sich nicht gefügt hätte, der König von Preußen sie mit Waf fengewalt zwingen werde. Von Seiten der Schweiz wurde nun das Volkshecr ausgeboten; überall zeigte sich der größte Enthusiasmus für die Vecthndigung der schweizerischen Unabhängigkeit, während in Preu ßen keine der politischen Parteien sich besonders